Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterbliebenenrente. Rentenversicherung. Unfallversicherung. Zusammentreffen. Anrechnung. Rechtliche Restitution
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen ist vom Versicherungsträger bzw den Gerichten die mittlerweile geänderte materielle Rechtslage zu berücksichtigen.
2. Der Vorschrift des § 44 SGB 10 liegt zwar der Restitutionsgedanke zu Grunde (vgl BSG vom 1.12.1999 -B 5 RJ 20/98 R = BSGE 85, 151 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene auch in tatsächlicher Hinsicht so zu stellen wäre, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden. Vielmehr zielt § 44 SGB 10 auf eine rechtliche Restitution ab, also darauf, dem Berechtigten das zukommen zu lassen, was ihm bei richtiger Sachbehandlung nach materiellem Recht zusteht (vgl BSG vom 22.3.1989 - 7 RAr 122/87 = SozR 1300 § 44 Nr 38). Es muss also nach der im Senatsurteil vom 26.2.2003 - B 8 KN 11/02 R = SozR 4-2600 § 48 Nr 1 niedergelegten Rechtsauffassung kein überflüssiges neues Verwaltungsverfahren (dh kein gesondertes Neufeststellungsverfahren nach § 48 SGB 10 innerhalb eines ohnehin laufenden Verfahrens nach § 44 SGB 10, das sich zur Überprüfung bereits im Instanzenzug der Sozialgerichtsbarkeit befindet) eingeleitet und durchgeführt werden.
3. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 28.8.2007 - 1 BvR 2548/04).
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 2-3; SGB 6 § 93 Abs. 5 S. 3 Fassung: 1996-09-25, S. 1; WFG Art. 1 Nr. 17, Art. 12 Abs. 8; SGB 6 § 266; SGB 6 § 311 Abs. 5, 8 Fassung: 1997-12-16; SGB 10 § 44; RRG 1999 Art. 1 Nr. 126
Verfahrensgang
Tatbestand
Streit besteht zwischen den Beteiligten nur noch darüber, ob in einem Rücknahme- und Neufeststellungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auch hinsichtlich des Zeitraums ab August 1996 die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des am 3. Oktober 1993 verstorbenen Ehemannes der Klägerin - erstmals bewilligt mit Bescheid vom 30. Dezember 1993 ab 1. November 1993 - ohne Anrechnung der von der Bergbau-Berufsgenossenschaft ab 3. Oktober 1993 gewährten Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen ist.
Die Beklagte hatte mit bestandskräftigem Bescheid vom 10. März 1995 rückwirkend ab November 1993 die Anrechnung verfügt. Eine im August 1995 beantragte Korrektur nach § 44 SGB X lehnte sie mit Bescheid vom 16. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1998 ab. Das von der Klägerin angerufene Sozialgericht (SG) hat mit Teilurteil vom 21. Mai 1999 den Bescheid vom 10. März 1995 hinsichtlich des Zeitraums vor dem 1. Mai 1995 aufgehoben und den Ursprungsbescheid vom 30. Dezember 1993 wiederhergestellt. Hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Mai 1995 bis 31. Juli 1996 hat es das Verfahren ausgesetzt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen, soweit sie vom SG verpflichtet worden war. Sie hat weiter die Bescheide vom 25. September 2000 und 20. Februar 2003 erlassen, womit das Urteil des SG ausgeführt und zusätzlich für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis 31. Juli 1996 der Bescheid vom 10. März 1995 zu Gunsten der Klägerin korrigiert wurde.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 12. Juni 2003 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückgewiesen: Die Klägerin sei hinsichtlich des Zeitraums bis 31. Juli 1996 klaglos gestellt. Der allein noch streitige Korrekturanspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 10. März 1995 hinsichtlich des Zeitraumes ab August 1996 bestehe nicht, denn im Verfahren nach § 44 SGB X könnten keine weiter gehenden Rechte zugesprochen werden, als es der materiellen Rechtslage entspreche (Bezugnahme auf Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87 - SozR 1300 § 44 Nr 38). Insoweit sei aber durch Art 1 Nr 17 des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I 1461) § 93 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) um den Satz 3 ergänzt worden, womit die bisherige Vergünstigung des § 93 Abs 5 Satz 1 Nr 1 SGB VI (Nichtanrechnung bei Versicherungsfällen im Sinne der Unfallversicherung nach Rentenbeginn) nicht für Hinterbliebenenrenten gelte. Das WFG mit der Änderung der materiellen Rechtslage (nach Art 12 Abs 8 WFG rückwirkend zum 1. Januar 1992) sei am 27. September 1996 verkündet worden, also vor Erlass des angefochtenen Korrekturbescheides der Beklagten sowie der späteren Abänderungen, die Gegenstand des Verfahrens wurden, und sei deshalb von der Beklagten sowie den angerufenen Gerichten zu beachten. Jedenfalls für den hier noch streitigen Zeitraum ab 1. August 1996 (Folgemonat nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages zum WFG am 9. Juli 1996) sei die Regelung verfassungskonform; einen sog verfahrensrechtlichen Vertrauensschutz genieße die Klägerin nicht (weitgehender Anschluss an die Senatsurteile vom 13. März 2002 - B 8 KN 4/00 R - SozR 3-2600 § 93 Nr 11 und vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 11/02 R - veröffentlicht in JURIS ≪für SozR vorgesehen≫).
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin als Zulassungsgründe Divergenz und Verfahrensfehler geltend.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet (die Gliederung der Beschwerdeschrift zu I und II wurde nachfolgend unter A und B übernommen).
A. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) liegt nicht vor. Das Urteil des LSG weicht nicht in tragenden Rechtssätzen von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) oder des BSG ab. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde den Darlegungserfordernissen für diesen Zulassungsgrund hinreichend entspricht.
1. Soweit das LSG die Neufassung des § 93 Abs 5 SGB VI ab dem Folgemonat der Verkündung des Gesetzesbeschlusses zum WFG (9. Juli 1996) ab 1. August 1996 im Falle der Klägerin anwendet, weicht es nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, vom Urteil des BSG vom 31. März 1998 (B 4 RA 59/96 R - SozR 3-2600 § 93 Nr 8) sowie dem Beschluss des BVerfG vom 20. Februar 2002 (1 BvL 19/97 ua - BVerfGE 105, 48) ab.
Gegenstand des Ausgangsverfahrens war allein die Korrektur des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 10. März 1995 durch ein im August 1995 von der Klägerin eingeleitetes Rücknahme- und Neufeststellungsverfahren gemäß § 44 SGB X. Die Rücknahme richtet sich nach der Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Bescheids vom 10. März 1995 in der Interpretation durch das BSG, auch wenn diese erst später erfolgte ("geläuterte Rechtsauffassung", vgl Steinwedel, KassKomm Stand Mai 2003, § 44 SGB X RdNr 29). Der Anrechnungsbescheid vom 10. März 1995 war danach rechtswidrig, weil nach dem Urteil des 5. Senats vom 21. Juni 1995 (5 RJ 4/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr 1) sowie den Entscheidungen des erkennenden Senats vom 28. Mai 1997 (zB Teilurteil - 8 RKn 27/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr 3) die Vergünstigung des § 93 Abs 5 Satz 1 Nr 1 SGB VI vor der (rückwirkenden und insoweit ggf verfassungswidrigen) Korrektur durch das WFG auch Hinterbliebenen von Verletzten zugute kam. In diesem Punkt hatte die Klage in vollem Umfange Erfolg; die Klägerin ist insoweit nicht mehr beschwert. Die angefochtenen Korrekturbescheide betreffen aber nicht nur die Verweigerung der Rücknahme des Ausgangsbescheides, sondern auch die Verweigerung der laufenden Leistung einer ungekürzten Hinterbliebenenrente im Rahmen der Neufeststellung ("Neubescheid", Steinwedel, aaO, RdNr 35). Auch diesem mit der Leistungsklage verfolgten Begehren hat das SG bzw im Berufungsverfahren die Beklagte mit dem Bescheid vom 20. Februar 2003, der Gegenstand des Verfahrens geworden ist, entsprochen - allerdings nur bis zum 31. Juli 1996, dh die Anrechnung erfolgt ab dem Folgemonat nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages zum WFG am 9. Juli 1996. Dabei wurde bereits zu Gunsten der Klägerin mittels einer weitreichenden verfassungskonformen Auslegung der normierte Tag des Inkrafttretens der Neuregelung (1. Januar 1992) um mehrere Jahre auf den Tag verschoben, zu dem der Bundestag das WFG beschlossen hatte. Insoweit entsprach der Verfügungssatz der streitgegenständlichen Bescheide - Verweigerung einer anrechnungsfreien Leistung ab 1. August 1996 - dem materiellen Recht (vgl mwN Senatsurteil vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 11/02 R - veröffentlicht in JURIS mwN). Dies ist nicht zu beanstanden, denn bei der Entscheidung über einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen ist von der Beklagten bzw den Gerichten die mittlerweile geänderte materielle Rechtslage zu berücksichtigen.
