Verfahrensgang
SG Chemnitz (Entscheidung vom 27.02.2018; Aktenzeichen S 11 KR 762/17) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 28.02.2020; Aktenzeichen L 1 KR 180/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 28. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Auf die Berufung der beklagten Krankenkasse (KK) hat das LSG das stattgebende Urteil des SG aufgehoben und die zugrundeliegende Klage, mit der die Klägerin Krankengeld (Krg) vom 2.5.2017 bis 17.5.2017 begehrte, abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf Krg ruhe nach § 44 Abs 1 und § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V in der bis 22.7.2015 geltenden Fassung iVm § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V, weil die am 2.5.2017 festgestellte Arbeitsunfähigkeit (AU), die AU bis zum 6.6.2017 attestierte, der Beklagten nicht innerhalb einer Woche gemeldet worden sei. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Klägerin ausweislich der Entlassungsmitteilung aus der Rehabilitationsmaßnahme am 28.4.2017 als arbeitsunfähig entlassen worden sei, vielmehr setze die abschnittsweise Bewilligung des Krg die rechtzeitige Vorlage der letzten AU-Bescheinigung an die Beklagte zur Überprüfung der Prognoseentscheidung des Arztes voraus. Dieser Meldeobliegenheit sei die Klägerin nicht rechtzeitig nachgekommen, weil die AU-Bescheinigung der Beklagten erst am 18.5.2017 zugegangen sei (Urteil vom 28.2.2020).
Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG im vorgenannten Urteil hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 28.2.2020 ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache "richtig" entschieden hat, erfolgt im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet worden sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG Beschluss vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage, "ob eine Benachrichtigung einer Reha-Einrichtung, welchen den Patienten als arbeitsunfähig meldet, genügend ist, um die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu erfüllen".
Mit dieser Frage - unabhängig davon, dass sie den vorliegenden Einzelfall schon deshalb nicht im Sinne einer Klärungsfähigkeit erfasst, weil sie die entscheidungserhebliche Relevanz der letzten AU-Bescheinigung außer Acht lässt - fehlt es an hinreichender Auseinandersetzung mit der bereits ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des BSG. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Meldung der AU eine Obliegenheit des Versicherten, deren Folgen bei unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Meldung grundsätzlich von diesem selbst zu tragen sind. Die Meldung ist in entsprechender Anwendung von § 130 Abs 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der KK zugegangen ist (so bereits BSG Urteil vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 - BSGE 52, 254, 257 = SozR 2200 § 216 Nr 5 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu § 216 RVO in BSGE 29, 271, 272 = SozR Nr 8 zu § 216 RVO). Bei verspäteter Meldung ist die Gewährung von Krg daher selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten kein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (stRspr, vgl BSG Urteil vom 19.10.1983 - 3 RK 29/82 - BSGE 56, 13 = SozR 2200 § 216 Nr 7; BSG Urteil vom 8.2.2000 - B 1 KR 11/99 R - BSGE 85, 271, 276 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4 S 15, SozR 3-2500 § 44 Nr 7). Die AU muss der KK vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat und wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der AU über die Weitergewährung des Krg neu zu befinden ist (stRspr, vgl nur BSG Urteil vom 8.2.2000 aaO). Der Anspruch auf abschnittsweise gewährtes Krg bleibt nach § 46 Satz 2 SGB V auch nur bestehen bis zu dem Tag, an dem eine weitere AU wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird. Diese neue AU-Bescheinigung ist der KK rechtzeitig zur Prüfung vorzulegen. Hiermit setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Sie nimmt nicht in den Blick, dass der Reha-Entlassungsbericht durch die AU-Feststellung vom 2.5.2017 mit einer AU-Feststellung bis zum 6.6.2017 "überholt" sein dürfte. Es fehlt in diesem Zusammenhang in der Beschwerdebegründung auch an einer Auseinandersetzung mit dem Vorliegen eines Ausnahmefalls, aufgrund dessen unter Berücksichtigung der BSG-Rechtsprechung von der regelmäßigen strikten Anwendung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V abgesehen werden kann (vgl zuletzt BSG Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - BSGE 127, 53 = SozR 4-2500 § 49 Nr 8 und BSG Urteil vom 26.9.2019 - B 3 KR 1/19 R - juris). Insofern bleibt unklar, in welcher Hinsicht darüber hinaus grundsätzlicher neuer Klärungsbedarf noch bestehen soll. Dass die Klägerin die vom LSG getroffene Entscheidung auf der Basis der Rechtsprechung des BSG für unzutreffend hält, stellt für sich genommen keinen Revisionszulassungsgrund dar (stRspr, vgl grundlegend BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7).
2. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14263596 |