Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Übergangsleistungen nach § 3 Abs 2 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 11. Januar 1995 idF des Widerspruchsbescheids vom 11. April 1995; Urteile des Sozialgerichts vom 26. März 1996 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 10. Dezember 1996). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der für den Anspruch nach § 3 Abs 2 BKVO notwendige Minderverdienst sei beim Kläger nach dem Wechsel in den Werkschutzdienst seines bisherigen Arbeitgebers nicht eingetreten. Sein tatsächlicher Jahresnettoverdienst habe – was er selbst nicht bestreite – über dem Verdienst gelegen, den er auf dem alten Arbeitsplatz erzielt hätte. Unerheblich sei, daß der Stundenlohn im Werkschutzdienst deutlich geringer sei als der eines CNC-Zerspanungsmechanikers, und daß die gleiche Nettolohnhöhe nur aufgrund der erheblich längeren Arbeitszeit und der Zuschläge für Wochenend- und Feiertagsarbeit erreicht werde. Es seien nicht allein die Stundenlöhne zu vergleichen, sondern es müsse das gesamte Entgelt einschließlich sämtlicher neben dem Tariflohn gezahlter Entgeltanteile berücksichtigt werden. Das ergebe sich aus dem Zweck der Übergangsleistung.
Mit seiner hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Beschwerdeführer angeführte Rechtsfrage kann nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen.
Der Beschwerdeführer hält folgende Rechtsfrage für klärungsbedürftig:
„Gehört auch der durch Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit erzielte Verdienst einschließlich der lohnsteuer- und beitragsfreien Zuschläge zu den schadensmindernden Vorteilen, die bei der Berechnung der Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKVO in Anrechnung gebracht werden dürfen?”
Diese vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage ist zwar – soweit ersichtlich – vom Bundessozialgericht (BSG) noch nicht ausdrücklich entschieden worden. Sie bedarf jedoch gleichwohl keiner höchstrichterlichen Klärung. Denn für ihre Beantwortung ergeben sich in anderen Entscheidungen des BSG, auf die das LSG seine umfassend begründete Ansicht gestützt hat, bereits ausreichende Anhaltspunkte (s dazu BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 sowie Beschluß des Senats vom 10. März 1994 – 2 BU 4/94 –; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNr 66).
Es ist zwar richtig, daß der Senat noch in seiner Entscheidung vom 29. Mai 1963 (BSGE 19, 157, 160) offengelassen hat, inwieweit nicht in Geld ausdrückbare „Nachteile” im Rahmen des § 3 Abs 2 BKVO zu berücksichtigen sind. In seinem – auch vom LSG angeführten – Urteil vom 4. Juli 1995 (2 RU 1/94 – HVBG-INFO 1995, 2410) hat der Senat unter Hinweis ua auf die Amtliche Begründung zu § 3 der 7. BKVO (BR-Drucks 128/68 S 3) entschieden, daß Zweck der Übergangsleistung ist, den bei einem Arbeitsplatzwechsel auftretenden etwaigen Unterschied zwischen den Nettoverdiensten aus der bisherigen und der neuen Beschäftigung sowie die zusätzlich erforderlichen Aufwendungen für den neuen Arbeitsplatz auszugleichen und damit ein übergangsloses Absinken des Versicherten im wirtschaftlichen Status zu vermeiden. Die Übergangsleistung ist darauf angelegt, innerhalb eines Zeitraums bis zu fünf Jahren von der wirtschaftlichen Situation vor Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit in die unter Umständen ungünstigere wirtschaftliche Situation danach überzuleiten. Hinzu kommt, wie der Senat in der oa Entscheidung weiter ausgeführt hat, daß die schadensausgleichende Wirkung der Übergangsleistung nicht der Entschädigung für eine BK und damit verbundener wirtschaftlicher Nachteile im Erwerbsleben dient – dies ist Aufgabe der unfallversicherungsrechtlichen Rentenleistungen –, daß es sich vielmehr bei dem entschädigenden Charakter des § 3 Abs 2 BKVO um eine Regelung der Prävention und Krankheitsvorsorge handelt, um den Versicherten zur Aufgabe der ihn gefährdenden Tätigkeit zu veranlassen. Anders als das bürgerliche Schadensersatzrecht (§§ 249 Satz 1, 252 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) bezweckt § 3 Abs 2 BKVO demnach keinen vollständigen Schadensausgleich. Bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Nachteile ist somit vom Unterschied zwischen dem mutmaßlich erzielbaren Nettoverdienst aus der bisherigen und jenem der neuen Beschäftigung sowie den sonstigen im Zusammenhang mit der jeweiligen Beschäftigung stehenden wirtschaftlichen Vorteilen auszugehen.
Eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung dieser Rechtsprechung ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht erforderlich. Wie das LSG zu Recht darauf hinweist, ergibt sich vor allem aus der oa Entscheidung, daß nur wirtschaftliche, also in Geld ausdrückbare Nachteile berücksichtigt werden können und immaterielle Nachteile wie der hier in Frage stehende Verlust von Freizeit und die Arbeit an Feiertagen unbeachtlich sind. Hierfür spricht im übrigen auch, wie das LSG zutreffend ausführt, daß eine Bestimmung und Abwägung der auf seiten der immateriellen Vor- und Nachteile bestehenden Faktoren (hier zB geringe körperliche Belastung im Werkschutzdienst, keine ungünstigen Umgebungseinflüsse wie Schmutz oder Lärm, demgegenüber geistig anspruchslosere, unter Umständen monotone Tätigkeit) praktisch nicht möglich ist. Dieses Ergebnis gilt zumindest für die Fälle, in denen über die im neuen Beruf übliche Arbeitszeit hinaus keine Überstunden geleistet werden, um den gleichen Verdienst wie vorher zu erreichen. Hier leistete der Kläger nach den Feststellungen des LSG seine Arbeit lediglich im Rahmen der im Werkschutzdienst üblichen Schichtpläne.
Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1173422 |
DStR 1998, 502 |