Orientierungssatz
Aus dem Wort "kann" in § 49 Abs 1 AFG folgt, daß die Gewährung von Einarbeitungszuschüssen in das Ermessen der Bundesanstalt für Arbeit gestellt ist.
Normenkette
AFG § 49 Abs 1
Gründe
Die Klägerin, ein graphischer Betrieb, wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Einarbeitungsausschuß (EZ) nach § 49 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) durch die Beklagte, den sie aus Anlaß der Umstellung von Bleisatz auf Fotosatz für verschiedene Arbeitnehmer ihres Betriebes beantragt hat. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, daß die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht den ihr nach § 49 Abs 1 AFG eingeräumten Ermessensspielraum verletzt habe. Die Beklagte habe bei der Prüfung, ob EZ zu gewähren sei, dies sachgerecht im wesentlichen davon abhängig machen dürfen, inwieweit diese Leistung überwiegend für die Arbeitnehmer oder für den Betrieb von Vorteil ist. Das LSG hat festgestellt, daß Arbeitskräfte, die mit der herkömmlichen Druckmethode vertraut waren, im fraglichen Zeitraum nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien und sie vom Druckgewerbe weiterhin benötigt wurden, weil in der neuen Technik ausgebildete Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht vorhanden waren. Infolgedessen wäre die Gewährung von EZ in erster Linie dem Betrieb zugute gekommen im Sinne einer (Teil-)Subventionierung. Im übrigen dürfe sich die Beklagte bei der Ablehnung auch auf finanzielle Gesichtspunkte im Sinne einer sachgerechten Belastung der Solidargemeinschaft berufen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde.Sie kann damit jedoch keinen Erfolg haben. Soweit die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Zulassungsgrund geltend macht, ergibt ihr Vorbringen nicht deren Klärungsbedürftigkeit durch das Revisionsgericht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise. Entscheidungen über Anträge auf EZ nach § 49 AFG trifft die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen; dies ist nach dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich in diesen Fällen darauf, ob die Verwaltung bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder ob sie von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Dies ist allgemeine Auffassung und entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, Anm 29 zu § 54 mwN; BSG SozR 4100 § 54 Nr 1, Urteile des Senats vom 14. Juli 1980 - 7 RAr 35/79 - und vom 23. September 1980 - 7 RAr 67/79 -). Soweit die Klägerin mit ihrem Vortrag, zu klären sei die allgemeine Rechtsfrage, ob eine Ermessensentscheidung dann revisibel sei, wenn sie sich auf eine unrichtige Anwendung des Gesetzes stützt, die Frage nach der Überprüfung von Ermessensentscheidungen in dem oa Sinne gemeint haben sollte, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit schon deshalb, weil diese Frage bereits geklärt ist.
Soweit die Klägerin ferner geltend macht, zu klären sei die unrichtige Anwendung des § 49 AFG im Zusammenhang mit anderen Regelungen durch das LSG, ergibt ihr Vorbringen ebenfalls nicht die ausreichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Die Klägerin führt insoweit lediglich ihre von der des LSG abweichende Auffassung zu Inhalt und Bedeutung des § 49 Abs 1 AFG an. Sie folgert allein daraus die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Dabei berücksichtigt sie jedoch nicht, daß der Beklagten bei der Anwendung des § 49 Abs 1 AFG ein Ermessensspielraum zusteht. Eine andere als die der Ermessensentscheidung zugrunde gelegte Bewertung des rechtlichen Inhalts der Ermächtigungsnorm muß deshalb nicht ohne weiteres die Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung zur Folge haben. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Beklagte mit ihrer - vom LSG bestätigten - Rechtsauffassung die Grenzen ihres Ermessensspielraumes überschritten hätte. Dies darzulegen ist Aufgabe des Beschwerdeführers, da sich sonst aus seinem Vorbringen nicht ergibt, daß die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren zwangsläufig geklärt werden muß (vgl dazu BSG SozR 4100 § 160a Nr 31). Selbst wenn man aber zugunsten der Beschwerdeführerin annehmen wollte, ihr Vorbringen zum rechtlichen Inhalt des § 49 Abs 1 AFG enthalte zugleich die Darlegung, die von der Beklagten vertretene Auffassung stelle ohne weiteres eine fehlerhafte Ausübung des Ermessens dar, fehlt es an der Darlegung der Grundsätzlichkeit der Rechtsfrage jedenfalls aus einem anderen Grunde.
Dafür ist nämlich auch erforderlich, daß sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt, daß von der angestrebten Entscheidung erwartet werden könne, sie sei geeignet, über den Einzelfall hinaus der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung zu dienen (vgl Hennig/Danckwerts/König, SGG, Erl 7.7.5 zu § 160a mwN). Die Klägerin hat dazu lediglich vorgetragen, es bedürfe "wohl keiner Ausführung", daß die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob eine Ermessensentscheidung revisibel sei, wenn sie auf unrichtiger Anwendung des Gesetzes beruhe; die Frage nach Inhalt, Sinn und Zweck des § 49 Abs 1 AFG und der dabei weiter zu berücksichtigenden Vorschriften des AFG sei für eine "unbestimmte Anzahl anderer gleichgelagerter Fälle" bedeutungsvoll und von der Rechtsprechung des BSG noch nicht geklärt. Dies reicht nicht aus, die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung im Sinne ihrer Grundsätzlichkeit zu erhellen.
