Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsbegründung. Zu Art und Umfang des Erfordernisses der Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Urteil. Krankenhausbehandlung. A-Pauschale. Zusätzlich tagesgleicher Pflegesatz
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und – soweit Verfahrensmängel gerügt werden – die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Dabei muss sich die Revision in jedem Fall mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander setzen. Nicht ausreichend ist deshalb allein der Satz, die Ausführungen des LSG könnten nicht überzeugen.
2. Ist das LSG in seiner Entscheidung zu der Frage, ob einem Krankenhaus für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten über die sog. A-Pauschale hinaus ein tagesgleicher Pflegesatz für den Tag der Wundheilung zusteht, von der Rechtsprechung des BSG mit der Begründugn abgewichen, dass die Fallpauschale 17.021 nach ihrer Definition ausdrücklich die Versorgung “bis Abschluss Wundheilung” erfasst, so muss sich die Revision damit auseinander setzen, dass das System der Fallpauschalen nicht auf der Vergütung von Behandlungstagen, sondern von Behandlungs- bzw. Leistungskomplexen aufbaut und ein Behandlungskomplex bereits dann abgeschlossen sein könnte, wenn die letzte Leistung erbracht ist, die von der jeweiligen Definition umfasst wird, hier also der Abschluss der Wundheilung.
Normenkette
SGG § 164 Abs. 2 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2002 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Revisionsverfahren.
Tatbestand
I
Es ist streitig, ob der Klägerin für die Krankenhausbehandlung einer Versicherten der beklagten Krankenkasse (KK) über die so genannte A-Pauschale hinaus ein tagesgleicher Pflegesatz für den Tag der Wundheilung zusteht.
Die Versicherte E… F… befand sich vom 14. bis 28. Januar 1999 in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus. Grund der Behandlung war eine Schenkelhalsfraktur. Die Versicherte wurde mit einer Hüftkopf-/Schaftprothese versorgt. Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Wundheilung am 25. Januar 1999 eingetreten ist.
Die Klägerin stellte der Beklagten einen Gesamtbetrag in Höhe von 11.493,85 DM in Rechnung. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Fallpauschale 17.021 (A-Pauschale) sowie tagesgleichen Pflegesätzen für die Zeit vom 25. bis 28. Januar 1999 (drei Tage). Die Beklagte lehnte die Zahlung der tagesgleichen Pflegesätze neben der Fallpauschale aus Rechtsgründen zunächst in vollem Umfang ab.
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.753,02 DM nebst Zinsen zu zahlen (Urteil vom 7. November 2000). Nach Kenntnisnahme des Urteils des erkennenden Senats vom 26. April 2001 (B 3 KR 16/00 R) hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin in Bezug auf die tagesgleichen Pflegesätze für die Zeit nach dem Tag des Eintritts der Wundheilung anerkannt. Für den Tag des Eintritts der Wundheilung lehnte sie die Zahlung eines tagesgleichen Pflegesatzes dagegen weiterhin ab.
Das Landessozialgericht (LSG) hat der Berufung der Beklagten insoweit stattgegeben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. März 2002). Es hat die Auffassung vertreten, der Tag der Wundheilung werde bereits durch die A-Fallpauschale 17.021 abgedeckt. Dies schließe den Anspruch auf einen tagesgleichen Pflegesatz für diesen Tag aus. Nach der Definition der Fallpauschale 17.021 werde ausdrücklich die Versorgung “bis Abschluss Wundheilung” erfasst. Aus Ziffer 7 der maßgebenden Abrechnungsbestimmungen, wonach die B-Pauschale (17.022) am Tag der Wundheilung beginnt, ergebe sich nur für den Fall eine Abweichung, dass die Weiterbehandlung die Voraussetzungen der B-Pauschale erfülle.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Abweichung des angefochtenen Urteils vom Urteil des erkennenden Senats vom 26. April 2001 (B 3 KR 16/00 R), das sie für zutreffend hält.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2002 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 7. November 2000 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Sie hält die Revision wegen Begründungsmängeln für unzulässig. Es fehle sowohl die Benennung der vom LSG verletzten und im Revisionsverfahren vom Bundessozialgericht (BSG) nachzuprüfenden Rechtsnorm als auch eine Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Urteils.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist gemäß § 169 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form begründet worden ist. Die schriftliche Revisionsbegründung setzt sich nicht ausreichend mit dem angefochtenen Urteil auseinander; die Ergänzungen im Schriftsatz vom 4. Juli 2002 wahren darüber hinaus auch nicht die Frist.
Nach § 164 Abs 2 Satz 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Nach Satz 3 dieses Absatzes muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Diesen Erfordernissen genügt die Revisionsbegründung der Klägerin nicht. Die Begründungsschrift der Klägerin enthält lediglich eine knappe Schilderung des Verfahrensablaufs, den Hinweis, dass die angefochtene Entscheidung von einem Urteil des BSG abweiche und davon ausgegangen werde, dass die Entscheidung des BSG richtig sei, sowie zur Begründung der Grundsätzlichkeit den Hinweis, dass es in der Sache zwar nur um die Vergütung für einen Tag gehe, die Rechtsfrage jedoch tagtäglich für eine große Zahl von Behandlungsfällen Bedeutung habe.
Zur hinreichenden Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm ist es zwar nicht erforderlich, dass sie nach Paragraph oder Artikel zutreffend benannt wird (BSGE 8, 31); hierauf beziehen sich die von der Klägerin zur Rechtfertigung ihres knappen Vorbringens angegebenen Ausführungen von Meyer-Ladewig (SGG, Kommentar, 7. Aufl 2002, § 164 RdNr 11). Ausreichend, aber auch notwendig ist die Darlegung der Gründe, die das Urteil nach Meinung des Revisionsklägers als unrichtig erscheinen lassen, weil eine revisible Rechtsvorschrift auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewandt worden ist, und zwar mit rechtlichen Ausführungen zu dieser Vorschrift (BSG SozR 1500 § 164 Nr 12). Ob hier die globale Benennung der Bundespflegesatzverordnung als revisible Rechtsnorm ausreicht, kann dahin stehen. In jedem Fall muss sich die Revision mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander setzen. Nicht ausreichend ist deshalb allein der Satz, die Ausführungen des LSG könnten nicht überzeugen.
Inhaltlich beschränkt die Klägerin ihre Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil auf den Hinweis, dass das BSG in der Sache eine andere Auffassung vertreten habe als das LSG und davon ausgegangen werde, dass die Entscheidung des BSG richtig sei. Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sind im Rahmen einer zugelassenen Revision ohne Belang.
Da das LSG als Grund für das Abweichen von der Auffassung des BSG vor allem darauf abgestellt hat, dass die Fallpauschale 17.021 nach ihrer Definition ausdrücklich die Versorgung “bis Abschluss Wundheilung” erfasst, hätte sich die Klägerin damit auseinander setzen müssen, dass das System der Fallpauschalen nicht auf der Vergütung von Behandlungstagen, sondern von Behandlungs- bzw Leistungskomplexen aufbaut und ein Behandlungskomplex bereits dann abgeschlossen sein könnte, wenn die letzte Leistung erbracht ist, die von der jeweiligen Definition umfasst wird, hier also der Abschluss der Wundheilung. Es wäre darzulegen gewesen, dass hieraus nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden könne, dass damit auch der restliche Tag, an dem die Wundheilung eintritt, in die Fallpauschale einbezogen werde, sondern dass – wenn man etwa die Wundheilung mit dem Ziehen der Fäden oder dem Entfernen der Klammern als eingetreten ansehe – die weitere Behandlung an diesem Tag einen Vergütungsanspruch in Form eines tagesgleichen Pflegesatzes begründe.
Hierzu enthält die Revisionsbegründung der Klägerin keinerlei Ausführungen. Die Pflicht zur Einreichung einer hinreichenden Revisionsbegründung erfüllt die Klägerin auch nicht dadurch, dass sie im Übrigen auf ihren Sachvortrag in den Vorinstanzen Bezug nimmt (BSG SozR 1500 § 164 Nr 28).
Die Kostenentscheidung richtet sich noch nach § 193 Abs 1 und 4 Satz 2 SGG in der bis zum Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG geltenden alten Fassung (vgl Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 64/01 R).
Fundstellen