Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Wesentliche Besserung von Krankheiten, die zu Rückfällen neigen
Orientierungssatz
1. Zur Begründung der Grundsätzlichkeit einer Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat.
2. Änderungen iS des § 48 SGB 10 im medizinischen Bereich sind nicht nur objektiv nachweisbare Veränderungen im klinischen Bereich; vielmehr liegt eine wesentliche Änderung auch dann vor, wenn nach Ablauf eines längeren Zeitraums feststeht, daß Rückfälle wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten sind.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3; SGB 10 § 48 Abs 1 S 1; RVO § 551 Abs 1
Verfahrensgang
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Entziehung der bisher dem Kläger wegen der Folgen einer berufsbedingten Hepatitis gewährten Unfallrente streitig (Bescheid vom 26. Januar 1984 und Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1984; den Bescheid aufhebendes Urteil des Sozialgerichts vom 16. Juni 1987; klageabweisendes Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 24. Oktober 1989). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß bei einem Vergleich des Zustandes der Berufskrankheit, wie er bei Erteilung des Dauerrente bewilligenden Bescheides vom 24. Juli 1975 vorgelegen habe, und den entsprechenden Befunden im Zeitpunkt der Rentenentziehung eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung eingetreten sei. Besserungsmerkmale gegenüber 1975 seien insbesondere in einer Normalisierung der Blutsenkung und einer Besserung der Leistungsfähigkeit zu sehen. Seit der Begutachtung von 1975 sei die Hepatitis zwischenzeitlich abgeheilt und der Gesundheitszustand normalisiert. Auch wenn aufgrund nachträglich geänderter medizinischer Erkenntnisse zur Virushepatitis bereits zur Feststellung des für die Gewährung der Dauerrente maßgeblichen Gutachtens aus dem Jahre 1975 aus heutiger Sicht von einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht mehr hätte ausgegangen werden dürfen, so sei die Rentenentziehung gleichwohl gerechtfertigt. Denn Änderungen iS des § 48 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) im medizinischen Bereich seien nicht nur objektiv nachweisbare Veränderungen im klinischen Bereich; vielmehr liege eine wesentliche Änderung auch dann vor, wenn nach Ablauf eines längeren Zeitraums feststehe, daß Rückfälle wahrscheinlich nicht mehr zu erwarten seien, mithin eine wesentliche Konsolidierung im Krankheitsverlauf eingetreten sei.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Außerdem weiche das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) ab.
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangt diese Vorschrift, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54 und 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
Zur Begründung der Grundsätzlichkeit einer Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Daran fehlt es der Beschwerde.
Der Beschwerdeführer mißt der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iS des § 48 SGB X auch dann gegeben sei, wenn sich bei "unverändertem objektiven medizinischen Befund" aufgrund neuerer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse nunmehr herausstelle, daß bereits im Zeitpunkt der Bewilligung der Dauerrente keine MdE in rentenberechtigendem Grad vorgelegen habe. Diese Frage ist in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn nach den Feststellungen des LSG, von denen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auszugehen ist, liegen nach den Befunden von Frau Dr. G. Besserungswerte insbesondere in einer Normalisierung der Blutsenkung und einer Besserung der Leistungsfähigkeit (S 9 des Urteils). Nach den Feststellungen von Prof. Dr. S. stellen zudem das entscheidungserhebliche Besserungsmerkmal neben dem Zeitfaktor (gleichbleibende Normalisierung der Laborwerte bei einer zu Rückfällen neigenden Erkrankung), die "eindeutig gegebenen immunologischen Gegebenheiten" dar (S 12 des Urteils).
Aus diesen Gründen ist auch eine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 3. Oktober 1957 (BSGE 6, 25) nicht schlüssig dargelegt. Davon abgesehen unterscheidet sich der im vorliegenden Fall vom LSG festgestellte Sachverhalt wesentlich von demjenigen, der dem angezogenen Urteil zugrundelag. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall handelte es sich bei der vom Beschwerdeführer angeführten Entscheidung des BSG um einen Fall der Rentenentziehung bei einer "eindeutigen Fehldiagnose", ohne daß eine Besserung feststellbar war.
Soweit schließlich der Beschwerdeführer die Entscheidung des LSG materiell-rechtlich für falsch hält, macht er damit keinen der in § 160 Abs 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe geltend (s BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen