Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verletzung des SGG § 103

 

Orientierungssatz

Wird - was im Rahmen der Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen nicht selten vorkommt - lediglich eine weitere Beweiserhebung durch das Gericht für notwendig erachtet und dies dem Gericht mitgeteilt, ohne konkrete Beweiserhebungen anzuführen, so liegt kein Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vor. Es muß deshalb ein Antrag auf Sachverständigenbeweis den Voraussetzungen des § 403 ZPO iVm § 118 Abs 1 SGG entsprechen.

 

Normenkette

ZPO § 403; SGG § 118 Abs 1, § 103

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 13.12.1994; Aktenzeichen L 3 U 215/94)

SG Aurich (Entscheidung vom 19.05.1994; Aktenzeichen S 3 U 124/92)

 

Gründe

Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm unter Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. August 1990 Verletztenrente über den Monat Januar 1991 hinaus zu gewähren, ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 12. Dezember 1991 idF des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1992; Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 19. Mai 1994 sowie Beschluß des Landessozialgerichts (LSG) vom 13. Dezember 1994). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, das SG und die Beklagte hätten zutreffend entschieden, daß der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. August 1990 über den Monat Januar 1991 hinaus keine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen könne. Ebenso wie die Vorinstanz hat das LSG unter Auswertung der vorhandenen Sachverständigengutachten festgestellt, daß das bei dem Kläger im Vordergrund stehende Rückenleiden nicht mit dem Arbeitsunfall in Zusammenhang zu bringe sei.

Mit seiner hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger wesentliche Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er rügt, das LSG habe es unterlassen, den Sachverhalt in ausreichendem Maße aufzuklären, obwohl es sich hierzu hätte veranlaßt sehen müssen.

Die Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran fehlt es der Beschwerde.

Der für eine Zulassung der Revision geltend gemachte Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen - förmlichen - Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen solchen vom LSG zu berücksichtigenden Beweisantrag hat der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt.

Der Kläger meint, sein Schriftsatz vom 13. Oktober 1994 sei in der Weise zu verstehen, daß er eine entsprechende Beweiserhebung für erforderlich gehalten und damit auch verlangt habe. Aufgrund der beschriebenen Sachlage hätte das LSG dem entsprechenden Beweisantrag und als solcher seinen seine Ausführungen im vorbezeichneten Schriftsatz zu verstehen, folgen müssen. Die Widersprüche zwischen seinen Angaben und der bloßen Annahme der Gutachter seinen "derartig kraß", daß das LSG nicht ohne weitere Sachaufklärung hätte entscheiden dürfen.

Dieser Vortrag kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Nicht jede Anregung oder jeder Hinweis ist als Beweisantrag zu werten. Der Beweisantrag muß vielmehr den Erfordernissen des Beweisantritts im Sinne der Zivilprozeßordnung (ZPO) genügen (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, in: Die Angestelltenversicherung 1989, 173, 176 mwN aus Rechtsprechung und Schrifttum). Zweck dieser einschränkenden Regelung ist es, nur die Fälle zu erfassen, in denen das Gericht trotz eines ausdrücklichen Antrags die erforderliche Beweisaufnahme versäumt hat (s Beschluß des Senats vom 14. März 1990 - 2 BU 2/90 -; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 160 RdNr 18). Wird - was im Rahmen der Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen nicht selten vorkommt - lediglich eine weitere Beweiserhebung durch das Gericht für notwendig erachtet und dies dem Gericht mitgeteilt, ohne konkrete Beweiserhebungen anzuführen, so liegt kein Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vor. Es muß deshalb ein Antrag auf Sachverständigenbeweis den Voraussetzungen des § 403 ZPO iVM § 118 Abs 1 SGG entsprechen (Krasney/Udsching aaO IX RdNr 128 mwN). Einen solchen Beweisantrag hat der Beschwerdeführer nicht bezeichnet. Er weist auf den vorbereitenden Schriftsatz seines damaligen Prozeßbevollmächtigten vom 13. Oktober 1994 hin, indem zunächst unter Bezugnahme auf die medizinischen Gutachten erörtert wird, daß nach seiner Ansicht nicht nachvollziehbar sei, daß die durch das lumbale Syndrom bestehenden Beschwerden nicht mehr Unfallfolgen seien; insoweit seien nach seiner - des Klägers - Ansicht die nachfolgenden Gutachten nicht verständlich. Sodann führt der Kläger weiter aus, er habe daher kein Verständnis dafür, daß, obwohl er als Maurer seit dem Unfall nicht mehr voll einsatzfähig sei, eine weitere Sachaufklärung durch die Berichterstatterin abgelehnt werde.

Bei diesen Ausführungen des - rechtskundig vertretenen - Klägers handelt es sich nicht um einen förmlichen Beweisantrag, sondern höchstens um eine formlose Anregung zu einer weiteren medizinischen Sachaufklärung.

Soweit den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers zu entnehmen ist, daß er die Beweiswürdigung durch das LSG rügt, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG schließt es ausdrücklich aus, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu stützen.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1654112

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