Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. November 2021 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Beschwerde wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Die Klägerin, die in der Sache die Erteilung eines Bildungsgutscheins für eine berufliche Weiterbildung begehrt, und deren Klage in beiden Rechtszügen bereits als unzulässig beurteilt wurde, legt nicht schlüssig dar, dass die Klage zulässig sein könnte. Daher lässt sich schon die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen materiell-rechtlichen Frage zur Sperrwirkung des § 22 Abs 4 SGB III nicht beurteilen.
2. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision auch dann zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der § 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN).
a) Soweit die Klägerin rügt, das Berufungsgericht habe den Dispositionsgrundsatz verletzt, weil es über das Klagebegehren in der Sache entschieden habe, obwohl sie keinen Sachantrag gestellt habe, und es habe ein Sachurteil erlassen, obwohl es ausgehend von seiner Rechtsauffassung, dass die Klage bereits unzulässig sei, ein Prozessurteil hätte fällen müssen, sind ihre Darlegungen unzureichend (vgl zum Erlass eines Sach- anstelle eines Prozessurteils als Verfahrensfehler BSG vom 30.3.2015 - B 12 KR 102/13 B - juris RdNr 7; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 19). Die Beschwerde zeigt schon nicht schlüssig auf, dass das LSG ein Sachurteil hinsichtlich des Klagegegenstands gefällt hat. Ausweislich der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils, die die Beschwerdebegründung nahezu wörtlich widergibt, hat das LSG seine Entscheidung tragend allein auf die Unzulässigkeit der Klage gestützt. Zur Begründetheit der Klage hat es nur "im Übrigen", dh in nicht tragender Weise, Ausführungen gemacht (vgl BSG vom 4.3.2021 - B 5 R 308/20 B - juris RdNr 11).
b) Den geltend gemachten Aufklärungsmangel (§ 103 SGG) hat die Klägerin ebenfalls nicht anforderungsgerecht aufgezeigt. Es kann dahinstehen, ob sie ausreichend dargelegt hat, einen ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten zu haben (s zu diesem Erfordernis nur BSG 16.2.2023 - B 4 AS 138/22 B ua - juris RdNr 3). Jedenfalls trägt sie nicht schlüssig vor, dass das Urteil insoweit auf einem Mangel beruhen kann. Dazu ist darzulegen, dass die Möglichkeit besteht, dass der Verfahrensmangel das Urteil beeinflusst hat, es also nicht ausgeschlossen ist, dass das LSG ohne den Verfahrensmangel zu einem für den Beteiligten günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Dabei ist von der Rechtsauffassung des LSG auszugehen (BSG vom 27.2.2020 - B 4 AS 12/20 B - juris RdNr 4 mwN; vgl auch BSG vom 6.6.2023 - B 4 AS 131/22 B - juris RdNr 10 ff). Von dem Rechtsstandpunkt des LSG aus war die Frage eines Organisationsverschuldens, auf den sich die angestrebte Vernehmung von Zeugen bezieht, jedoch nicht erheblich. Das LSG hat - wie die Klägerin selbst vorträgt - die Klage bereits für unzulässig gehalten.
c) Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) durch Ablehnung ihres PKH-Antrags hat die Klägerin - unabhängig davon, ob sich dies als Frage des rechtlichen Gehörs darstellt (vgl dazu Höfling/Burkiczak in Höfling/Augsberg/Rixen, Berliner Kommentar zum GG, Art 103 RdNr 89 f, Stand April 2009) - nicht ausreichend dargelegt. Gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO unterliegen diejenigen Entscheidungen des Berufungsgerichts, die dem Endurteil vorausgegangen sind, der Beurteilung des Revisionsgerichts nicht, wenn sie unanfechtbar sind (vgl nur BSG vom 5.8.2003 - B 3 P 8/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 7). Da PKH-Beschlüsse des LSG gemäß § 177 SGG unanfechtbar sind, kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Rüge angeblich fehlerhafter PKH-Ablehnung gestützt werden (BSG vom 9.6.2010 - B 7 AL 202/09 B - juris RdNr 6; BSG vom 17.7.2020 - B 1 KR 3/20 BH - juris RdNr 19; BSG vom 12.3.2021 - B 4 AS 379/20 B - juris RdNr 4; aA in einem Obiter Dictum des BSG vom 9.10.2012 - B 5 R 168/12 B - SozR 4-1500 § 73a Nr 9 RdNr 5 ff). Ob etwas anderes gilt, wenn die Ablehnung von PKH auf Willkür beruht (so - jeweils nicht tragend - BSG vom 27.1.2020 - B 5 RE 3/19 B - juris RdNr 15 f; BSG vom 17.7.2020 - B 1 KR 3/20 BH - juris RdNr 19), kann dahinstehen, denn eine willkürliche Entscheidung behauptet die Klägerin nicht einmal.
d) Soweit die Klägerin schließlich als absoluten Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 4 ZPO) geltend gemacht hat, das LSG sei gemäß § 72 SGG zur Bestellung eines besonderen Vertreters verpflichtet gewesen, hat sie einen Verfahrensmangel ebenfalls nicht dargelegt. Sie trägt schon nicht vor, tatsächlich prozessunfähig zu sein (zur erwiesenen Prozessunfähigkeit als Voraussetzung für die Bestellung eines besonderen Vertreters s B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 72 RdNr 2), sondern führt lediglich aus, es sei "nicht auszuschließen", dass sie nicht prozessfähig sei.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Söhngen |
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Burkiczak |
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B. Schmidt |
Fundstellen
Dokument-Index HI16079215 |