Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 08.03.1962) |
Tenor
Die Revisionen des Klägers vom 19. April 1962 und 19. November 1962 gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 8. März 1962 werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger hat am 19. April 1962, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 24. April 1962, persönlich sowie am 19. November 1962, eingegangen beim BSG am 20. November 1962, durch seinen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt S., Revision gegen das ihm am 6. April 1962 zugestellte Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 8. März 1962 eingelegt. Beide Revisionen sind unzulässig.
Bei der von ihm persönlich eingelegten Revision hat der Kläger nicht beachtet, daß nach § 166 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Revision nur durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten wirksam eingelegt werden kann, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils auch ausdrücklich hingewiesen worden ist.
Die von Rechtsanwalt S. eingelegte Revision ist verspätet. Da das angefochtene Urteil dem Kläger am 6. April 1962 zugestellt worden ist, hätte die Revision nach § 164 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 64 SGG spätestens am 7. Mai 1962 eingelegt werden müssen. Sie ist jedoch erst am 20. November 1962 eingegangen.
Der Kläger hat zwar wegen der versäumten Revisionsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt (§ 67 SGG). Diesem Antrag konnte jedoch nicht stattgegeben werden. Auch wenn der Kläger infolge seiner Armut oder zumindest infolge seiner Annahme, arm zu sein, an einer Einlegung der Revision durch einen Rechtsanwalt verhindert war und ihm ein anderer zugelassener Prozeßbevollmächtigter (§ 166 SGG) nicht zur Verfügung stand, so war ihm doch gesetzlich die Möglichkeit eröffnet, das Armenrecht und die Beiordnung eines Rechtsanwalts zu beantragen (§ 167 SGG i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozeßordnung –ZPO–) und so zu einer formgerechten Einlegung der Revision zu gelangen. Dabei war es doch nicht – wie der Kläger offenbar annimmt – erforderlich, das Armenrechtsgesuch so rechtzeitig vor Ablauf der Revisionsfrist einzureichen, daß noch innerhalb dieser Frist Über das Gesuch hätte entschieden werden können. Die frühere dahin gehende Rechtsprechung ist überholt (BGHZ 16,1; BSG SozR SGG § 167 Da 1 Nr. 1). Wohl aber mußte der Kläger innerhalb der Revisionsfrist das Armenrecht beantragen und auch noch innerhalb dieser Frist seine Armut durch Vorlegung eines Zeugnisses zur Erlangung des Armenrechts nachweisen (§ 118 Abs. 2 ZPO; BSG 1, 287). Letzteres hat er jedoch schuldhaft versäumt. Als er am 11. Mai 1962 das Zeugnis zur Erlangung des Armenrechts nachgereicht hat, war die Revisionsfrist bereits verstrichen. Der Kläger meint nun zwar, er habe sofort nach Eingang der Verfügung des Senats vom 30. April 1962, durch welche er unter anderem auf dieses Erfordernis hingewiesen worden ist, die Ausstellung eines solchen Zeugnisses bei der Gemeindebehörde beantragt. Es sei nicht sein Verschulden, wenn es ihm erst so spät von der Gemeindeverwaltung ausgehändigt worden sei, daß er es nicht mehr innerhalb der Revisionsfrist habe einreichen können. Er übersieht hierbei aber, daß er die Ausstellung dieses Zeugnisses schon erheblich früher, d. h. alsbald nach Zustellung des angefochtenen Urteils, hätte beantragen können. Dann wäre es ihm so rechtzeitig ausgehändigt worden, daß er es noch vor Ablauf der Revisionsfrist beim BSG hätte einreichen können. Aus diesen Gründen ist auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung des Armenrechts durch Beschluß des Senats vom 6. Oktober 1962 abgelehnt worden. Auf das der Einlegung der Revision entgegenstehende Hindernis der Armut bzw. der Annahme, arm zu sein, kann sich eine Partei zur Begründung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur berufen, wenn sie alles in ihren Kräften Stehende und von ihr zu Verlangende getan hat, um dieses Hindernis zu beheben. Dazu gehört aber, daß sie spätestens am letzten Tage der Revisionsfrist die Bewilligung des Armenrechts beantragt und das Zeugnis zur Erlangung des Armenrechts einreicht. Denn nur dann kann sie damit rechnen, daß ihr das Armenrecht bewilligt wird (vgl. dazu BGH Beschluß vom 22. September 1959, Lindenmaier-Möhring, Nr. 5 zu § 233 (Ha) ZPO; BSG Beschluß vom 10. Januar 1963 i. S. Nowack./.Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft – 2 RU 240/62 –). Da der Kläger dem Erfordernis der rechtzeitigen Einreichung des Zeugnisses zur Erlangung des Armenrechts schuldhaft nicht nachgekommen ist, konnte seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben werden.
Die Revisionen des Klägers mußten aus diesen Gründen als unzulässig verworfen werden (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Raack, Mellwitz, Dr. Dapprich
Fundstellen