Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 22.11.2017; Aktenzeichen L 1 R 237/15)

SG Magdeburg (Entscheidung vom 08.05.2015; Aktenzeichen S 42 R 1453/12)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. November 2017 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Das LSG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 22.11.2017 (L 1 R 237/15) einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger nicht vorgelegt.

II

1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für das Verfahren über seine Beschwerde ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Für die Bewilligung von PKH und die damit verbundene Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes Voraussetzung, dass nicht nur der Antrag auf PKH, sondern auch die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem dafür vorgeschriebenen Erklärungsformular (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 117 Abs 2 bis 4 ZPO) bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht wird (BSG Beschluss vom 13.4.1981 - 11 BA 46/81 - SozR 1750 § 117 Nr 1; BSG Beschluss vom 30.4.1982 - 7 BH 10/82 - SozR 1750 § 117 Nr 3; BSG Beschluss vom 30.1.2017 - B 5 R 30/16 R - Juris RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 20.10.1981 - 2 BvR 1058/81 - SozR 1750 § 117 Nr 2; BVerfG Beschluss vom 13.4.1988 - 1 BvR 392/88 - SozR 1750 § 117 Nr 6; BVerfG Beschluss vom 7.2.2000 - 2 BvR 106/00 - NJW 2000, 3344).

Dies ist hier nicht geschehen. Zwar ist der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist, die für den Kläger mit Ablauf des 4.1.2018 endete (§ 160a Abs 1 S 2 SGG), beim BSG eingegangen. Die Erklärung hat der bereits anwaltlich vertretene Kläger dem BSG indessen nicht vorgelegt, obwohl er in den Erläuterungen zur PKH im Urteil des LSG ausdrücklich darüber belehrt worden ist.

Anhaltspunkte für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) sind nicht ersichtlich.

Im Übrigen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO). Denn die unabhängig vom Antrag auf PKH eingelegte Beschwerde des Klägers ist unzulässig (hierzu unten 2.).

Damit entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 22.11.2017 ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

a) Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdeschrift vom 14.12.2017 sowie der ergänzenden Begründung vom 28.12.2017 vor allem auf Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Insbesondere macht er geltend, das LSG habe es abgelehnt, ein Gesamtgutachten eines medizinischen Sachverständigen "über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und seiner Nichtarbeitsfähigkeit" einzuholen. Dies sei im Berufungsverfahren mehrfach beantragt worden. Zudem seien die "Erkrankungen des Klägers, die ärztlichen Befundberichte vom Landessozialgericht im Berufungsurteil falsch und fehlerhaft ausgelegt und gewertet worden" bzw das LSG habe "in mehreren Punkten fehlerhafte Wertungen und Würdigungen vorgenommen".

Der Kläger rügt mithin eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) und eine fehlerhafte Beweiswürdigung des LSG. Er erfüllt die Zulässigkeitsanforderungen einer Nichtzulassungsbeschwerde insoweit jedoch nicht. Denn gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann die Rüge eines Verfahrensmangels nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen solchen Beweisantrag hat der Kläger - anders als erforderlich - bereits nicht so konkret benannt, dass er für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbar wäre (stRspr; vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - Juris RdNr 6 mwN). Zudem hat der bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger entgegen den insoweit geltenden Anforderungen nicht vorgetragen, dass der Beweisantrag in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG ausdrücklich aufrechterhalten worden sei (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 18c mwN).

b) Auch soweit sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen aus § 160a Abs 2 S 3 SGG. Denn der Kläger hat schon keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert (vgl allgemein BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - Juris = BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - Juris = BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - Juris = BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 181).

c) Die Zulässigkeitsanforderungen werden schließlich nicht erfüllt, wenn der Kläger der Auffassung ist, das LSG habe "eine falsche und fehlerhafte Entscheidung getroffen", mit der er sich grundsätzlich nicht einverstanden erklären könne und darüber hinaus auf zahlreiche Erkrankungen und damit verbundene Einschränkungen verweist. Denn auf die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12037989

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge