Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. April 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine (noch) klärungsbedürftige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist hier aber nicht zu erkennen. Mögliche Grundsatzfragen hinsichtlich der Höhe der Regelbedarfe im SGB II sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt (vgl vor allem BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34). Das BVerfG hat entschieden, dass die Höhe der Regelbedarfe mit der Verfassung in Einklang steht. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter aufzeigen könnte, dass diese Frage für den hier streitigen Zeitraum (Juli bis Dezember 2014) klärungsbedürftig sein könnte.
Ebenso sind grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen zu den Voraussetzungen für die Bewilligung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II wegen eines erhöhten Energiebedarfs bzw wegen Bekleidung und Schuhen in Übergröße nicht zu erkennen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass der aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG) in das SGB II eingeführte Anspruch auf einen Härtefallmehrbedarf ua Sondersituationen Rechnung tragen soll, in denen ein seiner Art oder Höhe nach auftretender Bedarf von dem der Regelbedarfsermittlung zugrunde liegenden Verfahren nicht erfasst wird und sich der Regelbedarf als unzureichend erweist (stRspr; BSG vom 28.11.2018 - B 14 AS 48/17 R - BSGE 127, 78 = SozR 4-4200 § 21 Nr 30, RdNr 15 mwN; BSG vom 8.5.2019 - B 14 AS 13/18 R - BSGE 128, 114 = SozR 4-4200 § 21 Nr 31, RdNr 17 mwN). Jedoch hat diese Härtefallregelung nicht die Funktion, eine (vermeintlich oder tatsächlich) unzureichende Höhe des Regelbedarfs an sich auszugleichen (BSG vom 12.5.2021 - B 4 AS 88/20 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 35 RdNr 17 mwN). Da der Beklagte und ihm folgend SG und LSG einen Härtefallmehrbedarf wegen eines (aufgrund Körpergröße und -gewicht des Klägers) erhöhten Energieumsatzes iHv 10 % des Regelbedarfs anerkannt und SG und LSG auch einen Härtefallmehrbedarf wegen Bekleidung und Schuhen in Übergröße von monatlich 28,36 Euro bejaht haben, steht nicht das "Ob" der Voraussetzungen des § 21 Abs 6 SGB II, sondern die konkrete Höhe im Einzelfall des Klägers im Streit. Diese vermag allerdings schon aus diesem Grund grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen über den konkreten Rechtsstreit hinaus nicht zu begründen.
Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit der Kläger einen Härtefallmehrbedarf wegen Kosten für den ÖPNV geltend macht. Das LSG hat die Voraussetzungen für die Gewährung eines Härtefallmehrbedarfs auch insoweit geprüft und ist zum Schluss gelangt, der vom Kläger geltend gemachte Mobilitätsbedarf sei, soweit er verfassungsrechtlich anzuerkennen sei, durch den im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Mobilität und Verkehr gedeckt. Vor diesem Hintergrund ist ebenfalls nicht erkennbar, dass ein Rechtsanwalt eine noch zu klärende Rechtsfrage im Grundsätzlichen formulieren könnte.
Das LSG hat zudem keine Rechtssätze aufgestellt, die von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, sodass auch eine Zulassung wegen Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht in Betracht kommt. Schließlich ist auch kein Verfahrensmangel erkennbar, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
S. Knickrehm Neumann Siefert
Fundstellen
Dokument-Index HI15365111 |