Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Mit Urteil vom 14.12.2016 hat das Hessische LSG als Entschädigungsgericht einen Anspruch des Klägers auf mindestens 7300 Euro Entschädigung wegen der überlangen Dauer des Verfahrens S 3 U 67/06 vor dem SG Marburg und L 9 U 68/10 vor dem Hessischen LSG verneint, weil der Kläger bereits die zur Erhebung einer Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer bestehende Frist gemäß § 198 Abs 5 S 2 GVG von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens, versäumt hat. Vorliegend sei das Ausgangsverfahren durch das Urteil des Hessischen LSG vom 28.11.2014 beendet worden, welches dem Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunde (PZU) am 16.12.2014 zugestellt worden sei. Die zur Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde laufende Rechtsmittelfrist sei mithin am Freitag, den 16.1.2015, geendet. Ausgehend vom Abschluss des Ausgangsverfahrens am 16.1.2015 habe die sechsmonatige Frist nach § 198 Abs 5 S 2 GVG zur Erhebung einer Entschädigungsklage deshalb am Donnerstag, den 16.7.2015, geendet. Der Kläger habe sich erstmals mit dem isolierten Prozesskostenhilfeantrag vom 24.9.2015 an das Entschädigungsgericht gewendet (Ablehnungsbeschluss vom 16.2.2016) und erst am 29.4.2016 die hier maßgebliche Entschädigungsklage erhoben. Der Kläger berufe sich zu Unrecht auf das Urteil des BGH vom 21.5.2014 (Az III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443, RdNr 18).
Mit seinem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für die Erhebung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz sowie das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend. Die Frage von grundsätzlicher Bedeutung beruhe auf der Abweichung der angefochtenen Entscheidung vom Urteil des BGH vom 21.5.2014 (III ZR 355/13). Bei entsprechender Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH hätte das LSG "zu der Auffassung gelangen müssen, dass das Prozesskostenhilfegesuch vom 23. September 2015 für die Entschädigungsklage die sechsmonatige Klagefrist" gewahrt habe, weil der Beschluss des BSG vom 10.3.2015 (B 2 U 1/15 BH) über die Ablehnung von PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG im Ausgangsverfahren am 25.3.2015 zugestellt worden sei. Als weitere Frage von grundsätzlicher Bedeutung komme in Betracht, ob ein isoliertes PKH-Verfahren für eine Nichtzulassungsbeschwerde eine gleichberechtigte Erledigung iS von § 198 Abs 5 S 2 2. Alt GVG zum Eintritt der Rechtskraft darstelle. Ferner liege ein Verfahrensmangel durch Verstoß gegen das Willkürverbot vor und durch Entzug des gesetzlichen Richters. Die Richterin am LSG, P., sei vor Beginn der mündlichen Verhandlung am 14.12.2016 mit einem Befangenheitsantrag abgelehnt worden und habe anschließend mit ihrer dienstlichen Äußerung lediglich ausgeführt: "Ich fühle mich nicht befangen", ohne sich inhaltlich mit dem Ablehnungsgesuch auseinanderzusetzen. Auch die Weigerung der übrigen Richter des Senats, sich mit den Ablehnungsgründen zu befassen, rechtfertige dem Grunde nach auch diese wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Im Falle einer ordnungsgemäß besetzten Richterbank wäre zumindest damit zu rechnen gewesen, dass in dem Rechtsstreit die Revision zugelassen worden wäre.
II
Der Antrag des Klägers, ihm PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu gewähren, ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn ua die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es. Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Nach Durchsicht der Akten fehlen Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.
1. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39) und die Anwendung mindestens einer Vorschrift des Bundesrechts betrifft (s § 162 SGG). Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht (vgl BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65).
Rechtsfragen, die in diesem Sinne klärungsbedürftig sein könnten, sind hier nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere für die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die sechsmonatige Klagefrist nach § 198 Abs 5 S 2 GVG erst zu laufen begonnen habe, nachdem ihm der Beschluss des BSG vom 10.3.2015 über die Ablehnung von PKH für eine gegen das Urteil des LSG vom 28.11.2014 gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde am 25.3.2015 zugestellt worden sei. Hierzu hat allerdings das LSG bereits mit seiner angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass nach § 160a Abs 3 SGG nur die tatsächliche Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde die Rechtskraft des Urteils hemmt, nicht aber ein hinsichtlich einer beabsichtigten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erfolglos gestellter (isolierter) Antrag auf Bewilligung von PKH. Darüber hinaus hat der BGH in dem vom Kläger selbst zitierten Urteil vom 21.5.2014 (III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443, RdNr 18) ausgeführt, dass die Frist nach § 198 Abs 5 S 2 GVG entweder mit der Rechtskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren oder mit einer anderen Erledigung dieses Verfahrens beginnt. In diesem Sinne ist vorliegend das Ausgangsverfahren durch das Urteil des Hessischen LSG vom 28.11.2014 (L 9 U 68/10) rechtskräftig beendet worden, welches dem Kläger ausweislich der PZU am 16.12.2014 zugestellt worden ist. Wie das LSG in der angefochtenen Entscheidung bereits ausgeführt hat, endete somit die zur Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde laufende Rechtsmittelfrist am Freitag, den 16.1.2015, mit der Folge, dass Rechtskraft eintrat und die anzuhängende Sechsmonatsfrist nach § 198 Abs 5 S 2 GVG zur Erhebung einer Entschädigungsklage am Donnerstag, den 16.7.2015, endete.
Zur Bewertung eines isolierten PKH-Verfahrens hat der Senat bereits mit Urteil vom 10.7.2014 (B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2) entschieden, das Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in den Anwendungsbereich des § 198 GVG fallen und ua neben dem Klageverfahren zur Hauptsache erfasst werden (vgl BSG, aaO, RdNr 16 ff, 22). Hierzu hat auch bereits der BGH mit Urteil vom 5.12.2013 (III ZR 73/13 - BGHZ 199, 190, RdNr 23) ausgeführt, dass § 198 Abs 6 Nr 1 GVG ausdrücklich das Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe zu den gerichtlichen Verfahren zählt. Warum gleichwohl im vorliegenden Verfahren noch Klärungsbedarf bestehen sollte, ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus dem Akteninhalt. Auch für den Fall, dass ein letztlich erfolgloser Antrag auf PKH für die beabsichtigte Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde entgegen § 160a Abs 3 SGG die Rechtskraft des Urteils im Ausgangsverfahren hemmt, wäre die Klärungsfähigkeit der vom Kläger aufgeworfenen vermeintlichen Rechtsfragen nicht ersichtlich, da dieser seine Entschädigungsklage erst am 29.4.2016 erhoben hat, über ein Jahr nach dem ablehnenden PKH-Beschluss des BSG vom 10.3.2015 (B 2 U 1/15 BH) und über zwei Monate nach der Anlehnung von PKH für die Entschädigungsklage.
2. Ferner ist nichts dafür ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Ob das LSG im Übrigen den Einzelfall richtig entschieden hat, ist keine Frage grundsätzlicher Bedeutung und damit nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Ohnehin sieht der Senat keine Anhaltspunkte für eine falsche Rechtsanwendung zu Lasten des Klägers.
3. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Danach ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Hierfür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.
Die Rüge des Verfahrensmangels durch Entzug des gesetzlichen Richters betreffend die Richterin am LSG Prof. Dr. B. ist bereits ausgeschlossen, weil sie sich gegen eine unanfechtbare Vorentscheidung richtet. Das Ablehnungsgesuch dieser Richterin durch den Kläger ist mit Beschluss im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.12.2016 in einer anderen Senatsbesetzung des LSG zurückgewiesen worden und vom BSG grundsätzlich nicht mehr zu überprüfen. Die Zurückweisung eines Befangenheitsgesuchs ist typischerweise nicht überprüfbar, weil der Beschluss unanfechtbar ist, sofern sie nicht willkürlich erfolgte (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 57 S 61; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 7 ff) oder die Zurückweisung darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkannt hat (BSG Beschluss vom 27.10.2009 - B 1 KR 50/09 B - Juris). Entgegen der Behauptung des Klägers erfolgte die Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs gegen die benannte Richterin unter der Begründung, dass allein der Umstand, dass diese in einem früheren Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand und ohne Bezug zum Ausgangsverfahren beteiligt gewesen ist und aus der Sicht des Klägers ggf rechtsfehlerhaft entschieden haben könnte, nicht den Vorwurf begründe, dass die Richterin deshalb dem Kläger gegenüber befangen sei. Dieser Ablehnung der Befangenheit gegenüber der Richterin durch das LSG haftet keine willkürliche oder sonst das Grundrecht des gesetzlichen Richters verkennende Begründung an, sodass die nicht ordnungsgemäße Besetzung der Richterbank durch den Kläger nicht mehr erfolgreich gerügt werden kann. Im Übrigen ist das von dem Kläger erneut angebrachte unzulässige Ablehnungsgesuch gegenüber dem gesamten Spruchkörper des LSG ebenfalls nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen. Ein auf mögliche Befangenheit gestütztes Ablehnungsgesuch muss rechtzeitig bis zur Beendigung der jeweiligen Instanz geltend gemacht werden; wenn der betroffene Richter seine richterliche Tätigkeit im konkreten Fall mit einer Sachentscheidung beendet hat, ist eine diesbezüglich Rüge prozessual überholt (vgl BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 10 ÜG 29/13 B - Juris RdNr 8 mwN). Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich im Übrigen lediglich in der Kritik an der Wertung durch die abgelehnten Richter.
4. Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI10876569 |