Der Vorschrift des § 44 SGB X liegt zwar der Restitutionsgedanke zu Grunde (vgl BSG Urteil vom 1. Dezember 1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 155 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene auch in tatsächlicher Hinsicht so zu stellen wäre, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden (im vorliegenden Fall also den Bescheid vom 10. März 1995 unterlassen, sodass erst auf Grund des WFG ein Verfahren nach § 48 Abs 1 SGB X hätte eingeleitet werden müssen). Vielmehr zielt § 44 SGB X auf eine rechtliche Restitution ab, also darauf, dem Berechtigten das zukommen zu lassen, was ihm bei richtiger Sachbehandlung nach materiellem Recht zusteht (vgl auch das vom LSG herangezogene BSG-Urteil vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87 - SozR 1300 § 44 Nr 38). Es muss also nach der im Senatsurteil vom 26. Februar 2003 niedergelegten Rechtsauffassung kein überflüssiges neues Verwaltungsverfahren (dh kein gesondertes Neufeststellungsverfahren nach § 48 SGB X innerhalb eines ohnehin laufenden Verfahrens nach § 44 SGB X, das sich zur Überprüfung bereits im Instanzenzug der Sozialgerichtsbarkeit befindet) eingeleitet und durchgeführt werden.
Der Senat hat bereits dargelegt, dass er insoweit nicht von der Entscheidung des 4. Senats vom 31. März 1998 (aaO) abweicht, weil dieser Entscheidung ein besonders gelagerter Sachverhalt (Verstoß gegen Treu und Glauben des Versicherungsträgers) zu Grunde gelegen hatte. Auch der 4. Senat hat ohne ein erneutes Verwaltungsverfahren selbst entschieden. Ein weiterer höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht nicht. Dies gilt auch mit Blick auf den Beschluss des BVerfG vom 20. Februar 2002 (aaO), der aufgibt, zu prüfen, ob die vertrauensschützenden Regelungen des Verfahrensrechts als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips ggf die rückwirkende Anwendung des § 93 Abs 5 SGB VI idF des WFG - hinsichtlich eines Zeitraums vor Verkündung des WFG im BGBl - verbieten. Geschützt sind hier solche Versicherte, deren laufende Leistungen rückwirkend entzogen oder eingeschränkt wurden. Dies war aber bei der Klägerin nicht der Fall. Die Klägerin hat nie laufende Leistungen aus beiden Versicherungen ungekürzt bezogen.
2. Ein Verwaltungshandeln ohne gesetzliche Grundlage, wie von der Klägerin behauptet, liegt nicht vor. Es war die Klägerin selbst - und nicht die Verwaltung - die vor Verkündung des WFG ein Überprüfungsverfahren - mit Erfolg - eingeleitet hatte. In diesem Verfahren wurden fällige Rentenansprüche nicht entzogen, sondern erstmals gewährt; gleichzeitig war die inzwischen eingetretene neue Rechtslage zu berücksichtigen.
Die von der Beschwerdeführerin weiter aufgezeigten Rechtsgrundsätze des BVerfG zum verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot bedürfen keiner weiteren Abklärung. Die Klägerin trägt selbst vor, dass unter diesem Aspekt allenfalls die anrechnungsfreie Zahlung der Hinterbliebenenrente für die Monate August und September 1996 entscheidungserheblich sein könnte, denn darüber hinaus ist sie nicht mehr beschwert. Der Senat hat in seinem Vorlagebeschluss und dem Teilurteil vom 28. Mai 1997 (8 RKn 27/95 - unter IV ≪1≫ - insoweit veröffentlicht in JURIS und SozR 3-2600 § 93 Nr 3) sowie im Urteil vom 13. März 2002 (B 8 KN 4/00 R - SozR 3-2600 § 93 Nr 11) die Rechtsprechung des BVerfG zum Rückwirkungsverbot in vollem Umfange gewürdigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung jedenfalls für den Zeitraum ab 1. August 1996 keine Bedenken bestehen (vgl im Einzelnen Teilurteil des Senats vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 27/95 - SozR 3-2600 § 93 Nr 3 - unter V ≪1≫; hierzu Nicht-Annahme-Beschluss des BVerfG vom 24. Oktober 2000 - 1 BvR 1769/00). Weiterer Klärungsbedarf - auch unter dem Aspekt der grundsätzlichen Bedeutung - besteht nicht.
3. Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist das LSG bereits nach den tatsächlichen Umständen nicht von einem Selbstvollzug des WFG ausgegangen. Die streitgegenständlichen Bescheide ergingen sämtlich zu einer Zeit, als das WFG bereits verkündet war, und die neue Rechtslage war sowohl von der Verwaltung als auch den angerufenen Gerichten unmittelbar zu prüfen sowie zu berücksichtigen. Das LSG weicht damit nicht, wie von der Klägerin vorgetragen, von den von ihr zitierten Urteilen des BSG vom 4. Juni 1989 (9 RVs 3/88 - BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57) und vom 21. Februar 1985 (11 RLw 1/84 - SozR 5850 § 4 Nr 8) ab, die in der Tat eine Verpflichtung der Verwaltung statuieren, bei Änderung der Rechtslage eine Neufeststellung durch Bescheid gemäß § 48 SGB X vorzunehmen. Der vom 4. Senat im Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 59/96 R - SozR 3-2600 § 93 Nr 8 postulierte "selbständige Korrekturanspruch" gegenüber der Verwaltung, nach § 44 SGB X zu entscheiden, entspricht dem Verfahren, das im Falle der Klägerin praktiziert wurde. Ebenso wenig besteht eine Divergenz zur Entscheidung des BVerfG vom 20. Februar 2002 (aaO).
4. Das LSG hat auch nicht den von der Klägerin behaupteten Rechtssatz aufgestellt, dass ein Anspruch auf Aufhebung belastender Bescheide, die ohne gesetzliche Grundlage erlassen wurden und in Rechte eingreifen, im Rahmen des § 44 SGB X nicht besteht, wenn sich die Rechtslage zwischenzeitlich ändert. Genau das Gegenteil ist im Verfahren der Klägerin entschieden worden: Der Bescheid vom 10. März 1995 wurde im Verfahren nach § 44 SGB X spätestens mit dem Teilurteil des SG und den Bescheiden der Beklagten vom 25. September 2000 und 20. Februar 2003, die Gegenstand des Verfahrens geworden sind, korrigiert. Ohne die letztgenannten Bescheide hätte das LSG selbst über den geltend gemachten Leistungsanspruch entscheiden müssen. Der Senat sieht davon ab, auf die weiteren Ausführungen der Beschwerdeschrift in diesem Punkt (unter 4.1-4.3) einzugehen, da sie auf einer fehlerhaften Grundannahme beruhen.
B. Das Urteil des LSG beruht auch auf keinen Verfahrensfehlern iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
1. Nach den der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2003 vorangegangenen Schriftsätzen der Beteiligten sowie der Niederschrift (mit Kostenanerkenntnis und Erledigungserklärung der Klägerin hinsichtlich der Leistungen bis 31. Juli 1996) konnte sich das Urteil des LSG - entgegen der Behauptung der Klägerin - nur noch mit dem Korrekturanspruch hinsichtlich des Zeitraums ab 1. August 1996 befassen. Für eine Überraschungsentscheidung des LSG besteht nach den tatsächlichen Umständen kein Anhalt. Der Senat sieht deshalb davon ab, insoweit auf den weiteren Vortrag der Klägerin einzugehen.
2. Gleiches gilt für die Behauptung der Klägerin, sie sei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden und das Urteil des LSG beruhe hierauf. Dem Vortrag der Klägerin und auch dem Urteil des LSG ist zu entnehmen, dass sich das LSG, wenngleich nicht mit dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis und im Einklang mit der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG, mit den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung (geltend gemacht unter 2.1, 2.2 und 2.3) auseinander gesetzt hat. Erst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, könnte der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sein. Im Übrigen sind die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits durch die oben angeführte Rechtsprechung beantwortet.
Die unter 2.4 von der Klägerin gemachten Ausführungen sind teilweise nicht nachvollziehbar. Sie betreffen den Bescheid vom 10. März 1995, dessen Korrektur unter Beachtung der zitierten Rechtsprechung des BSG mit den streitgegenständlichen Bescheiden bzw den Entscheidungen der Instanzgerichte bereits erfolgt ist (Ausführungen zu 2.4.1-2). Auf den Vortrag der Klägerin (unter 2.4.3-4), die Anrechnung der Hinterbliebenenrente richte sich nach der Übergangsvorschrift des § 266 SGB VI iVm § 311 Abs 5 SGB VI musste das LSG im Urteil nicht eingehen, denn er ist offensichtlich abwegig. Der eigenständige Anspruch der Klägerin auf eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mit dem Tod ihres Ehemannes am 3. Oktober 1993 entstanden, also erst nach dem 31. Dezember 1991. Ein Vertrauensschutz nach der Übergangsgesetzgebung aus Anlass der Einführung des SGB VI besteht deshalb nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht.
Offensichtlich ohne gesetzliche Grundlage ist die Auffassung der Klägerin, § 311 Abs 8 SGB VI sei eine Norm, die die Neuregelung des § 93 Abs 5 Satz 3 SGB VI - mit Rückwirkung zum 1. Januar 1992, jedenfalls aber zum 1. August 1996 - durch das WFG verdränge und wonach alle vom Gesetzgeber mit dem WFG verfügten bzw verdeutlichten Anrechnungsbestimmungen wieder aufgehoben würden, sodass die Hinterbliebenenrente der Klägerin ohne zeitliche Begrenzung anrechnungsfrei zu gewähren sei. Das Gegenteil ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz und bedarf unter dem Aspekt der grundsätzlichen Bedeutung keiner weiteren höchstrichterlichen Abklärung. Ebenso wenig liegt der von der Klägerin behauptete Verfahrensfehler vor, dh ein Verstoß gegen das Begründungsgebot nach § 128 Abs 1 Satz 2 SGG bzw § 136 Abs 1 Nr 6 SGG.
Entgegen der Behauptung der Klägerin ist die Übergangsbestimmung des § 311 Abs 8 SGB VI, eingefügt durch das Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2998) mit Wirkung ab 1. Januar 1998 (Art 33 Abs 10 RRG 1999), für den Zahlungszeitraum, über den das LSG entschieden hatte - dh die Zahlungen ab 1. August 1996 - bereits nach den tatsächlichen Umständen nicht einschlägig. Es stellt deshalb keinen Verfahrensfehler dar, wenn sich das LSG weder mit der Norm selbst noch ihrem Anwendungsbereich im Vergleich zur Parallelregelung des § 311 Abs 3 SGB VI auseinander gesetzt hat (vgl dazu Gürtner in KassKomm, Stand August 2000, § 311 SGB VI RdNr 30, offen gelassen unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BSG Urteil vom 6. Februar 2003 - B 13 RJ 35/01 R - BSGE 90, 274 = SozR 4-2600 § 93 Nr 1). Tatsächlich handelt es sich nach dem Anlass der Einfügung des § 311 Abs 8 SGB VI um eine Übergangsregelung, welche die mit dem RRG 1999 weiter verschärften Anrechnungsbestimmungen für die Betroffenen mit Besitzstand für nicht anwendbar erklärte (zu den Fallkonstellationen von der Heide/Stahl/Wollschläger, DRV 1998, 10, 34 ff). Selbst wenn es sich aber bei § 311 Abs 8 SGB VI um eine Norm mit generellem Anwendungsspektrum handeln würde, wären die Voraussetzungen im Falle der Klägerin offensichtlich nicht erfüllt: Weder hatte die Klägerin vor dem Inkrafttreten am 1. Januar 1998 einen Anspruch auf anrechnungsfreie Auszahlung beider Renten (spätestens ab 1. August 1996 bestand insoweit kein Anspruch mehr), noch ist nach (oder mit) dem Inkrafttreten des RRG 1999 eine Änderung der Rechtslage zu Ungunsten der Klägerin eingetreten. Zudem gibt es nicht den geringsten Anhalt für den Vortrag der Klägerin, der Gesetzgeber habe die vorherige Änderung der Rechtslage zu Ungunsten der Klägerin im Jahre 1996 durch das WFG wieder rückgängig machen wollen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen