Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 28.04.1999) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. April 1999 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen (LSG) gerichtete und auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz gestützte Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran mangelt es.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Sie ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine vom Beschwerdeführer für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160 Nrn 53 und 54; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 63 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117; Krasney/Udsching, aaO IX, RdNr 66). Ist ein Urteil nebeneinander auf mehrere tragende Begründungen gestützt, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und formgerecht gerügt wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 5 und 38; BSG Beschluß vom 20. August 1996 – 2 BU 176/96 –; BSG Beschluß vom 17. Dezember 1997 – 2 BU 294/97 –; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 69).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung der Beklagten indes nicht. Für grundsätzlich bedeutsam hält sie die Auslegung und Anwendung des § 185 Abs 3 bis 5 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) in bezug auf eine Feuerwehr-Unfallkasse. Insbesondere ist sie der Auffassung, daß die Ermäßigungsregelung des § 20 Abs 3 ihrer Satzung im Einklang mit § 185 Abs 4 SGB VII steht. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie damit hinreichend eine klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen hat. Jedenfalls hat sie nicht beachtet, daß das LSG die Gesamtnichtigkeit der Satzungsbestimmungen über die Verteilung der Umlage auf zwei tragende Gründe gestützt hat, nämlich einmal darauf, daß die Vorschrift über den Beitragsnachlaß in § 20 Abs 3 ihrer Satzung inhaltlich mit § 185 Abs 4 SGB VII nicht und mit § 185 Abs 5 Satz 1 der Satzung nur bei Bildung von Risikogemeinschaften zu vereinbaren sei, die bei der Beklagten nicht bestünden und für die sie nicht einmal damit begonnen habe, das erforderliche Zahlenmaterial zusammenzustellen. Zum anderen hat das LSG seine Entscheidung auf den formalen Gesichtspunkt gestützt, daß es an der nach § 185 Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 und § 158 SGB VII erforderlichen Genehmigung der Satzungsbestimmung des § 20 Abs 3 durch die Aufsichtsbehörde fehle, weil durch die zum 1. Januar 1997 in Kraft getretene Neuregelung des § 185 Abs 5 SGB VII neue rechtliche Vorgaben für eine Berücksichtigung des Gefährdungsrisikos im Rahmen der satzungsrechtlichen Beitragsbestimmungen aufgestellt worden seien, die bei der damaligen Genehmigung der Vorschrift nicht hätten berücksichtigt werden können. Jede dieser beiden Begründungen reichte für sich genommen zu der Entscheidung des LSG aus, daß § 20 Abs 3 der Satzung der Beklagten gegen § 185 Abs 5 SGB VII verstößt, und zwar einmal in inhaltlicher, zum anderen in formaler Hinsicht. Die von der Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, in welche sie die Auslegung des § 185 Abs 5 SGB VII ausdrücklich einbezogen hat, bezieht sich nur auf die erste Begründung. Zur zweiten Begründung hat sie dagegen Ausführungen nicht gemacht.
Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG hat die Beklagte ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Diese ist nur dann für eine Zulassung der Revision ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welchem genau bestimmten entscheidungserheblichen Rechtssatz das angegriffene Urteil des LSG von welcher genau bestimmten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29 und 54). Hierzu trägt die Beklagte vor, das Urteil des LSG weiche teilweise von der Rechtsprechung des BSG ab. Seine Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ermäßigungsregelung des § 20 Abs 3 ihrer Satzung treffe auch für die Zeit nach dem Ende des Haushaltsjahres 1996 zu. Sie fußten „nicht nur auf dem Urteil des BSG vom 27. Juni 1974, sondern ausdrücklich auch auf dem Urteil des BSG vom 23. September 1997 (2 RV 21/96), in dem für den Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung festgestellt” werde, daß das Unfallrisiko für die Beitragsbemessung nicht die entscheidende Grundlage bilde und ein Vergleich mit den Berechnungsgrundlagen für die gewerblichen Berufsgenossenschaften den unterschiedlichen Gegebenheiten nicht gerecht würden. Es sei davon auszugehen, daß der Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschriften des SGB VII hieran nichts habe ändern wollen. Es habe kein Grund bestanden, von dem Urteil des BSG vom 27. Juni 1974 abzuweichen, wie es das LSG sowohl hinsichtlich der Begründung (Gesamtnichtigkeit der Satzungsbestimmungen über die Umlageverteilung) als auch im Ergebnis (Anwendung der Ermäßigungsklausel) getan habe.
Mit diesem Vorbringen hat die Beklagte eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht hinreichend bezeichnet. Dabei kann offenbleiben, ob sie die nach ihrer Auffassung voneinander abweichenden Rechtssätze und das Urteil des BSG, von dem das angefochtene Urteil des LSG abweichen soll, hinreichend bezeichnet hat. Jedenfalls hat sie nicht hinreichend begründet, daß sich die genannte Rechtsprechung (BSGE 38, 21 = SozR 2200 § 543 Nr 1; Urteil vom 23. September 1997 – 2 RU 21/96) auf die Auslegung von Vorschriften des Dritten Buchs der Reichsversicherungsordnung bezog, während das angefochtene Urteil des LSG den § 185 SGB VII und damit eine Vorschrift des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen neuen Rechts auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung auslegt. Die Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, daß im vorliegenden Fall das alte Recht mit dem neuen übereinstimmt, was Voraussetzung für eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG wäre. Insbesondere reicht ihr Vortrag, das LSG berufe sich auch unter Hinweis auf das Urteil vom 23. September 1997 auf das Solidaritätsprinzip und hebe die Bedeutung dieses Grundsatzes nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch für den grenzüberschreitenden Feuerwehreinsatz hervor und es sei davon auszugehen, der Gesetzgeber habe durch die Neufassung der Vorschriften des SGB VII hieran nichts wesentliches ändern wollen, nicht für die gebotene schlüssige Darlegung einer Übereinstimmung von altem mit neuem Recht.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen