Leitsatz (amtlich)
1. Ist einer Witwe die Abfindung des Rentenanspruchs (RVO § 1302 Abs 1) nur bei der ersten Wiederheirat oder auch bei jeder folgenden Eheschließung zu gewähren?
2. Lebt eine Witwenrente nur bei Auflösung der 2. Ehe oder auch bei Auflösung der 3. und jeder weiteren Ehe wieder auf (RVO § 1291 Abs 2)?
Normenkette
RVO § 615 Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, § 1291 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1302 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 68 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 81 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RKG § 83 Abs. 2 Fassung: 1957-05-21; BVG § 44 Abs. 1 Fassung: 1964-02-21; BBG § 124a Abs. 1 Fassung: 1965-10-22
Tenor
Zur Fortbildung des Rechts und zugleich zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung werden dem Großen Senat des Bundessozialgerichts gemäß § 43 des Sozialgerichtsgesetzes folgende Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung vorgelegt:
1) Ist einer Witwe die Abfindung des Rentenanspruchs (§ 1302 Abs. 1 RVO) nur bei der ersten Wiederheirat oder auch bei jeder folgenden Eheschließung zu gewähren?
2) Lebt eine Witwenrente nur bei Auflösung der zweiten Ehe oder auch bei Auflösung der dritten und jeder weiteren Ehe wieder auf (§ 1291 Abs. 2 RVO)?
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch darüber, ob der Klägerin, die bisher wiederaufgelebte Witwenrente erhielt, infolge ihrer dritten Eheschließung eine Witwenrentenabfindung zusteht.
Die 1912 geborene Klägerin bezog nach Auflösung ihrer zweiten Ehe Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes. Sie ging im Januar 1972 ihre dritte Ehe ein und beantragte die Gewährung der Witwenrentenabfindung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. März 1972 ab. Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Bremen den Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Witwenrentenabfindung zu gewähren. Soweit die Klägerin außerdem die Erstattung von Beiträgen zur Rentnerkrankenversicherung begehrte, hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 8. Mai 1973). Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Bremen zurückgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 1973). Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 1302 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) seien erfüllt. Das folge schon aus dem Wortlaut und Wortsinn dieser Vorschrift; denn die Klägerin sei bei ihrer dritten Eheschließung noch die Witwe ihres ersten Ehemannes gewesen. Ihre Witweneigenschaft sei durch dessen Tod vermittelt worden und bleibe wegen der Endgültigkeit dieses Ereignisses auch in Zukunft bestehen. Der Wortlaut des § 1302 RVO verlange entgegen der Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) nicht, daß die Klägerin bei ihrer dritten Eheschließung im personenstandsrechtlichen Sinn "Witwe" gewesen sei. Der Begriff "Witwe" werde hier vielmehr durch den Witwenrentenbezug bestimmt, weshalb nicht der Personenstand der Klägerin bei Eingehung ihrer dritten Ehe, sondern ihr Verhältnis zu dem verstorbenen Versicherten entscheide. Auch nach § 1291 Abs. 2 Satz 1 RVO unterliege es keinem Zweifel, daß als "Witwe" auch diejenige Frau bezeichnet werde, die nach dem Tode ihres ersten Mannes erneut geheiratet hat und deren zweite Ehe durch Scheidung aufgelöst worden ist. Außerdem sei es der in der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zweck des § 1302 Abs. 1 RVO, die Hemmnisse, die der Wiederheirat einer Witwe wegen des Wegfalls ihrer Witwenrente entgegenstehen, möglichst auszuräumen und damit den unerwünschten Rentenkonkubinaten ("Onkelehen") entgegenzuwirken. Hinsichtlich der Erreichung dieses Zweckes bestehe aber zwischen der ersten und jeder weiteren Wiederheirat einer Witwe kein Unterscheid, denn der mit der Gewährung einer Witwenrentenabfindung verbundene Anreiz zur Eheschließung umfasse wegen des öffentlichen Interesses an der Eingehung von Ehen auch alle späteren Eheschließungen. Da die Witwe eines Versicherten sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Wiederheirat Inhaberin einer Witwenrente sei, die sie aufgrund der erneuten Eheschließung verliere, stelle sich ferner die Eingehung einer dritten Ehe als rechtlich gleichbedeutend mit der zweiten Eheschließung dar. Die Versagung des Abfindungsanspruchs bei erneuter Wiederverheiratung sei schließlich eine Benachteiligung im Vergleich zur ersten Wiederheirat und deshalb mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar, weil der Zweck der Abfindung bei beiden Eheschließungen in derselben Weise durchgreife.
Mit der - zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1302 Abs. 1 RVO. Sie nimmt hierzu auf die Rechtsprechung des BSG Bezug. Sie erklärt aber zusätzlich, sie sehe es nicht ungern, wenn diese Rechtsprechung nicht fortgesetzt würde.
