Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.10.1997; Aktenzeichen L 12 Ar 1809/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 1997 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. bis 9. Juni 1995. Seinen Antrag lehnte das Arbeitsamt für den genannten Zeitraum mit der Begründung ab, der Anspruch habe wegen einer Abfindung bis zum 24. Mai 1995 und einer zusätzlich gezahlten Urlaubsabgeltung bis einschließlich 9. Juni 1995 geruht.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1. Juni bis 9. Juni 1995 Alg zu zahlen. Es hat ausgeführt, § 117 Abs 2 Satz 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) treffe nach seinem klaren Wortlaut keine Regelung hinsichtlich des Verhältnisses der Ruhenszeiträume nach § 117 Abs 1a und § 117 Abs 2 und 3 AFG. Die Anrechnung einer Urlaubsabgeltung schiebe vielmehr den maximalen Ruhenszeitraum nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG vom letzten Tage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers auf den letzten Tag, für den die Urlaubsabgeltung gezahlt worden sei, hinaus.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 1997 abgewiesen: Nach dem Wortlaut von § 117 Abs 2 Satz 5 AFG werde der Ruhenszeitraum nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs verlängert. Soweit die Begründung des Regierungsentwurfs zum Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz die Ruhenszeiträume gerade in der anderen Reihenfolge zur Anrechnung habe bringen wollen, sei dies nicht Gesetz geworden. Es sei auch folgerichtig, wenn dem Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen einer Abfindung ein Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen einer Urlaubsabgeltung folge. Der Umstand, daß das Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer Abfindung vorzeitig aufgelöst worden sei, könne nicht zu einer Besserstellung des Arbeitnehmers führen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Der Rechtsstreit werfe die folgende Rechtsfrage auf:

Führt gemäß § 117 Abs 2 Satz 5 AFG eine Urlaubsabgeltung beim Zusammentreffen mit einer anzurechnenden Abfindung wegen nicht eingehaltener Kündigungsfrist (§ 117 Abs 2 Satz 1 AFG) auch dann zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs über das Ende der Kündigungsfrist hinaus, wenn die nach § 117 Abs 3 Satz 2 Ziff 1 AFG ermittelte Anzahl der Ruhenstage für sich nicht über das Ende der ordentlichen Kündigungsfrist nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG hinausreicht?

Die Rechtsfrage sei klärungsbedürftig, da das Bundessozialgericht (BSG) bisher in keiner Entscheidung klargestellt habe, wie sich § 117 Abs 2 Satz 5 AFG auswirke, wenn ein Ruhenstatbestand nach Abs 2 Satz 1 mit dem nach Abs 1a des § 117 AFG zusammentreffe. Die Klärung der Rechtsfrage habe auch über den Einzelfall hinaus Bedeutung, denn § 117 Abs 2 AFG bleibe trotz seiner Aufhebung kraft der Übergangsregelung des § 242x Abs 3 AFG für die bestandsgeschützten Fälle bis zum 31. März 1999 in Kraft.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn der allein geltend gemachte Zulassungsgrund grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung muß der Beschwerdeführer anhand des anwendbaren Rechts sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und inwiefern das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (st Rspr – BSG SozR 1500 § 160a Nrn 7 und 65 mwN; BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nrn 6 und 7).

Klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage nur, wenn sie ernstliche Zweifel an der Rechtslage aufwirft. Hieran fehlt es nicht nur, wenn bereits eine gefestigte Rechtsprechung vorliegt, sondern auch, wenn die Antwort auf die Frage praktisch außer Zweifel steht (BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4 st Rspr; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, Rz 116 mwN). Die Beschwerde übersieht, daß das BSG – wie sich aus dem Zusammenhang der Entscheidung ergibt – im Urteil vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 108/88 – (= SozR 4100 § 117 Nr 26) ohne weiteres davon ausgegangen ist, daß sich der Ruhenszeitraum gemäß § 117 Abs 2 Satz 5 AFG bei Zahlung einer Abfindung und einer Urlaubsabgeltung auch dann um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs verlängert, wenn die Anzahl der Ruhenstage nach § 117 Abs 2, 3 AFG nicht über das Ende der ordentlichen Kündigungsfrist iS des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG hinausreicht.

Das LSG hat ferner zutreffend dargelegt, daß die von ihm vertretene Auffassung in der Literatur unumstritten ist. Soweit die Beschwerde anführt, Gagel vertrete in seiner Kommentierung die gegenteilige Ansicht, verkennt sie, daß dieser ausdrücklich der Auffassung ist, daß die Fristen des Abs 3 um die Urlaubsabgeltung zu verlängern seien (Gagel, AFG, 8. Lieferung, § 117 Rz 180). Allein das für den Kläger positive Urteil des SG vermag die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht herbeizuführen.

Entspricht die Beschwerdebegründung somit nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, muß die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175223

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