Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessuale Sperrwirkung. Klage. Unzulässigkeit. Rechtskraft
Leitsatz (redaktionell)
Die prozessuale Sperrwirkung einer zuerst erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage gegen einen Bescheid führt zur Unzulässigkeit jeder weiteren Klage mit demselben Ziel bzw. zur fortbestehenden Unzulässigkeit nach Eintritt der Rechtskraft des früheren Urteils.
Normenkette
SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 202; ZPO §§ 114, 121; GVG § 17 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 04.10.2016; Aktenzeichen L 7 SO 161/16 WA) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Oktober 2016 - L 7 SO 161/16 WA - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Wiederaufnahme eines beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Berufungsverfahrens (L 7 SO 4970/15).
Die Beklagte hat die Übernahme von Kosten für Arbeits- und Lernmittel, insbesondere gestützt auf §§ 67 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), abgelehnt (Bescheid vom 15.10.2014); dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Ulm (S 14 SO 3287/14) erhoben, bevor über seinen Widerspruch entschieden war. Zudem hat er Untätigkeitsklage beim SG Ulm erhoben (Klage vom 23.2.2015), die das SG Ulm an das SG Freiburg (S 7 SO 1645/15) verwiesen hat. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids (vom 11.5.2015) hat er vor dem SG Freiburg die Klage umgestellt und die Aufhebung des Widerspruchsbescheids sowie die Verurteilung zur Leistung begehrt. Die zuerst erhobene Klage blieb in der Sache ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG Ulm vom 15.1.2015; Urteil des LSG vom 1.10.2015 - L 7 SO 625/15). Die zweite Klage haben SG und LSG als unzulässig angesehen (Gerichtsbescheid des SG Freiburg vom 24.11.2015; Urteil des LSG vom 17.12.2015 - L 7 SO 4970/15). Mit seiner Klage beim LSG (vom 7.1.2016) hat der Kläger gegen das Urteil des LSG vom 17.12.2015 "Nichtigkeitsklage" erhoben; das LSG hat die Klage als unzulässig verworfen (Beschluss vom 4.10.2016 - L 7 SO 161/16 WA).
Mit Schreiben vom 31.10.2016 hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG vom 4.10.2016 - L 7 SO 161/16 WA - beantragt.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); die für die Bewilligung von PKH maßgebende Erfolgsaussicht erstreckt sich auch auf die Beurteilung der Hauptsache als Bestandteil des Wiederaufnahmeverfahrens (vgl Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.9.1993 - III ZA 3/93 -, NJW 1993, 3140). Daran fehlt es hier.
Ob die vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) von einem Rechtsanwalt in einem Beschwerdeverfahren mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnten und ob Wiederaufnahmegründe vorliegen, kann damit dahinstehen; denn in jedem Fall hat die Hauptsache keine Erfolgsaussicht (vgl zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 73a RdNr 7c mwN). Zutreffend hat das LSG im Berufungsverfahren L 7 SO 4970/15 ausgeführt, dass die Klage unzulässig ist. Die prozessuale Sperrwirkung der zuerst erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 15.10.2014 (nunmehr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.5.2015 führt zur Unzulässigkeit jeder weiteren Klage mit demselben Ziel bzw zur fortbestehenden Unzulässigkeit nach Eintritt der Rechtskraft des früheren Urteils (vgl § 202 SGG iVm § 17 Abs 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz).
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI10332163 |