Die Beklagte beantragt,
die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Nach § 1291 Abs. 1 RVO fällt die Witwenrente mit dem Ablauf des Monats weg, in dem die Berechtigte wieder heiratet. Als Abfindung wird der wieder heiratenden Witwe nach § 1302 Abs. 1 RVO das Fünffache des Jahresbetrages der bisher bezogenen Rente gewährt. Wird die neue Ehe später wieder aufgelöst, so lebt der Anspruch auf die Witwen-(Witwer-)rente vom Ablauf des Monats, in dem die Ehe aufgelöst ist, wieder auf (§ 1291 Abs. 2 RVO). Die §§ 68, 81 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), § 83 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), § 44 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und § 615 RVO regeln für die Gebiete der Angestelltenversicherung, der knappschaftlichen Rentenversicherung, der Kriegsopferversorgung und der Unfallversicherung denselben Sachverhalt. Das BSG hat hierzu - mit Ausnahme in der Unfallversicherung - in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß einer Witwe die Abfindung des Rentenanspruchs nur bei ihrer ersten Wiederheirat zusteht, Bezieher einer "wiederaufgelebten" Witwenrente also bei Eingehung einer dritten Ehe keinen Anspruch auf Abfindung haben und nach Auflösung der dritten Ehe die Witwenrente auch nicht wieder auflebt (vgl. Urt. v. 19. Juni 1962 - 11 RV 32/62 - BSGE 17, 120 = SozR Nr. 6 zu § 44 BVG; Urt. v. 23. Juni 1965 - 11/1 RA 70/62 - BSGE 23, 124 = SozR Nr. 5 zu § 1302 RVO; Urt. v. 26. Januar 1967 - 8 RV 1013/65 - BSGE 26, 77 = SozR Nr. 10 zu § 44 BVG; Urt. v. 23. August 1967 - 5 RKn 24/65 - SozR Nr. 2 zu § 83 RKG; Urt. v. 21. Januar 1971 - 4 RJ 227/70 - SozR Nr. 30 zu § 1291 RVO; Urt. v. 23. Mai 1973 - 9 RV 344/72 - SozR Nr. 19 zu § 44 BVG; Urt. v. 28. Juni 1973 - 10 RV 621/72 - SozR Nr. 20 zu § 44 BVG; vgl. ferner auch Urt. v. 28. April 1960 - 8 RV 1341/58 - BSGE 12, 127 = SozR Nr. 4 zu § 44 BVG; Urt. v. 16. November 1961 - 7/9 RV 306/60 - BSGE 15, 246 = SozR Nr. 5 zu § 44 BVG; Urt. v. 23. April 1964 - 9 RV 678/60 - BSGE 21, 35; Urt. v. 18. Februar 1970 - 10 RV 75/68 - SozR Nr. 3 zu § 89 BVG; Urt. v. 6. Juli 1971 - 9 RV 776/60 - SozR Nr. 4 zu § 42 BVG; Urt. v. 27. März 1974 - 10 RV 215/73 - VersorgB 1975, 95). Zur Begründung seiner Rechtsauffassung hat das BSG ausgeführt: Nach dem Wortlaut des Gesetzes sowie nach dem allgemeinen Sprachgebrauch könne als "Witwe" nur diejenige Frau angesehen werden, die nach dem Tod ihres ersten Ehemannes als seine Witwe eine neue, zweite Ehe eingehe; mit dieser zweiten Eheschließung verliere die Frau den Status der Witwe. Heirate sie nach Auflösung der zweiten Ehe wieder, so schließe sie diese dritte Ehe nicht als die Witwe ihres ersten, sondern als die frühere Ehefrau ihres zweiten Mannes. Es handele sich deshalb bei dieser dritten Eheschließung nicht um eine "Wiederverheiratung" i. S. des Gesetzes. Da die nach Auflösung der zweiten Ehe wiederaufgelebte Witwenrente einer Frau gewährt werde, die nicht mehr die Witwe des Versicherten sei, habe diese Rente der originären, bis zur Eingehung der zweiten Ehe gewährten Witwenrente gegenüber einen besonderen Charakter. Sie beruhe auf einem Anspruch eigener Art, der es ausschließe, sie hinsichtlich der Abfindung ebenso zu behandeln, wie die originäre Witwenrente. Es sei nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber im Falle der Auflösung der zweiten Ehe der Frau nochmals das Recht auf Abfindung habe einräumen wollen, um eine dritte Eheschließung zu erleichtern. Die Heiratsabfindung solle vielmehr als "Starthilfe" nur den Entschluß zum Eingehen der ersten "neuen Ehe" nach dem Tode des ersten Ehemannes erleichtern. Die durch seinen Tod ausgelöste Versorgungskette könne sich deshalb nicht über diese neue, zweite Ehe hinaus auch noch zugunsten einer dritten oder weiteren Ehe fortsetzen. Auf diese Weise sei außerdem am ehesten gewährleistet, daß nur solche Verbindungen gefördert würden, die sich als dauerhaft erwiesen hätten oder erweisen würden und deshalb allein durch Heirat legalisiert werden sollten.
