Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache
Orientierungssatz
Zum Rechtsschutzbedürfnis und zur Prozeßführungsbefugnis sowie zur substantiierten Darlegungspflicht.
Normenkette
SGG § 160a Abs 2 S 3, § 160 Abs 2 Nr 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 25.11.1992; Aktenzeichen L 12 Ar 100/90) |
SG Köln (Entscheidung vom 28.02.1990; Aktenzeichen S 22 Ar 113/86) |
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist in entsprechender Anwendung des § 169 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil Revisionszulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Klägerin macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Diese sieht sie - sinngemäß - in der Frage, ob die Feststellung der Einzugsstelle, daß ein in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht, bereits im Verwaltungsverfahren bindende Wirkung für die Bundesanstalt für Arbeit (BA) hat. Weiterhin macht die Klägerin geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. Februar 1992 - 7 RAr 134/90 - (BSGE 70, 81 = SozR 3-4100 § 104 Nr 8 = NZA 92, 1003) insoweit ab, als es einer Feststellung der Einzugsstelle über das Bestehen eines in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses Bindungswirkung gegenüber der BA beimesse, wenn hierüber rechtskräftig entschieden und diese bei dem Rechtsstreit beigeladen war; demgegenüber verneine das genannte Urteil des BSG die Bindungswirkung einer solchen Feststellung hinsichtlich des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin weder die grundsätzliche Bedeutung noch das Vorliegen einer Divergenz dargelegt. Insofern fehlt es an der für beide Zulassungsgründe notwendigen schlüssigen Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit, dh hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung, daß die bezeichnete Rechtsfrage klärungsbedürftig ist, hinsichtlich der Abweichung, daß das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) darauf beruht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 54).
Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil es die Klage für unzulässig gehalten hat. Es hat dies für den Hauptantrag, der allein Gegenstand der Beschwerde ist, damit begründet, daß nach § 182 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes in der bis Ende 1988 geltenden Fassung ((AFG aF) jetzt § 28h Abs 2 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV)) allein die Einzugsstelle eine Entscheidung über die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung treffen könne und die Klägerin daher nicht befugt sei, gegen ihren (vermeintlichen) Arbeitgeber auf Entrichtung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu klagen. Die Klägerin habe als die einfachere Möglichkeit die Einzugsstelle zur Feststellung der Beitragspflicht der Beklagten veranlassen können. In einem hierüber zwischen der Klägerin und der Einzugsstelle geführten Rechtsstreit wäre die BA gemäß § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen gewesen; wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils könne dann die BA entsprechend gebunden werden.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde greift die Klägerin hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung wie auch der Divergenz lediglich die Ausführungen des Berufungsurteils zur Bindungswirkung einer Entscheidung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung an. Daraus folgt jedoch nicht die Entscheidungserheblichkeit der als grundsätzlich oder als divergierend bezeichneten Rechtsfrage für die angestrebte Revisionsentscheidung. Das BSG hätte nach Zulassung der Revision unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen, ob die Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage hat. Aufgrund der Ausführungen im Urteil des LSG zur gesetzlichen Zuständigkeit der Einzugsstelle, die Beitragspflicht zur BA festzustellen, ist das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit auch oder gerade dann in Zweifel zu ziehen, wenn man zu ihren Gunsten annimmt, daß eine Entscheidung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht die BA leistungsrechtlich nicht bindet. Es liegt bereits nahe, daß wegen § 182 Abs 1 AFG aF (§ 28h Abs 2 SGB IV) bei umstrittener Beitragspflicht zur BA in jedem Fall zunächst eine Entscheidung der Einzugsstelle herbeigeführt werden muß. Wenn des weiteren nach Ansicht der Klägerin die BA trotz Beiladung zu einem Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Einzugsstelle an ein dort ergehendes Urteil hinsichtlich der Leistungen nicht gebunden wird, geht eine derartige Bindung von einem Urteil im Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erst recht nicht aus. Kann demnach aber die Klägerin selbst bei Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit nicht sicher sein, die von ihr im Hilfsantrag begehrten Leistungen von der BA zu erhalten, ist das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage jedenfalls mit einem Fehlen der Bindungswirkung für das Leistungsrecht nicht zu begründen. Das LSG hat seine tragenden Ausführungen zur alleinigen Zuständigkeit der Einzugsstelle zwar in erster Linie im Zusammenhang mit der von ihm angenommenen fehlenden Prozeßführungsbefugnis gemacht; unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine Frage der Prozeßführungsbefugnis handelt, stellen sie aber auch die Grundlage für die Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses dar. Aber selbst wenn das LSG im Berufungsurteil keine Ausführungen über die ausschließliche Zuständigkeit der Einzugsstelle gemacht hätte, hätte die Klägerin unter diesem Aspekt zum Rechtsschutzinteresse Stellung nehmen müssen, weil dieses aufgrund der Ausführungen des LSG zur Bindungswirkung fraglich war (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 54). Demnach wäre die Klägerin ihrer Darlegungspflicht nur dann nachgekommen, wenn sie substantiiert vorgetragen hätte, daß entweder die sich aus § 182 Abs 1 AFG aF (§ 28h Abs 2 SGB IV) ergebenden Gründe für den Vorrang der Einzugsstelle das Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren nicht beeinträchtigen oder daß ein hier ergehendes Urteil eine Bindung der BA auch hinsichtlich der Leistungen bewirken würde. Da die Klägerin hierzu nichts vorträgt, ergibt sich aus ihrem Vorbringen insgesamt nicht, daß das BSG nach Zulassung der Revision die als grundsätzlich und die als divergierend bezeichnete Rechtsfrage überhaupt entscheiden müßte.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen