Entscheidungsstichwort (Thema)

Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage. Doppelversorgung des Beamten bei eigener Beitragsleistung. Herausstellung eines abweichenden Rechtssatzes

 

Orientierungssatz

Zur Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage - Doppelversorgung des Beamten bei eigener Beitragsleistung - Herausstellung eines abweichenden Rechtssatzes:*

1. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die Beantwortung der vom Beschwerdeführer bezeichneten Rechtsfrage unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen ist, also schon aus sich ohne weiteres zu beantworten ist.

2. § 576 Abs 1 S 2 RVO stellt nicht darauf ab, wer die Beitragsleistungen für die Unfallversicherung erbracht hat.

3. Die bloße Erklärung, das LSG sei von dem vom BSG zum "Ausdruck gebrachten" Rechtsgrundsatz der grundsätzlichen Gleichstellung von Beamten bei Arbeits- und Dienstunfällen abgewichen, reicht zur Herausstellung eines abweichenden Rechtssatzes des LSG nicht aus.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3; RVO § 576 Abs 1 S 2; SGG § 160 Abs 2 Nr 2

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 13.07.1988; Aktenzeichen L 3 U 140/87)

 

Gründe

Die Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Zahlung der ihr zustehenden Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ohne eine Kürzung nach § 576 Abs 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder hilfsweise auf Festsetzung des zugrunde zu legenden Jahresarbeitsverdienstes nach dem Jahresbetrag der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge ohne Erfolg geblieben (Bescheide der Beklagten vom 28. Januar 1986 und 6. Mai 1986; Urteile des Sozialgerichts vom 21. Juli 1987 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 13. Juli 1988).

Zur Begründung ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie mißt der Frage, ob das Verbot der Doppelversorgung bei einem Unfall eines Beamten auch dann gelten soll, wenn die für die gesetzliche Unfallversicherung aufgewendeten Beiträge ausschließlich von ihm selbst aufgebracht worden seien, grundsätzliche Bedeutung zu. Die Klägerin trägt ferner vor, das Berufungsurteil beruhe auf einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form.

1. Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Grundsätzliche Bedeutung hat das angestrebte Revisionsverfahren nur, wenn der Rechtsstreit sich in seiner Bedeutung nicht in diesem Einzelfall erschöpft, sondern dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren oder die Entwicklung des Rechts zu fördern. Das ist dann der Fall, wenn die für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, S 29 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die Beantwortung der vom Beschwerdeführer bezeichneten Rechtsfrage unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen ist, also schon aus sich ohne weiteres zu beantworten ist, ferner wenn die Rechtsfrage überhaupt oder so gut wie unbestritten ist oder wenn sie schließlich revisionsrechtlich bereits ausreichend geklärt ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; Weyreuther aaO). Schon das erstere ist hier der Fall.

Nach den Feststellungen des LSG ist die Klägerin in ihrem Hauptberuf als Hauptschullehrerin Landesbeamtin und aufgrund ihrer nebenberuflichen Mitarbeit auf dem Reiterhof ihres Ehemannes bei der Beklagten als Unternehmerin pflichtversichert. Daß der Unfallrentenanspruch auch bei einer solchen Fallgestaltung der in § 576 Abs 1 Satz 2 RVO enthaltenen Auslegungsregel für die Schadensbemessung (vgl BSGE 22, 54, 59) unterliegt, steht mit dem angegriffenen Urteil des LSG außer Frage. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, wer die Beitragsleistungen für die Unfallversicherung erbracht hat. Dies folgt nicht nur aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, sondern auch aus dem Sinn dieser Regelung. Sie berücksichtigt, daß die Versorgung eines Beamten auch nach einem Arbeitsunfall gesichert ist und geht davon aus, daß bei außerdienstlichem Unfall eines aktiven Beamten, dessen Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade gemindert ist, nicht die Dienst- oder Versorgungsbezüge des Beamten, sondern die Unfallrente zu kürzen ist.

2. Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welcher genau bestimmten, entscheidungserheblichen Aussage das angegriffene Urteil von welcher genau bestimmten Aussage des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (vgl dazu BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29, 54). Daran fehlt es der Beschwerde. a) Eine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 18. Dezember 1979 - 2 RU 47/77 - ist schon deshalb nicht ausreichend dargetan, weil die Klägerin selbst vorträgt, daß hier ein wesentlich anderer Sachverhalt vorliegt und daß deshalb das LSG durch diese Entscheidung an der von ihr begehrten Berechnung ihrer Unfallrente nicht "gehindert gewesen" wäre.

b) Ebensowenig hat die Klägerin eine Abweichung zu den Urteilen des Senats in BSGE 22, 54 und 47, 161 (gemeint ist wohl: BSGE 47, 137) sowie vom 27. August 1981 - 2 RU 41/79 - ausreichend dargetan. Denn es fehlt bereits die Herausstellung eines abweichenden Rechtssatzes des LSG. Die bloße Erklärung, das LSG sei von dem vom BSG in den genannten Urteilen zum "Ausdruck gebrachten" Rechtsgrundsatz der grundsätzlichen Gleichstellung von Beamten bei Arbeits- und Dienstunfällen abgewichen, reicht hierfür nicht aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647488

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