Dieser Rechtsprechung des BSG ist nur ein Teil des Schrifttums beigetreten (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. III S. 720 q, Stand Februar 1975; RVO-Gesamtkommentar, RVO § 1291 Anm. 5; Verbandskomm. RVO § 1291 Anm. 3; Hoernigk/Jorks, Rentenversicherung - 1974 - RVO § 1302 Anm. 1; Koenig, VersR 1966, 618; Barnewitz SozVers 1967, 100; Tannen DRV 1971, 166).
Eine nicht unbeachtliche Anzahl von Autoren hat gegen die Rechtsprechung des BSG erhebliche Bedenken erhoben (vgl. Lauterbach Unfallversicherung 3. Aufl. 1974 RVO § 615 Anm. 4 e; Spallek SozSich 1961, 148; Straub SGb 1964, 113; Krüger SGb 1966, 519; Bosch FamRZ 1967, 392; Söchting SozVers 1971, 63; Schmeiduch Mitt. LVA Rheinprovinz 1971, 356; Trolldenier Mitt. LVA Rheinprovinz 1971, 329 Ziff. 4 = SozVers 1972, 145 Ziff. 4; Beitzke FamRZ 1973, 643; Eichhorn BG 1974, 36). Diese richten sich in erster Linie gegen die vom BSG vorgenommene Wortinterpretation. Eine Witwe ist nämlich sowohl nach personenstandsrechtlichen Gesichtspunkten als auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Frau, mit der der verstorbene Mann im Zeitpunkt seines Todes durch eine rechtsgültige Ehe verbunden war. Eine Witwe kann deshalb durch ihre Wiederverheiratung die Eigenschaft als Witwe nicht verlieren, denn ihre Beziehung zu dem verstorbenen Mann bleibt auch nach dessen Tod unverändert. Die Frau hört mithin nie auf, seine Witwe zu sein, gleichviel wie oft sie wieder heiratet. Abgesehen hiervon dient in den hier in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften die Verwendung des Begriffs "Witwe" nur zur Katalogisierung bestimmter Anspruchsberechtigter. Der Zusammenhang mit der bezogenen Rente zeigt, daß unter einer "Witwe" hier die Bezieherin einer Witwenrente zu verstehen ist bzw. eine Frau, die einen Anspruch auf Rente mit Witwenrentencharakter hat.
Der sozialpolitische Zweck der Regelungen über die Heiratsabfindung und das etwaige Wiederaufleben der Witwenrente war es, die Scheu der Witwen vor einer neuen Ehe zu beseitigen und damit das soziale Phänomen der sogen. "Onkelehe" zu bewältigen, also die Zahl der unerwünschten Rentenkonkubinate, deren Partner allein aus finanziellen Gründen von einer Eheschließung absahen, zu verringern und dem Entstehen weiterer derartiger Konkubinate vorzubeugen. Die Heiratsabfindung als Starthilfe zur Einrichtung eines neuen Hausstandes dient deshalb ebenso als Anreiz zur Wiederheirat, wie die Aussicht auf das spätere Wiederaufleben der damit wegfallenden Witwenrente der Witwe den Entschluß zur Wiederverheiratung erleichtern soll (BT-Drucks. II/2437 S. 79, 80, Begründung zu §§ 1295, 1305 des Entwurfs zum ArVNG; BT-Drucks. III/1239 S. 39, Begründung zu § 42 KOVNG; vgl. ferner BVerfG Beschl. v. 12. November 1974 SozR 3100 zu § 44 Nr. 2).
Angesichts dieser Zielsetzung ist nicht ersichtlich, wieso sich der Zweck der gesetzlichen Regelung bereits mit der Eingehung einer zweiten Ehe erschöpfen soll, weshalb also der Entschluß, eine dritte Ehe zu wagen, der Witwe nicht mehr erleichtert werden sollte. Die Möglichkeit des Entstehens einer "Onkelehe" liegt bei der Bezieherin einer wiederaufgelebten Witwenrente ebenso nahe wie bei der Bezieherin einer sogen. originären Witwenrente. Es läßt sich kein vernünftiger Grund dafür anführen, daß der Gesetzgeber der unerwünschten Form des Zusammenlebens in einem Rentenkonkubinat bei den Bezieherinnen einer wiederaufgelebten Witwenrente nicht hat entgegenwirken wollen.
Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des BSG muß eine Frau eine dritte Eheschließung vermeiden, falls sie nicht beim Scheitern dieser dritten Ehe den Verlust ihrer Rente riskieren will. Sie wird nach Auflösung ihrer zweiten Ehe geradezu in das Rentenkonkubinat gedrängt. Der Zweck der Regelungen über die Heiratsabfindung und das Wiederaufleben der Witwenrente erfordert es deshalb, die Versorgungskette nicht mit der zweiten Ehe abbrechen zu lassen. Damit wird zugleich das Ziel erreicht, die Witwe auch gegenüber dem Risiko hinsichtlich des Bestandes der neuen Ehe wirtschaftlich zu sichern. Das Wiederaufleben der Rente dient dazu, die Witwe in ihrer wirtschaftlichen Sicherung nicht zu benachteiligen und in ihrer freien Entscheidung, ob sie eine weitere Ehe eingehen will, nicht zu behindern. Auch deshalb ist die wiederaufgelebte Witwenrente bei abermaliger Eheschließung abzufinden und bei Auflösung dieser weiteren Ehe muß auch diese Rente zur wirtschaftlichen Sicherung der Witwe wieder aufleben. Weder den gesetzlichen Vorschriften noch den Gesetzesmaterialien kann entnommen werden, daß der Gesetzgeber der mit der Wirklichkeit nicht in Einklang zu bringenden Ansicht gewesen sein könnte, eine Witwe bedürfe der wirtschaftlichen Sicherung nur bei der Eingehung einer zweiten Ehe, aber nicht mehr bei einer dritten oder weiteren Eheschließung.
Auch darf nicht unbeachtet bleiben, daß die Witwe im Zeitpunkt der dritten Eheschließung eine laufende Witwenrente erhält. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen der Abfindung einer sogen. originären und einer bereits wiederaufgelebten Witwenrente. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb einer Witwe, der im Zeitpunkt ihrer Wiederverheiratung ein Anspruch auf Witwenrente zusteht, aufgrund dieser Wiederverheiratung als Ersatz für diesen Anspruch eine Abfindung nicht zukommen sollte. Die Heiratsabfindung wird im übrigen auch dafür gewährt, daß die Witwe ihren Witwenrentenanspruch aufgibt. Schließlich hat der sozialpolitische Ausschuß des Bundestages in seinem schriftlichen Bericht zum Unfallversicherungsneuregelungsgesetz - UVNG - (BT-Drucks. IV/938 neu S. 16 zu § 612 Abs. 2) ausdrücklich hervorgehoben, daß in diesem Ausschuß übereinstimmend die Auffassung vertreten worden ist, die Abfindung der Witwenrente solle nicht nur bei der erstmaligen, sondern auch bei einer möglicherweise folgenden Wiederverheiratung gewährt werden. Der 4. Senat des BSG hat hierzu in seinem die Arbeiterrentenversicherung betreffenden Urteil vom 21. Januar 1971 (SozR Nr. 30 zu § 1291 RVO) lediglich darauf hingewiesen, daß diese Äußerung des Ausschusses einen anderen, wenn auch dasselbe "Thema" behandelnden, aber nicht demselben Versicherungszweig angehörenden Rechtssatz betreffe. Gerade wegen "desselben Themas" - m. a. W. derselben Rechtsfrage - aber kommt dieser Äußerung eines Ausschusses der zuständigen gesetzgebenden Körperschaft für alle betroffenen Bereiche des Sozialrechts nicht unerhebliche Bedeutung zu. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch, daß die für den Bereich des Beamtenrechts geltende und mit dem Wortlaut der §§ 615 Abs. 1, 1302 Abs. 1 RVO im wesentlichen übereinstimmende Vorschrift des § 124 a Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) nach der hierzu erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschrift Nr. 2 Abs. 2 dahin ausgelegt wird, daß die wiederholte Eheschließung nach dem Tode des Beamten einer Gewährung der Witwenabfindung nicht entgegensteht (vgl. Plog/Wiedow/Beck, BBG, § 124 a Rdnr. 2 und 3).
Unter Berücksichtigung aller genannten Gründe und der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie der im Schrifttum immer wieder erhobenen Bedenken hält es der 12. Senat zur Fortbildung des Rechts und zugleich zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 43 SGG) für dringend angezeigt, daß der Große Senat den gesamten Fragenkreis unter Einbeziehung aller rechtlichen und praktischen Gesichtspunkte überprüft. Die Zahl der hiervon betroffenen Fälle dürfte in Zukunft eher zu- als abnehmen.
Fundstellen