Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.05.2017; Aktenzeichen L 8 SB 619/16)

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 27.11.2015; Aktenzeichen S 8 SB 3105/14)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Mai 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 19.5.2017 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 27.11.2015 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG, ihr zugestellt am 2.6.2017, hat die Klägerin mit einem von ihr verfassten und unterzeichneten Schreiben vom 27.6.2017 sinngemäß Beschwerde ("Widerspruch") eingelegt. Mit weiterem Schreiben vom 27.6.2017 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich um einen Rechtsanwalt kümmern werde, dafür aber noch etwas Zeit benötige, da sie aufgrund des Todes ihrer Mutter am 14.5.2017 dafür bislang noch keine Zeit gehabt habe und bis heute in Trauer sei. Die Schreiben vom 27.6.2017 sind am 29.6.2017 beim BSG eingegangen. Die Erklärung der Klägerin über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe vom 11.7.2017 ist am 12.7.2017 beim BSG eingegangen.

Die Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

Für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich Voraussetzung, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I, 34) in neuer Fassung eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (vgl BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG Beschluss vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B; BGH VersR 1981, 884; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6; BVerfG NJW 2000, 3344). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat bis zum Ablauf der einmonatigen - als gesetzliche Frist nicht verlängerbaren - Beschwerdefrist, die am Montag, dem 3.7.2017 endete (§ 160a Abs 1, § 64 Abs 2 und 3 SGG), weder den Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt noch die erforderliche Erklärung vorgelegt. Die Erklärung ist am 12.7.2017 und damit erst nach Fristablauf beim BSG eingegangen.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin iS von § 67 SGG ohne Verschulden verhindert war, die genannte Frist einzuhalten. Das LSG hatte die Klägerin in der der Entscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung sowie den Erläuterungen zur PKH zutreffend darüber belehrt, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte Erklärung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Der Vortrag der Klägerin, dass sie sich um die Beerdigung ihrer Mutter habe kümmern müssen und bis heute in Trauer sei und deshalb noch etwas Zeit benötige, um sich um einen Rechtsanwalt zu kümmern, ist in dieser Form nicht geeignet, eine unverschuldete Versäumung der Frist glaubhaft zu machen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung schließt selbst eine Krankheit ein Verschulden nur dann aus, wenn der Betroffene so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch nicht einen Anderen beauftragen kann (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 67 RdNr 7c mwN). Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie infolge der - nachvollziehbaren - Trauer um ihre Mutter in vergleichbarer Weise willens- und handlungsunfähig war.

Da der Klägerin keine PKH zusteht, kann sie auch keine Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Die Beschwerde ist unzulässig; sie entspricht nicht der gesetzlichen Form. Die Klägerin konnte die Beschwerde, worauf in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils zutreffend hingewiesen worden ist, wirksam nur durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) einlegen lassen, zumal sie nicht selbst zu dem vor dem BSG vertretungsbefugten Personenkreis gehört.

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11261216

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge