Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten in dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit darüber, ob die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin bzw deren Rechtsvorgängerin seit Juni 2003 aufgrund eines "Freien-Mitarbeiter-Vertrages" im Bereich von Serviceleistungen im Sanitärbereich ausgeübten Tätigkeiten wegen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig war bzw ist. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Mit Urteil vom 24.11.2016 hat das Hessische LSG auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.
II
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen LSG vom 24.11.2016 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Mit der Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, lässt sich die Zulassung der Revision - der Ausrichtung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entsprechend - nicht erreichen.
Die Klägerin stützt sich in ihrer Beschwerdebegründung vom 6.4.2017 auf die Zulassungsgründe der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
a) Die Klägerin behauptet mehrere Abweichungen des LSG-Urteils von den Urteilen des BSG vom 18.11.2015 (B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25) und 27.11.1980 (8a RU 26/80 - Juris).
aa) Sie nimmt zunächst eine Abweichung des Berufungsurteils von dem BSG-Urteil vom 18.11.2015 an (S 3 bis 6 der Beschwerdebegründung), dem sie folgende Rechtssätze als tragend entnimmt (dort RdNr 17):
"Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Bet. getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. (…). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen 'Etikettenschwindel' handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft iSd § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnis zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen."
Als widersprechenden Rechtssatz des LSG arbeitet die Klägerin (Bl 43 der BSG-Akte) unter Hinweis auf von diesem nach § 153 Abs 2 SGG in Bezug genommene Ausführungen des SG heraus,
"dass das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgeblich für die Beurteilung sei, und zwar abweichend von der Rechtsprechung des BSG, nach der zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit regelmäßig zunächst vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen und diese zu prüfen seien".
Wegen dieser Abweichung bei der Beurteilung der vertraglichen Vereinbarungen - so die Klägerin in ihren Erläuterungen - habe das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass der "Freie-Mitarbeiter-Vertrag" ein Rahmenvertrag gewesen sei, bei dessen Vorliegen nicht auf den gesamten, von diesem erfassten Zeitraum, sondern auf die einzelnen Vertragsverhältnisse als jeweiligen Beurteilungszeitraum abzustellen sei. Die Klägerin stellt insoweit außerdem als tragenden Rechtssatz des BSG in dessen Urteil vom 18.11.2015 heraus (dort RdNr 19),
"dass bei Rahmenverträgen für die Frage der Versicherungspflicht nicht auf den gesamten vom Rahmenvertrag erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen".
Diesem stellt sie als unvereinbaren Rechtssatz des Berufungsgerichts gegenüber,
"dass allein die persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber die Versicherungspflicht auslöse, und zwar unabhängig davon, ob auf der Grundlage eines Rahmenvertrages auch einzelne Vertragsverhältnisse zustande gekommen sind".
Den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) legt die Klägerin damit nicht in der gebotenen Weise dar. Sie begründet nicht substantiiert, warum die als tragende Rechtssätze des LSG angenommenen Ausführungen des LSG bzw - durch Inbezugnahme - des SG mit der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung in Widerspruch stehen sollen. Weder erschließt sich ohne weitere Begründung, warum das vom LSG aufgestellte Erfordernis einer Betrachtung des "Gesamtbildes der Arbeitsleistung" der vom BSG hervorgehobenen Voraussetzung einer Statusbeurteilung, hierbei von den "getroffenen Vereinbarungen" auszugehen, widersprechen soll, noch wird von der Klägerin hinreichend dargelegt, dass die Forderung des Berufungsgerichts nach "persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber" für die Annahme der Beschäftigteneigenschaft von der dargestellten Auffassung des BSG zu dem jeweiligen Beurteilungszeitraum abweichen soll. Forderungen nach einer Betrachtung des "Gesamtbildes der Arbeitsleistung" und "persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber" hat im Übrigen auch das BSG in seiner Entscheidung aufgestellt (dort RdNr 16).
bb) Die Klägerin bezieht sich sodann (S 6 f der Beschwerdebegründung) auf weitere Ausführungen in dem BSG-Urteil vom 18.11.2015 und formuliert als dessen tragenden Rechtssatz (dort RdNr 26),
"dass dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, dann eine indizielle Bedeutung zukommt, wenn dieser den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird".
Als hiermit unvereinbaren Rechtssatz des Berufungsurteils arbeitet sie heraus,
"dass die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend für das Gesamtbild der Arbeitsleistung sind und dieses darüber bestimmt, ob eine Versicherungspflicht besteht oder nicht".