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren selbst ausgeführt, daß der Tarifvertrag über die Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme vom 20. März 1978 eine Sicherung der Arbeitnehmer vorsehe, wodurch ihrer Meinung nach allerdings nicht das Recht auf EZ nach § 49 AFG entfallen sei. Sie weist ferner auf die für § 49 AFG geltende Regelung in § 47 Abs 2 AFG hin, wonach Leistungen insoweit nicht zu gewähren sind, als der Arbeitgeber gleichartige Leistungen erbringt oder voraussichtlich erbringen wird. Dieser Zusammenhang spricht dagegen, daß seit Inkrafttreten des oa Tarifvertrages in mit dem anhängigen Verfahren vergleichbaren Sachverhalten noch zahlreiche Ansprüche auf Leistungen nach § 49 AFG geltend gemacht worden sind, über die noch nicht entschieden wurde und für deren Beurteilung eine Entscheidung des BSG relevant sein könnte. Daß solche Ansprüche für die Zeit davor noch anhängen, hat die Klägerin nicht behauptet. Ihr Vortrag enthält allenfalls die Vermutung des Vorhandenseins gleichgelagerter Fälle. Das reicht für die Annahme der Grundsätzlichkeit der Rechtssache im Sinne ihrer über die Entscheidung im Einzelfall hinausgehenden Bedeutung nicht aus. Die Anforderungen an die Darlegung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG mögen um so niedriger sein, je ersichtlicher die mögliche Breitenwirkung der angestrebten Revisionsentscheidung auf der Hand liegt. Wenn jedoch Umstände vorliegen, die darauf hindeuten, daß eine aufgeworfene Rechtsfrage wesentlich nur für zurückliegende besondere Sachverhalte Bedeutung besitzen kann, muß von dem Beschwerdeführer das gleichwohl fortbestehende allgemeine Interesse an einer Entscheidung des Revisionsgerichts substantiiert dargelegt werden und darf sich nicht auf die in die Form einer Behauptung gekleidete Vermutung beschränken, daß es so sei.
Auch der von der Klägerin behauptete Mangel im Verfahren des LSG rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die Klägerin hat diesen nämlich nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise bezeichnet. Sie macht geltend, das LSG sei ihrem Antrag auf Einholung von Sachverständigengutachten ohne, bzw ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt und habe dadurch § 103 SGG verletzt; denn andernfalls hätte sich die Richtigkeit ihrer Auffassung erwiesen, daß durch die Einarbeitung eines Teils ihrer Arbeitskräfte in die moderne Drucktechnik im Ergebnis (auf Dauer) Arbeitslosigkeit verhütet, unterwertige Beschäftigung vermieden und berufliche Mobilität erhöht worden ist. Das LSG hätte sodann zu ihren Gunsten entschieden; darauf beruhe das Urteil. Dieses Vorbringen ist weder ausreichend noch schlüssig. Die Nichterhebung eines beantragten Beweises hat nur dann einen Verfahrensverstoß iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zum Inhalt, wenn das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu der Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Diese Voraussetzung erfordert es für eine zulässige Beschwerde, daß der Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge den sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG darstellt, der seiner Meinung nach die Beweiserhebung zwingend erfordert, ohne daß insoweit eine Prüfung der Akten oder des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers durch das Beschwerdegericht erforderlich ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Das hat die Klägerin hier nicht getan. Als Grund für die ihrer Meinung nach nötige Beweiserhebung führt sie im Gegenteil gerade ihre eigene sachlich-rechtliche Auffassung an, nämlich, daß es für die Anwendung des § 49 AFG auf die Frage der Vermeidung langfristiger Arbeitslosigkeit und der Förderung der beruflichen Mobilität der Arbeitnehmer ankomme. Die Auffassung des LSG hierzu wird in diesem Zusammenhang nicht dargestellt. Die Verfahrensrüge ist somit nicht hinreichend bezeichnet (vgl dazu auch Hennig/Danckwerts/König, SGG, Erl 7.9.3 zu § 160a).
Selbst wenn man insoweit aber die Ausführungen der Klägerin im Zusammenhang mit der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache genügen lassen wollte, ergäbe dies nicht den behaupteten Verfahrensmangel. Danach hat das LSG die Berufung nicht wegen einer nicht bestehenden Gefahr langfristiger Arbeitslosigkeit oder nicht fehlender beruflicher Mobilität zurückgewiesen, sondern weil es die Erwägung der Beklagten nicht für ermessensfehlerhaft gehalten hat, daß eine (Teil-)Subventionierung durch Leistungen nach § 49 AFG nicht erfolgen dürfe, diese aber wegen der aktuell bestehenden Arbeitskräftenachfrage im Druckgewerbe zu bejahen sei. Von dieser materiell-rechtlichen Auffassung des LSG her brauchte es sich aber nicht gedrängt zu fühlen, Beweise dafür zu erheben, ob die Gewährung von EZ geeignet sein könnte, "im Ergebnis (auf Dauer)" Arbeitslosigkeit zu vermeiden, bzw die Mobilität der Arbeitskräfte zu erhöhen. Schon gar nicht trifft dies für die weitere Erwägung des LSG zu, die Beklagte dürfte im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen auch finanzielle Überlegungen zugrunde legen. Das Vorbringen der Klägerin erweist sich sonach auch nicht als schlüssig.
Nach allem kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus der Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen