Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 23.01.2017; Aktenzeichen S 91 AS 30091/14) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.10.2019; Aktenzeichen L 5 AS 382/17) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Oktober 2019 - L 5 AS 382/17 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall.
Es ist nicht zu erkennen, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die vom Kläger angestrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG erfolgreich zu begründen. Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakten ersichtlich.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der Entscheidung der Vorinstanz, der Kläger habe für den Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2014 keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Kleidung und Schuhe sowie für Verkehr/Mobilität nach § 21 Abs 6 SGB II, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten erhöhten Bedarf aufgrund "Übergröße". Ob, wie es in § 21 Abs 6 SGB II heißt, "im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht", ist einer grundsätzlichen Klärung in einem durchzuführenden Revisionsverfahren nur eingeschränkt zugänglich. Selbst wenn es gelänge, insoweit eine Rechtsfrage zur Auslegung des § 21 Abs 6 SGB II zu formulieren, fehlte es doch an einer Klärungsfähigkeit, weil das LSG die Unabweisbarkeit mit der Begründung verneint hat, es sei auf der Grundlage des klägerischen Vortrags nicht ersichtlich, dass ein konkreter Bedarf im Hinblick auf die Neuanschaffung von Schuhen oder Bekleidung bestanden habe. Das LSG hat gerade nicht die - verallgemeinerbare - Aussage getroffen, im Hinblick auf Bekleidung oder Schuhe in "Übergröße" scheide die Gewährung eines Mehrbedarfs aus. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der im gerichtlichen Verfahren allein vorgetragen hat zu generell höheren Preisen für Bekleidung und Schuhen in "Übergröße" sowie zur vermeintlichen Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfsfestsetzung, im Hinblick auf die Feststellung des LSG zum Nichtbestehen eines (unabweisbaren) Bedarfs erfolgreich eine Verfahrensrüge erheben könnte.
Die Entscheidung des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Divergenz kommt ausschließlich in Betracht, wenn das LSG einen Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, derartige abweichende Rechtssätze, auf denen die Entscheidung beruht, zu benennen.
Schließlich ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ua eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) durch eine - behauptete - verweigerte Akteneinsicht rügt, ist für einen Verfahrensfehler nichts ersichtlich. Das LSG durfte über die Berufung des Klägers im Termin am 30.10.2019 entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung (erneut) einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hat. Ausweislich der Gerichtsakten ist dem Kläger zuletzt mit Schreiben vom 16.10.2019 Akteneinsicht angeboten worden, dessen Erhalt der Kläger bestreitet. In dem angegriffenen Urteil weist das LSG darauf hin, dass der Kläger im Parallelverfahren L 5 AS 1973/16(vgl hierzu Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Verfahren B 14 AS 113/19 BH; vgl ferner weitere den Kläger betreffende Beschlüsse in den Verfahren B 14 AS 70/19 BH und B 14 AS 249/19 B) Einsicht in die (identischen) Verwaltungsakten des Beklagten genommen habe und die Gerichtsakte nichts enthalte, was dem Kläger nicht bekannt sei.
Verfahrensfehler des LSG sind auch im Hinblick auf die weiteren, in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge des Klägers nicht ersichtlich. Dies gilt ebenfalls, soweit der Kläger zunächst den Vorsitzenden und sodann den gesamten Senat des LSG wegen "Befangenheit und Rechtsbeugung und wegen Nichtanwendung gültiger Gesetze" abgelehnt hat, worüber der LSG-Senat unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entschieden hat, weil es das Ablehnungsgesuch als offensichtlich unzulässig angesehen hat. Das Ablehnungsgesuch erging ausweislich des Sitzungsprotokolls, nachdem der Kläger beantragt hatte, den Sachverhalt wortwörtlich zu protokollieren, woraufhin der Vorsitzende den Hinweis gegeben hat, hierauf gebe es keinen Anspruch und der Senat - nach Unterbrechung der mündlichen Verhandlung - den Antrag auf Protokollierung durch sofort verkündeten Beschluss abgelehnt hat. Vor diesem Hintergrund lässt die Bewertung der Ablehnungsgesuche als unzulässig (vgl hierzu nur BVerfG vom 19.6.2012 - 2 BvR 1397/09 - BVerfGE 131, 239, 252 f) Verfahrensfehler nicht erkennen.
Soweit der Kläger darüber hinaus unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 24.9.2019, mit dem er ua einen "Beweisantrag auf Erstellung eines wissenschaftlichen regionalstatistischen aktuellen Preisgutachtens … für jeden Einzelbedarf im Hartz-IV-Regelsatz" gestellt und die "Beiziehung der Akten (mit Inhaltsverzeichnis) des BMAS" beantragt hatte, die "Nicht-Berücksichtigung von Beweisanträgen" rügt, ist nicht ersichtlich, dass es einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten gelänge, eine Aufklärungsrüge (vgl § 103 Satz 1 SGG) erfolgreich zu begründen. Das LSG ist den Anträgen mit der Begründung nicht nachgegangen, es handele sich nicht um Beweisanträge im prozessrechtlichen Sinn und die nach Ansicht des Klägers zu klärenden Tatsachen seien - ausgehend ua vom Standpunkt des LSG, der Mehrbedarf sei nicht hinreichend substantiiert - nicht erheblich. Dies lässt einen Verfahrensfehler nicht erkennen.
Fundstellen
Dokument-Index HI14206890 |