Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz. nicht ausreichende Begründung der Abweichung von einem Rechtssatz des BSG
Orientierungssatz
Zeigt die Beschwerdebegründung nur auf, dass sich die in ihr wiedergegebenen abstrakten Rechtssätze des BSG und des LSG widersprechen, ist damit eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht schlüssig bezeichnet. Die Rechtseinheit ist erst dann betroffen im Sinne einer die Revision eröffnenden Abweichung, wenn das LSG dem BSG widersprochen und in Abweichung vom BSG einen anderen rechtlichen Maßstab entwickelt hat. Denn eine mit Hilfe der Revisionszulassung zu beseitigende Gefährdung der Rechtseinheit ist nur und erst zu befürchten, wenn die Ausführungen des LSG unzweifelhaft die Deduktion des gefundenen Ergebnisses aus einem sich aus der Entscheidung selbst wenigstens schlüssig ergebenden Rechtssatz, den das LSG als solchen auch vertreten und einem Rechtssatz des BSG entgegenhalten wollte, erkennen lassen (vgl BSG vom 27.1.1999 - B 4 RA 131/98 B = SozR 3-1500 § 160 Nr 26).
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. November 2014 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn das Urteil des LSG von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Diesen hier allein geltend gemachten Zulassungsgrund hat der Beklagte in der Begründung der Beschwerde nicht iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig bezeichnet.
Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 196 mwN).
Dem genügt die Beschwerdebegründung des Beklagten nicht, denn sie lässt insbesondere nicht erkennen, ob die in ihr bezeichnete Nichtübereinstimmung eines abstrakten Rechtssatzes im angefochtenen Urteil des LSG mit einem abstrakten Rechtssatz des BSG im Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 165/10 R - darauf beruhen kann, dass das LSG dem BSG widersprochen hat. Die Beschwerdebegründung zeigt nur auf, dass sich die in ihr wiedergegebenen abstrakten Rechtssätze des BSG und des LSG widersprechen. Doch ist damit zunächst allenfalls eine Unrichtigkeit der Entscheidung dargetan, falls die wiedergegebenen abstrakten Rechtssätze für die Entscheidungen des BSG und LSG jeweils tragend gewesen sein sollten, was sich aus der Beschwerdebegründung indes nicht ergibt. Nicht aber ist damit auch bereits eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG schlüssig bezeichnet. Die Begründung hält es vielmehr für "unerheblich", ob das LSG die Rechtsprechung des BSG "bei seiner Entscheidung nicht gekannt hat, übersehen oder verkannt hat".
Dies trifft nach den dargelegten Voraussetzungen der schlüssigen Bezeichnung einer Divergenz nicht zu. Nicht bereits "durch die abweichende Rechtsansicht ist die Rechtseinheit betroffen" - so die Beschwerdebegründung -, sondern im Sinne einer die Revision eröffnenden Abweichung erst dann, wenn das LSG dem BSG widersprochen und in Abweichung vom BSG einen anderen rechtlichen Maßstab entwickelt hat. Denn eine mit Hilfe der Revisionszulassung zu beseitigende Gefährdung der Rechtseinheit ist nur und erst zu befürchten, wenn die Ausführungen des LSG unzweifelhaft die Deduktion des gefundenen Ergebnisses aus einem sich aus der Entscheidung selbst wenigstens schlüssig ergebenden Rechtssatz, den das LSG als solchen auch vertreten und einem Rechtssatz des BSG entgegenhalten wollte, erkennen lassen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26). An der schlüssigen Bezeichnung eines in diesem Sinne vom LSG bewusst abweichend aufgestellten Rechtssatzes fehlt es indes in der Beschwerdebegründung.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen