Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Mai 2022 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der 1947 geborene Kläger, der seit dem 1.2.2012 eine Altersrente für langjährig Versicherte bezieht, begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.7.2004 bis zum 31.1.2012.
Den Antrag des Klägers auf die begehrte Rente vom 6.7.2004 lehnte die Beklagte zunächst wegen mangelnder Mitwirkung ab (Bescheide vom 26.10.2004 und 25.10.2005). Auf den Widerspruch des Klägers hob sie den Bescheid vom 25.10.2005 auf (Bescheid vom 25.11.2005) und holte im Anschluss ein orthopädisches und ein augenärztliches Gutachten ein. Mit Bescheid vom 13.6.2006 wies sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.10.2005 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Nach der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung könne er sowohl einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch seinem bisherigen Beruf als Prüfungsleiter bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nachgehen.
Das SG hat ein orthopädisches Gutachten sowie ein Zusatzgutachten auf augenärztlichem Gebiet eingeholt. Mit Urteil vom 17.4.2009 hat es die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Leistungsvermögen des Klägers weder aufgehoben noch relevant eingeschränkt. Das LSG hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie Arbeitgeberauskünfte und ein Gutachten der Fachärztin für Chirurgie D eingeholt. Mit Urteil vom 14.12.2011 hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger erfülle die medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente oder einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 9.10.2012 das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern. Das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf ein faires Verfahren durch überspannte Anforderungen an den Nachweis tatsächlicher Angaben im Prozesskostenhilfe(PKH)-Verfahren verletzt. Zudem habe das LSG gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, indem es seine Entscheidung ua auf berufskundliche Unterlagen gestützt habe, ohne diese dem Kläger bekanntzugeben.
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Akteneinsicht genommen. Zudem hat das LSG dem Kläger mit Beschluss vom 17.1.2014 PKH bewilligt und ein berufskundliches Gutachten des V eingeholt. In der mündlichen Verhandlung am 5.6.2019 hat es die Sachverständigen D und V ergänzend gehört. Auf Antrag des Klägers hat das LSG ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Unfallchirurgie und Spezielle Schmerztherapie S sowie vier ergänzende Stellungnahmen des Sachverständigen eingeholt. Demnach könne der Kläger mit qualitativen Einschränkungen an fünf Tagen in der Woche noch vollschichtig erwerbstätig sein. Mit Urteil vom 4.5.2022 hat das LSG die Berufung unter Verweis auf die eingeholten Gutachten zurückgewiesen. Zur Überzeugung des Senats sei es dem Kläger im Zeitraum 1.7.2004 bis zum 31.1.2012 möglich gewesen, (jedenfalls) körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden (arbeits)täglich zu verrichten. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der Kläger hat mit einem am 13.7.2022 beim BSG eingegangenen Schreiben für die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG (Zustellung am 13.6.2022) PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt P beantragt. Er meint, es würden Verfahrensmängel in Form einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, des Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Einem Beteiligten kann für das Verfahren vor dem BSG nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Gerichtsakten ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
1. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sind nicht zu erkennen. Die Voraussetzungen, unter denen eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, ergeben sich unmittelbar aus § 43 SGB VI und sind in der Rechtsprechung des BSG geklärt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22). Dies gilt ebenfalls für die in § 240 SGB VI genannten Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und die Frage einer zumutbaren Verweisungstätigkeit (siehe zum Mehrstufenschema zB BSG Urteil vom 20.7.2005 - B 13 RJ 29/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 4; BSG Urteil vom 26.4.2005 - B 5 RJ 27/04 R - juris; BSG Urteil vom 29.7.2004 - B 4 RA 5/04 R -juris). Zudem ist nicht ersichtlich, dass das LSG einen abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat (Zulassungsgrund der Divergenz, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
2. Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass ein Verfahrensmangel aufgezeigt und vorliegen könnte, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen kann. Nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
a) Soweit der Kläger sich gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen die Sachverständige D mit Beschluss des LSG vom 20.9.2011 wendet und insbesondere rügt, dass nicht der Berichterstatter, sondern der gesamte Senat über den Befangenheitsantrag hätte entscheiden müssen, ist ein Verfahrensmangel nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung des Klägers war das Gericht bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht unrichtig besetzt. Ist ein Berichterstatter bestimmt, so entscheidet er über die Befangenheit des von ihm ernannten Sachverständigen (vgl § 155 Abs 1 SGG iVm §§ 106 Abs 4, 118 Abs 1 SGG iVm § 406 Abs 4 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 155 RdNr 4; Sommer in BeckOGK, SGG, Stand: 1.11.2022, § 155 RdNr 7). Die "Erinnerung" des Klägers gegen den ablehnenden Beschluss hat der Berichterstatter als zuständiger iudex a quo zu Recht als unzulässig qualifiziert. Die Entscheidung eines LSG über ein Befangenheitsgesuch stellt im Übrigen eine nicht anfechtbare Vorentscheidung dar (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG, der nicht auf § 406 Abs 5 ZPO verweist, sowie § 177 SGG; s dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 118 RdNr 12o), die nicht der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO; vgl BSG Urteil vom 15.3.1995 - 5 RJ 54/94 - SozR 3-1500 § 170 Nr 5 S 8). Ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann allenfalls dann angenommen werden, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind, oder wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs darauf hindeutet, dass das Gericht - in Bezug auf die Behandlung von Ablehnungsgesuchen gegen Richter - Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.6.2021 - B 5 R 52/21 B - juris RdNr 14 mwN; BSG Beschluss vom 9.9.2021 - B 5 R 149/21 B - juris RdNr 12). Dies ist hier nicht ersichtlich.
b) Ebenso wenig kommt ein Verstoß des LSG gegen seine Pflicht zur Amtsermittlung in Betracht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um das Berufungsgericht ausreichend vor einer Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht zu warnen, muss daher ein rechtskundig vertretener Beschwerdeführer sein zuvor geäußertes Beweisbegehren in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG als prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG wiederholen und protokollieren lassen (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 4 Satz 1 ZPO; vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.5.2021 - B 9 SB 71/20 B - juris RdNr 8 mwN).
Der Kläger, der seit der Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens am 8.11.2012 und auch in der mündlichen Verhandlung am 4.5.2022 durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten gewesen ist, hat in der mündlichen Verhandlung am 4.5.2022 ausweislich der Niederschrift keinen Beweisantrag gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass er seine mit Schriftsätzen vom 14.12.2010 (Bl 186 ff der LSG-Akten; 1. medizinisches Sachverständigengutachten zwecks Auswertung der ärztlichen Befunde - Zeitraum 1994 bis 2004 - der im folgenden genannten Fachärzte, bei denen der Kläger im Zeitraum 1994 bis 2004 in Behandlung war und 2. ein berufskundliches Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage, ob eine Tätigkeit von 6 Stunden täglich für einen Prüfungsleiter im Außendienst als vollschichtige Tätigkeit zu beachten ist), 19.4.2022 (Bl 1065 ff der LSG-Akten; Vernehmung des N zur Tätigkeit bei der K AG) und 3.5.2022 (Bl 1079 f der LSG-Akten; Vernehmung der Mitarbeiterin M oder des Mitarbeiter S der D) gestellten Anträge weiter verfolgen wollte, sind nicht ersichtlich. Es kann daher offenbleiben, ob sie den Anforderungen an prozessordnungsgemäße Beweisanträge genügt haben (vgl dazu zB BSG Beschluss vom 5.8.2022 - B 5 R 50/22 B - juris RdNr 8 mwN).
Das LSG hat im Übrigen mit Beschluss vom 9.3.2017 (Bl 570 der LSG-Akten) - wie vom Kläger begehrt - ein berufskundliches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. In Bezug auf den medizinischen Sachverhalt hat es auf Antrag des Klägers ein Gutachten des S (Beweisanordnung vom 27.8.2019; Bl 720 der LSG-Akten) sowie vier ergänzende Stellungnahmen eingeholt. Mit Schriftsatz vom 10.2.2021 (Bl 868 der LSG-Akten) hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausdrücklich mitgeteilt, dass kein weiteres Gutachten beantragt werde. Soweit der Kläger als Verletzung der Amtsermittlungspflicht und seines Anspruchs auf ein faires Verfahren rügt, dass das LSG die Übernahme der Kosten für das auf seinen Antrag des Klägers eingeholte Gutachten nach § 109 SGG abgelehnt hat (Beschluss vom 4.7.2022), kommt ein Verfahrensmangel von vornherein nicht in Betracht. Es handelt sich insoweit um eine eigenständige und nicht mit der Beschwerde anfechtbare Entscheidung des LSG (vgl § 177 SGG; Beschluss des Senats vom 16.8.2022 - B 5 R 43/22 BH). Darüber hinaus ist eine Verletzung von § 109 SGG nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht geeignet, eine Zulassung der Revision zu begründen.
In Bezug auf die zuletzt mit Schriftsatz vom 19.4.2022 beantragte Vernehmung des Herrn N hat das LSG dem Kläger mit Schreiben vom 25.4.2022 (Bl 1068 der LSG-Akten) mitgeteilt, dass eine Vernehmung im Termin nicht beabsichtigt sei. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger seinen Antrag danach wiederholt hätte. Zudem hat das LSG im Urteil ausgeführt, dass nach seiner Auffassung keine Veranlassung bestanden habe, Herrn N zu der vom Kläger zuletzt bei der K AG ausgeübten Tätigkeit zu vernehmen. Bei der Beurteilung der Berufsfähigkeit komme es nicht auf die Fähigkeit an, einen konkreten Arbeitsplatz mit seinen Besonderheiten, sondern eine für das Berufsbild repräsentative Tätigkeit mit ihren typischen Arbeitsabläufen und Belastungssituationen vollwertig ausüben zu können (Bl 20 des Urteilumdrucks). Ausgehend von dieser Rechtsposition des LSG ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Sachaufklärungsrüge erfolgreich erhoben werden könnte.
Auch hinsichtlich der zuletzt mit Schriftsatz vom 3.5.2022 begehrten Vernehmung eines Mitarbeiters der ehemaligen privaten Krankenversicherung des Klägers ist der Sitzungsniederschrift vom 4.5.2022 nicht zu entnehmen, dass ein entsprechender Beweisantrag bis zum Schluss aufrechterhalten worden wäre.
c) Soweit der Kläger der Auffassung ist, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) sei durch die Verhandlungsführung des LSG sowie das angebliche Ignorieren zahlreicher von ihm vorgetragener entscheidungserheblicher Gesichtspunkte verletzt, lässt sich dies ebenfalls nicht feststellen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt vor, wenn die Entscheidung auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen die Beteiligten sich nicht äußern konnten (stRspr; vgl zB BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 3.5.2021 - 2 BvR 1176/20 - juris RdNr 21 mwN), oder wenn das LSG seine Pflicht verletzt hat, das Vorbringen der Beteiligten in seine Erwägungen miteinzubeziehen (stRspr; vgl BVerfG Beschluss ≪Kammer≫ vom 20.5.2022 - 2 BvR 1982/20 - juris RdNr 40 mwN). Daraus folgt jedoch weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage noch die Pflicht, bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung oder einer sie ersetzenden Anhörung die endgültige Beweiswürdigung bereits darzulegen. Ebenso wenig muss das Gericht Sachverhaltsdarstellungen und Wertungen von Beteiligten nachvollziehen. Geboten ist vielmehr lediglich dann ein Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (BSG Beschluss vom 25.8.2022 - B 5 R 11/22 B - juris RdNr 8 f; BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 14 AS 4/17 B - juris RdNr 2 mwN). Zudem ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden, weshalb sich eine Gehörsverletzung insoweit nur aus den besonderen Umständen des Falls ergeben kann (vgl stRspr; zB BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 - juris RdNr 44; BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 10.2.2020 - B 14 AS 16/19 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 20.10.2022 - B 10 ÜG 5/21 B - juris RdNr 15). Solche besonderen Umstände sind hier nicht erkennbar.
Eine Gehörsverletzung vermag der Kläger auch in Bezug auf die Beweisanordnung vom 25.5.2011 (Bl 237 ff der LSG-Akten) nicht mit Erfolg geltend zu machen. Es ist bereits zweifelhaft, ob ihm die Beweisanordnung mit der Bestellung von Frau D nicht frühzeitig bekannt war (zu den berufskundlichen Anlagen zur Beweisanordnung vgl Beschluss des Senats vom 9.10.2012 - B 5 R 168/12 B - SozR 4-1500 § 73a Nr 9 RdNr 13 ff.). Jedenfalls hat er sich in seinem Schreiben vom 28.6.2011 mit dieser Beweisanordnung auseinandergesetzt und die Sachverständige als befangen abgelehnt. Selbst wenn er erst durch die Einladung zur Untersuchung von der Beweisanordnung erfahren haben sollte, ist dem Kläger, wie er selbst ausführt, der Inhalt der entsprechenden Schriftstücke infolge der Akteneinsicht seines ehemaligen Prozessbevollmächtigten am 23.4.2013 bekannt geworden.
d) Sofern der Kläger beanstandet, dass das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 4.5.2022 unvollständig sei, weil diverses aus seiner Sicht erhebliches Vorbringen nicht vermerkt sei, lässt sich weder dem Vortrag des Klägers noch den Akten entnehmen, dass der Kläger insoweit auf eine Protokollberichtigung nach § 122 SGG iVm § 164 ZPO hingewirkt hätte (vgl zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 14 AS 4/17 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 30.10.2013 - B 9 V 6/13 B - juris RdNr 7). In das Protokoll sind im Übrigen nach § 122 SGG iVm § 160 Abs 2 ZPO nur die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen. Dass hiergegen verstoßen worden wäre, ist nicht erkennbar.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, das LSG habe sich in seinem Urteil zu Unrecht auf den Zeitraum ab Juli 2004 beschränkt und damit bei seiner Entscheidung einen wesentlichen, möglicherweise entscheidungserheblichen Gesichtspunkt ignoriert, entspricht dies dem von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 4.5.2022 gestellten Antrag ("… das Urteil des SG Köln vom 17.4.2019 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 13.6.2006 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung im Zeitraum 1.7.2004 bis 31.1.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen."). Mit dem Vortrag, es sei zwingend erforderlich gewesen, auch den Zeitraum vor Juli 2004 in den Blick zu nehmen, wendet sich der Kläger im Kern gegen die Beweiswürdigung durch das LSG. Hierauf kann nach dem klaren Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfolgreich gestützt werden. Dass das LSG möglicherweise selbst zeitweise zu früheren Zeiträumen ermittelt hat, hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht beeinträchtigt und begründet keinen Verfahrensmangel wegen "treuwidrigen Verhaltens".
Sofern der Kläger eine verkürzte Darstellung des Tatbestands im Urteil vom 4.5.2022 rügt, lässt sich eine Verletzung von § 136 Abs 1 Nr 5, Abs 2 SGG nicht feststellen. Zum einen ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung gemäß § 139 SGG vor dem LSG gestellt hat. Zum anderen ist nicht zu erkennen, dass dem LSG bei der Abfassung des Tatbestands nach § 136 Abs 1 Nr 5 SGG ("gedrängte Darstellung des Tatbestandes") ein schwerwiegender Fehler unterlaufen ist, der als Verfahrensmangel im Rahmen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG erfolgreich gerügt werden könnte. Letzteres ist insbesondere beim völligen Fehlen des Tatbestandes oder der wesentlichen tatsächlichen Grundlagen des Urteils, bei Widersprüchlichkeit und Unklarheit der Fall (BSG Urteil vom 29.1.1985 - 8 RK 53/84 - juris RdNr 18). Ob ein Fehler schwerwiegend ist, ist ausgehend von der Funktion des Tatbestands zu beurteilen, der ua die Grundlage für die Nachprüfung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz bildet (vgl BSG Beschluss vom 26.10.2022 - B 5 R 101/22 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 22.3.2022 - B 7/14 AS 393/21 B - juris RdNr 9). Der Kläger ist der Auffassung, das LSG habe die von ihm insbesondere mit Schriftsatz vom 4.9.2013 aufgezeigten Mängel an den Gutachten nicht ausreichend wiedergegeben und seine sachlich begründete Kritik ignoriert. Daraus folgt allerdings nicht, dass der Tatbestand ungeeignet ist, Grundlage für die Nachprüfung des Urteils des LSG in der Revisionsinstanz zu sein. Vielmehr handelt es sich bei der vom Kläger in dem Schriftsatz geäußerten Kritik an den Gutachten um seine persönliche Würdigung in Bezug auf die bis dahin vorgelegten Gutachten und nicht um erforderliche Tatsachenfeststellungen, die Grundlage für die Nachprüfung des Urteils des LSG in der Revisionsinstanz wären.
e) Auch im Hinblick auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 5.6.2019 sind keine Verfahrensmängel ersichtlich. Soweit es Probleme bei der Ladung des Klägers gegeben hat, die nicht notwendig durch eine förmliche Zustellung zu erfolgen hat, hat er selbst vorgetragen, am 9.4.2019 die ursprüngliche Terminmitteilung des LSG für den Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.5.2019 (Schreiben vom 7.3.2019) erhalten zu haben. Von der Verlegung des Termins auf den 5.6.2019 hat der Kläger - wie er ebenfalls selbst vorträgt - mit Schreiben vom 29.3.2019, das ihm ausweislich seines handschriftlichen Vermerks am 1.4.2019 zugegangen ist, Kenntnis erlangt. Das LSG ist dem mit Schreiben vom 4.6.2019 vom Prozessbevollmächtigten des Klägers gestellten Antrag auf Aufhebung des Termins am 5.6.2019 nicht nachgekommen. Hierüber hat das LSG den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 4.6.2019 per Fax informiert. Ausweislich der Sitzungsniederschrift war der Prozessbevollmächtigte des Klägers sodann im Termin am 5.6.2019 anwesend. Es ist nicht ersichtlich, dass er in Bezug auf den Auslandsaufenthalt des Klägers und seine damit bedingte Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung einen erneuten Vertagungsantrag gestellt hat. Das LSG hat den Rechtsstreit zudem im Termin tatsächlich vertagt, sodass der Kläger im Anschluss ausreichend Möglichkeit hatte, weiter vorzutragen. Hiervon hat er ausweislich der Akten auch Gebrauch gemacht. Das Urteil des LSG ist erst knapp zwei Jahre nach dem Termin am 5.6.2019 nach weiterer mündlicher Verhandlung am 4.5.2022, an der der Kläger teilgenommen hat, ergangen.
f) Soweit der Kläger schließlich eine überlange Verfahrensdauer rügt, ist nicht ersichtlich, dass und warum für ihn trotz der Entschädigungsregelung in § 198 GVG die Überlänge eines Gerichtsverfahrens gleichwohl noch einen Verfahrensmangel begründen könnte (vgl hierzu BSG vom 15.10.2015 - B 9 V 15/15 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 22.1.2018 - B 14 AS 27/17 BH - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 10.3.2022 - B 11 AL 64/21 B - juris RdNr 6).
g) Ebenso wenig bestünde ein rügefähiger Verfahrensmangel darin, dass der Kläger letztlich der Auffassung ist, dass die Entscheidung des LSG falsch sei. Der Kläger wendet sich damit im Kern gegen die - aus seiner Sicht unzutreffende - Beweiswürdigung durch das LSG, die nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der Nachprüfung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich entzogen ist.
3. Da dem Kläger mithin PKH nicht zusteht, entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15554621 |