Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 20.09.2022; Aktenzeichen S 12 U 134/20) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 17.07.2023; Aktenzeichen L 2 U 187/22) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Juli 2023 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger, der nach einem Arbeitsunfall Verletztengeld bezogen hatte, erneut Verletztengeld beanspruchen kann. Die Beklagte lehnte dies ab (Bescheid vom 8.10.2019, Widerspruchsbescheid vom 25.6.2020). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.9.2022). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, weil dieser vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit infolge der Wiedererkrankung keine Einkünfte erzielt habe (Urteil vom 17.7.2023).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG rügt der Kläger das Vorliegen von Verfahrensfehlern.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht formgerecht bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen die diesen vermeintlich begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG, ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht, auf dem Mangel beruhen kann. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG nicht und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger rügt, das LSG habe seiner Hinweispflicht aus § 106 SGG nicht Genüge getan, weil es ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass nicht ausreichend zu den Voraussetzungen einer Wiedererkrankung vorgetragen und/oder das Vorliegen einer Wiedererkrankung fraglich sein könnte. Dass es sich bei der Erkrankung um eine Wiedererkrankung handele, habe er zwar selbst so ausgeführt. Nach genauer Befassung mit dem Sachverhalt hätte aber keine Wiedererkrankung (§ 48 SGB VII), sondern eine fortgesetzte Erkrankung (§ 45 SGB VII) nahegelegen, bei der aufgrund seines Arbeitseinkommens vor dem Arbeitsunfall Verletztengeld in Betracht gekommen wäre. Deshalb hätte das LSG seiner Amtsermittlungspflicht nachkommen und gemäß § 106 SGG darauf hinwirken müssen, dass er - der Kläger - den Verlauf und die Umstände der Erkrankung weiter erläutere, sachdienliche Anträge stelle, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänze sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgebe.
Ein Verfahrensmangel ist damit nicht hinreichend dargetan. Letztlich wendet sich der Kläger gegen die Sachaufklärung durch das LSG. Auf eine Verletzung der tatrichterlichen Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) kann nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG eine Verfahrensrüge indes nur dann gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag (näher dazu BSG Beschlüsse vom 26.4.2024 - B 2 U 38/23 B - juris RdNr 7, vom 8.2.2024 - B 2 U 70/23 B - juris RdNr 7 und vom 9.1.2023 - B 9 SB 24/22 B - juris RdNr 6 f; Karmanski in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 160 RdNr 72) im Berufungsverfahren gestellt und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten zu haben (näher dazu BSG Beschluss vom 22.6.2004 - B 2 U 78/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 5), behauptet der vor dem LSG anwaltlich vertretene Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht einmal. Stattdessen rügt er eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht aus § 106 Abs 1 SGG. Nach dieser Vorschrift muss das Gericht bei unklaren Anträgen mit den Beteiligten klären, was gewollt ist; vor allem bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten hat es darauf hinzuwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (BSG Beschluss vom 18.10.2023 - B 9 V 9/23 B - juris RdNr 22 mwN). Gleichwohl sind Tatsachengerichte grundsätzlich nicht verpflichtet, auf die Stellung prozessordnungsgemäßer Beweisanträge hinzuwirken (BSG Beschlüsse vom 15.8.2024 - B 2 U 18/24 B - juris RdNr 13, vom 9.6.2023 - B 2 U 7/23 B - juris RdNr 13, vom 6.10.2022 - B 8 SO 3/22 B - juris RdNr 5 und vom 19.7.2022 - B 7 AS 1/22 B - juris RdNr 5). Der Kläger hat nicht dargetan, an der Stellung eines Beweisantrags gehindert worden zu sein. Vielmehr zielt sein Vorbringen darauf ab, die Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG im Gewand der Rüge einer Verletzung von § 106 SGG zu umgehen, was indes nicht möglich ist (BSG Beschlüsse vom 4.8.2022 - B 5 R 64/22 B - juris RdNr 11 und vom 12.4.2022 - B 4 AS 326/21 B - juris RdNr 12).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16721191 |