Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 28.03.2018; Aktenzeichen L 20 KR 64/18) |
SG Bayreuth (Entscheidung vom 22.01.2018; Aktenzeichen S 6 KR 74/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. März 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 28.3.2018 den Anspruch des Klägers auf Krankengeld (Krg) über den 2.11.2016 hinaus bis zum 30.12.2016 verneint. Es hat sich auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 22.1.2018 bezogen und Folgendes ergänzt: Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, Hinweisblätter im Hinblick auf die Gewährung von Krg in anderen Sprachen (hier ungarisch) vorzuhalten. Vielmehr habe der Kläger entsprechend den Vorgaben des BSG im Urteil vom 11.5.2017 (B 3 KR 22/15 R - BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8) nicht alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seinen Krg-Anspruch zu wahren. Beim Praxisbesuch am 3.11.2016 habe er keinen persönlichen Kontakt zur behandelnden Ärztin gehabt, da er mangels Terminvereinbarung keinen sofortigen Termin bekommen habe. In einem Notfall hätte er einen Notdienst aufsuchen müssen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend und rügt eine Rechtsprechungsabweichung nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz nicht formgerecht dargetan hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 Abs 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger formuliert schon keine Rechtsfrage. Er ist aber der Ansicht, dass die ordnungsgemäße Belehrung über den Krg-Bezug in seiner Heimatsprache hätte erfolgen müssen. Dies ergebe sich aus dem koordinierenden europäischen Sozialrecht (Art 11 Abs 3 VO ≪EG≫ Nr 883/2004) und aus dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot, wenngleich die Ausgestaltung der jeweiligen sozialen Sicherungssysteme Aufgabe des jeweiligen Mitgliedstaates sei. Überdies stützt der Kläger die grundsätzlich Bedeutung der Rechtssache auf Passagen aus mehreren zitierten Urteilen des BSG (Nachweise auf S 3 f der Beschwerdebegründung).
Dieser Vortrag genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache. Es fehlt bereits das Aufzeigen einer konkreten rechtlichen Fragestellung zur Auslegung bzw Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts (§ 162 SGG). Sofern der Kläger die grundsätzliche Bedeutung mit Vorschriften des europäischen Sozialrechts begründen will, fehlt es bereits an hinreichender Darlegung, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, der die Anwendung der Koordinierungsverordnung nach dem Wortlaut von Art 2 Abs 1 und Abs 2 VO (EG) Nr 883/2004 eröffnen könnte (vgl Spiegel in Fuchs ≪Hrsg≫, Europäisches Sozialrecht, 7. Aufl 2018, Art 2 VO ≪EG≫ Nr 883/2004 RdNr 6 und 15 mwN für die Rspr des EuGH). Allein aus dem Umstand, dass der Kläger der Meinung ist, er habe über den Krg-Bezug in seiner Heimatsprache belehrt werden müssen, ist ein solcher grenzüberschreitender Sachverhalt nicht hinreichend plausibel belegt. Im Übrigen wäre es zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erforderlich gewesen, dass sich der Kläger mit der von ihm selbst zitierten Rechtsprechung des BSG, insbesondere dem Urteil vom 11.5.2017 (aaO) näher auseinandersetzt und aufzeigt, dass und aus welchen Gründen erneuter Klärungsbedarf entstanden sei. Daran fehlt es.
2. Der Kläger hat auch eine Divergenz nicht formgerecht dargetan. Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Der Kläger ist der Ansicht, dass das angefochtene Berufungsurteil von dem vorgenannten Urteil des BSG vom 11.5.2017 (aaO) abweiche. Es fehlt aber an einer Gegenüberstellung zweier abstrakter Rechtssätze aus dem Urteil des BSG und aus dem Urteil des LSG, die voneinander abweichen. Es reicht nicht aus, dass der Kläger lediglich seine eigene Rechtsansicht zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit des Berufungsurteils darlegt. Hieraus lässt sich keine Divergenz ableiten. Die behauptete Unrichtigkeit des Berufungsurteils stellt keinen Revisionszulassungsgrund dar (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - Juris RdNr 16 ff).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12903249 |