Auch insoweit legt die Klägerin einen Widerspruch zwischen Rechtssätzen nicht substantiiert dar. Das LSG hat auf S 10 f seines Urteilsabdrucks - unter Hinweis auf BSG-Rechtsprechung - ausführlich begründet, was es unter den - das Gesamtbild der Arbeitsleistung bestimmenden - "tatsächlichen Verhältnissen" versteht. Es hat weiter den Hinweis auf die Notwendigkeit einer Gesamtschau gegeben, was die Erforderlichkeit einer Abwägung für und gegen eine Beschäftigung sprechender indizieller Umstände impliziert. Warum der Wille der Vertragsparteien vor diesem Hintergrund auf der Grundlage der Rechtsprechung des Berufungsgerichts (allgemein) keine Bedeutung als Indiz haben können soll, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht.
cc) Soweit die Klägerin als weiteren Rechtssatz des BSG in seiner Entscheidung vom 18.11.2015 herausarbeitet (dort RdNr 16),
"dass bei der Zuordnung einer Tätigkeit alle als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik folgend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden,"
und diesem als tragenden abweichenden Rechtssatz des Berufungsgerichts gegenüberstellt (S 7 f der Beschwerdebegründung),
"dass einzelne als Indizien in Betracht kommende Umstände auch abweichend von der gebotenen Gesamtschau beurteilt werden können, also nicht gegeneinander abgewogen werden müssen,"
behauptet sie von vornherein nur ("ignoriert das LSG") die inhaltlich fehlerhafte Anwendung eines höchstrichterlichen Rechtssatzes. Die unrichtige Anwendung eines von dem Revisionsgericht entwickelten und im angefochtenen Urteil nicht infrage gestellten Rechtssatzes auf den zu entscheidenden Einzelfall bedeutet jedoch keine Abweichung im Sinne der Zulassungsvorschriften. Das LSG ist auf S 10 des Urteilsabdrucks (selbst) explizit von der insoweit maßgebenden Entscheidung des BSG vom 25.4.2012 (B 12 KR 24/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25) ausgegangen.
In gleicher Weise ist der Vortrag der Klägerin (S 8 f der Beschwerdebegründung) zu beurteilen, mit seiner Auffassung, "die Benutzung des von der Beigeladenen zu 1. geleasten LKW und des damit verbundenen Unternehmerrisiko im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht als entscheidenden Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. anzusehen", sei das Berufungsgericht von dem Rechtssatz abgewichen, "dass die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs und die damit einhergehende Lastentragung durchaus für eine selbstständige Tätigkeit spricht", den das BSG in seinem Urteil vom 27.11.1980 (dort S 8) aufgestellt habe. Gleiches gilt schließlich für ihren Vortrag (S 9 der Beschwerdebegründung) zu einer Divergenz von Rechtssätzen zum Topos "persönlicher Leistungserbringung" ("Unter Anwendung dieses vom Bundessozialgericht aufgestellten Rechtssatzes hätte das LSG der Tatsache, dass eine persönliche Leistungspflicht nicht bestand, kennzeichnende Bedeutung beimessen müssen …").
dd) Soweit es um die unter bb) und cc) behandelten Topoi geht, befasst sich die Klägerin außerdem nicht hinreichend damit, dass und warum das Berufungsurteil - das Vorliegen von Abweichungen in diesem Kontext unterstellt - hierauf beruhen soll. Die bloße Behauptung, dass das LSG in einem solchen Fall zu einem anderen, günstigeren Ergebnis gekommen wäre, reicht für sich allein nicht aus. Vielmehr muss sich ein Beschwerdeführer hier mit der Struktur der vom LSG getroffenen Abwägungsentscheidung auseinandersetzen und begründen, warum (unzulässige) Divergenzen zu einzelnen Indizien für das Ergebnis entscheidungserheblich sein sollen; daran fehlt es.
b) Soweit die Klägerin einen entscheidungserheblichen Mangel des Berufungsverfahrens (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) darin sieht (S 7 f der Beschwerdebegründung), dass das Berufungsgericht "unstreitigen Sachverhalt" zu der Möglichkeit der Beigeladenen zu 1., sich zumindest im Krankheitsfall und während des Urlaubs vertreten zu lassen, nicht berücksichtigt habe, wird ein solcher - ggf anzunehmender - Verfahrensmangel jedenfalls deshalb nicht substantiiert begründet, weil es an Ausführungen dazu fehlt, dass und warum das LSG ohne den Verfahrensverstoß zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160 Buchst a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
4. Der Streitwert war für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG in Höhe des Auffangstreitwertes festzusetzen.
Fundstellen
Dokument-Index HI11022584 |