Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung. gesetzliche Krankenversicherung. nichtärztlicher Heilbehandler. Diplom-Psychologe

 

Orientierungssatz

1. Dem Versicherten steht keine Kostenerstattung zu, wenn er einen Arzt privat, also außerhalb der kassenärztlichen oder vertragsärztlichen Verpflichtungen in Anspruch nimmt. Eine Möglichkeit der Privatbehandlung auf eigene Kosten mit nachfolgender Kostenerstattung ist dem System der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung fremd (vgl BSG vom 1.6.1977 3 RK 41/75 = BSGE 44, 41 und vom 20.7.1976 3 RK 18/76 = BSGE 42, 117).

2. Dasselbe muß gelten, wenn ein nichtärztlicher Heilbehandler in Anspruch genommen wird (vgl BVerfG vom 10.5.1988 1 BvL 8/82, 1 BvL 9/82).

 

Normenkette

SGG § 160a Abs 2 S 3, § 160 Abs 2 Nr 1

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 21.04.1988; Aktenzeichen L 16 Kr 89/86)

 

Gründe

Die bei der Beklagten versicherte Klägerin nimmt seit Juni 1984 eine Verhaltenstherapie durch den beigeladenen Diplom-Psychologen in Anspruch und begehrt Erstattung der Kosten. Unter Benennung von vier ärztlichen Therapeuten lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin macht dagegen geltend, sie sei mit der Behandlung durch zwei der von der Beklagten benannten Ärzte unzufrieden, und lehne jeden ärztlichen Psychotherapeuten ab. Mit ihrer Klage und der Berufung hatte sie keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, die Einbeziehung von nichtärztlichen Psychotherapeuten zur selbständigen Erbringung medizinischer Leistungen widerspreche dem Versorgungssystem der Reichsversicherungsordnung (RVO). Der Vortrag der Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruchs. Zum einen habe die Beklagte ihr vier ärztliche Psychotherapeuten benannt, von denen die Klägerin nur zwei aufgesucht habe. Zum anderen wäre es einem Versicherungsträger nicht zumutbar, über die nachgewiesene Approbation und kassenärztliche Zulassung hinaus die Geeignetheit eines ärztlichen Psychotherapeuten für die Behandlung bestimmter Fälle zu überprüfen.

Die Klägerin hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Begründung kann entnommen werden, daß sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht wegen der Rechtsfrage, ob die dem Versicherten zustehende Krankenpflege auch die selbständige Behandlung durch psychotherapeutisch tätige Diplom-Psychologen einschließe. Sie legt insbesondere auch dar, daß eine die psychotherapeutisch tätigen Diplom-Psychologen einbeziehende Auslegung des § 182 RVO verfassungsrechtlich geboten sei.

Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur danach gebotenen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gehören Ausführungen über die Entscheidungserheblichkeit der bezeichneten Rechtsfrage. Aus der Begründung muß hervorgehen, aus welchen Gründen das Bundessozialgericht (BSG) bei Zulassung der Revision über die Rechtsfrage zu entscheiden haben würde (BSG SozR 1500 § 160a SGG Nr 31).

Die Klägerin hat sich zur Entscheidungserheblichkeit der bezeichneten Rechtsfrage nicht geäußert. Diese ergibt sich auch nicht aus dem Zusammenhang der Beschwerdebegründung. Als Grundlage für den Anspruch der Klägerin kommt nur ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht. Das LSG hat diesen Anspruch abgelehnt, weil die Beklagte der Klägerin vier ärztliche Psychotherapeuten benannt und die Klägerin zwei der benannten Ärzte überhaupt nicht aufgesucht hatte. Bei dieser Sachlage ist die Entscheidungserheblichkeit der bezeichneten Rechtsfrage nicht ersichtlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSGE 44, 41 ff; 48, 258 ff) steht einem Versicherten keine Kostenerstattung zu, wenn er einen Arzt privat, also außerhalb der kassenärztlichen oder vertragsärztlichen Verpflichtungen in Anspruch nimmt. Eine Möglichkeit der Privatbehandlung auf eigene Kosten mit nachfolgender Kostenerstattung ist dem System der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung fremd (BSGE 44, 41 unter Berufung auf BSGE 42, 117, 119). Dasselbe muß gelten, wenn ein nichtärztlicher Heilbehandler in Anspruch genommen wird (BVerfG vom 10. Mai 1988 - 1 BvL 8/82 und 1 BvL 9/82 -). Die Kostenerstattung hat das LSG wegen der Benennung der vier ärztlichen Psychotherapeuten verneint. Darin kommt zum Ausdruck, daß nach Meinung des LSG die Klägerin nicht gezwungen war, sich die gebotene Verhaltenstherapie auf eigene Kosten zu beschaffen. Diese Verhaltenstherapie hätte jedenfalls auch von einem Arzt durchgeführt werden können. Daß der Klägerin eine ärztliche Verhaltenstherapie nicht zugemutet werden konnte, hat sie in der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen als unzulässig zu verwerfen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1663818

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