Orientierungssatz
Nach § 161 Abs 1 S 3 SGG hat der Gesetzgeber dem Umstand, daß der Rechtsmittelgegner seine Zustimmung innerhalb der Revisionsfrist erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen. Entscheidend ist, daß innerhalb dieser Frist die Zustimmungserklärung dem Revisionsgericht zugeht. Durch diese zwingende Ordnungsvorschrift soll vermieden werden, daß das Revisionsgericht mit einer verfahrensverzögernden und - sofern sich herausstellt, daß der Rechtsmittelgegner seine Zustimmung nicht erteilt hat - im Ergebnis überflüssigen Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen belastet wird.
Normenkette
SGG § 161 Abs 1 S 3
Verfahrensgang
Gründe
Der Kläger hat gegen das ihm am 17. Mai 1988 zugestellte Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 25. April 1988 mit einem am 8. Juni 1988 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schriftsatz vom 6. Juni 1988 die im Urteil des SG zugelassene Sprungrevision eingelegt und darin angekündigt, er werde die schriftliche Zustimmung der Beklagten nachreichen. Er hat sodann mit dem am 18. Juli 1988 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom 14. Juli 1988 die Revision begründet und zugleich die mit dem Datum des 7. Juni 1988 versehene schriftliche Erklärung der Beklagten über ihre Zustimmung zur Sprungrevision eingereicht.
Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen.
Gegen das Urteil eines SG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie vom SG ua im Urteil zugelassen wird (§ 161 Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). In diesem Fall ist die Zustimmung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen (§ 161 Abs 1 Satz 3 SGG).
Das ist hier nicht geschehen. Der Kläger hat die schriftliche Zustimmungserklärung der Beklagten vom 7. Juni 1988 weder seiner Revisionsschrift vom 6. Juni 1988 beigefügt noch - was das BSG in ständiger Rechtsprechung als ausreichend erachtet hat (vgl BSGE 58, 18, 19 = SozR 1500 § 161 Nr 32 S 67 mwN) - innerhalb der mit dem 20. Juni 1988 abgelaufenen Revisionsfrist (vgl § 164 Abs 1 Satz 1 iVm § 64 Abs 2 und 3 SGG) beim BSG eingereicht. Vielmehr ist die Zustimmungserklärung hier erst am 18. Juli 1988 eingegangen. Damit ist die Sprungrevision nicht formgerecht eingelegt worden.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der nicht rechtzeitigen Vorlage der schriftlichen Zustimmungserklärung der Beklagten kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der beschließende Senat hat für derartige Fälle die Gewährung einer Wiedereinsetzung als ausgeschlossen erachtet, weil die Vorlage der Zustimmungserklärung des Revisionsgegners weder eine Prozeßhandlung sei noch innerhalb einer gesetzlichen Verfahrensfrist zu erfolgen habe (BSG SozR 1500 § 67 Nr 11 S 28 ff). Hiergegen hat der 11. Senat des BSG Bedenken geäußert und eine Anwendung des § 67 SGG etwa für den Fall in Erwägung gezogen, daß die der Revisionsschrift beigefügte Zustimmungserklärung bei der Übermittlung an das Revisionsgericht ohne Verschulden des Revisionsklägers verloren gegangen ist (BSG SozR 1500 § 161 Nr 29 S 64). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Der Kläger hat trotz rechtskundiger Vertretung und ungeachtet des ausdrücklichen Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils die Zustimmungserklärung der Beklagten erst nach Ablauf der Revisionsfrist abgesandt und eingereicht. Das schließt eine Wiedereinsetzung aus.
Die Auffassung des Klägers, die vor Ablauf der Revisionsfrist abgegebene Zustimmungserklärung erfülle ihre Wirksamkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung auch dann, wenn sie alsbald nach Ablauf der Revisionsfrist und spätestens mit der Revisionsbegründung vorgelegt werde, so daß sich in diesem Falle eine Verwerfung der Revision als bloße Förmelei erweise, teilt der Senat nicht. Nach § 161 Abs 1 Satz 3 SGG hat der Gesetzgeber dem Umstand, daß der Rechtsmittelgegner seine Zustimmung innerhalb der Revisionsfrist erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen. Entscheidend ist, daß innerhalb dieser Frist die Zustimmungserklärung dem Revisionsgericht zugeht. Durch diese zwingende Ordnungsvorschrift soll vermieden werden, daß das Revisionsgericht mit einer verfahrensverzögernden und - sofern sich herausstellt, daß der Rechtsmittelgegner seine Zustimmung nicht erteilt hat - im Ergebnis überflüssigen Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen belastet wird (vgl hierzu auch BSG SozR 1500 § 161 Nr 13 S 27). Angesichts dieses verfahrensökonomisch sinnvollen Zwecks der Regelung muß die Vorlage der Zustimmungserklärung des Rechtsmittelgegners spätestens bis zum Ablauf der Revisionsfrist als unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit der Sprungrevision angesehen werden.
Mangels Erfüllung dieser Voraussetzung ist die Sprungrevision des Klägers unzulässig und gemäß § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen