Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 12. November 1996 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Beklagte die der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls (Schülerunfall) am 7. Mai 1988 gezahlte Dauerrente mit Ablauf des Monats Mai 1992 zu Recht entzogen hat (Bescheid vom 27. April 1992 idF des Widerspruchsbescheids vom 3. September 1992; klageabweisendes Urteil des Sozialgerichts vom 28. Februar 1994 sowie die angefochtenen Bescheide aufhebendes Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 12. November 1996). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der Beklagte habe zu Unrecht die der Klägerin gezahlte Verletztenrente mit Ablauf des Monats Mai 1992 entzogen. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage auch über diesen Monat hinaus 30 vH, so daß es bei der ursprünglichen Leistungsbewilligung zu verbleiben habe.
Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde, die der Beklagte auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) und auf einen Verfahrensmangel im Urteil des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) stützt, ist zurückzuweisen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung ist nur dann anzunehmen, wenn die vom Beschwerdeführer für grundsätzlich gehaltene abstrakte Rechtsfrage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160 Nrn 53 und 54; Beschluß des Senats vom 21. Januar 1997 – 2 BU 269/96 –; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNr 63 mwN). Das ist hier nicht der Fall.
Der Beklagte meint, in der gesetzlichen Unfallversicherung komme es immer wieder vor, daß nach einem Unfall mit schweren Verletzungen bestimmte Behinderungen als Unfallfolgen anerkannt würden, später im Neufeststellungsverfahren gemäß § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aber andere, nunmehr ebenfalls als unfallbedingt bezeichnete Behinderungen Bedeutung erlangten. Im Hinblick darauf bedürfe es einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Abgrenzung der Regelungsbereiche des § 44 SGB X einerseits und des § 48 SGB X andererseits.
Die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Abgrenzung der Regelungen in §§ 44 und 45 SGB X einerseits und in § 48 SGB X andererseits ist vom BSG für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zwar noch nicht ausdrücklich entschieden. Für andere Sozialleistungsbereiche sind die in diesem Zusammenhang entstandenen Fragen allerdings bereits höchstrichterlich entschieden und hinreichend geklärt. Für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung kann nichts anderes gelten. So hat das BSG ua in seinem Urteil vom 3. Oktober 1989 – 10 RKg 7/89 – (BSGE 65, 301 ff) entschieden, daß die Vorschriften der §§ 44 und 45 SGB X die Rücknahme von Verwaltungsakten regeln, die von Anfang an rechtswidrig sind, also bei ihrem Erlaß nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen. § 48 SGB X will dagegen die Aufhebung von Dauerverwaltungsakten ermöglichen, die zwar zunächst rechtmäßig sind, also der materiellen Rechtslage entsprechen, aber wegen einer nach ihrem Erlaß eintretenden Änderung der Sach- und Rechtslage im Widerspruch zu dem (dann) geltenden Recht stehen. Die insoweit notwendige wesentliche Änderung kann in den rechtlichen (dh normbezogenen, zB Gesetzesänderung mit Erhöhung oder Verringerung der Leistungsgewährung – s BSGE 63, 224, 226) oder tatsächlichen (dh fallbezogenen, zB Verschlechterung oder Verbesserung des – unfallbedingten – Gesundheitszustands oder Wiederverheiratung einer Witwe – s BSGE 72, 1 f) Verhältnissen (dh den Voraussetzungen der Leistungsgewährung – s BSGE 65, 301, 302) eingetreten sein. Deshalb muß, wenn eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 SGB X in Betracht kommt, allein die materielle Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts und zum Zeitpunkt der angeblich eingetretenen Änderung verglichen werden. Nur wenn sich bei diesem Vergleich ein für den materiellen Anspruch des einzelnen erheblicher Unterschied ergibt, haben sich die rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert (BSGE 65, 301, 302/303).
Ob das LSG diese Rechtsgrundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt und in der Sache dementsprechend richtig entschieden hat, ist nicht Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 sowie Beschluß des Senats vom 29. Juli 1996 – 2 BU 134/96 –). Dem gesamten Inhalt der Beschwerdebegründung ist zu entnehmen, daß die Beschwerde im Kern auf das Begehren einer materiell-rechtlichen Überprüfung der Rechtsansicht des LSG zielt. Dies wird besonders in den Ausführungen des Beschwerdeführers deutlich, daß das von Dr. N … bejahte hirnorganische Psychosyndrom mit einer MdE von 30 vH als Unfallfolge nicht anerkannt worden sei und die Anerkennung dieser Unfallfolge aber durch eine gerichtliche Entscheidung nicht erfolgen könne, da das Gericht nicht befugt sei, unter Umgehung des Verwaltungsverfahrens gleichsam inzidenter den Dauerrentenbescheid einer Überprüfung gemäß § 44 SGB X zu unterziehen und – stillschweigend – abzuändern.
Der vom Beklagten gerügte Verfahrensmangel kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG führen.
Die Ausführungen des Beklagten zu Nr 3 Buchst a seiner Beschwerdebegründung betreffen im Kern die Beweiswürdigung durch das LSG. Eine Überprüfung dieser Beweiswürdigung auch unter der nur eingeschränkten revisionsrichterlichen Sicht ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ausgeschlossen.
Die weitere Verfahrensrüge des Beklagten, sein Beweisantrag, von einem neutralen dritten Sachverständigen ein Gutachten einzuholen, hätte das LSG veranlassen müssen, den Sachverhalt nach §§ 103, 106 SGG weiter aufzuklären, ist ebenfalls unbegründet. Es fehlt insoweit an einem berücksichtigungsfähigen Beweisantrag aus der mündlichen Verhandlung vom 12. November 1996. Der protokollierte Antrag enthält als Sachantrag, die Berufung zurückzuweisen, keinen Beweisantrag. Ebensowenig enthält die ferner protokollierte Bezugnahme „auf die schriftsätzlichen Ausführungen vom 6. November 1996 und 11. November 1996 sowie die ärztlichen Stellungnahmen von Dr. K … vom 4. November 1996 und Prof. Dr. Z … vom 8. November 1996” einen ausdrücklichen Beweisantrag. Wenn nun neben den – im wesentlichen medizinischen – Ausführungen im Schriftsatz vom 6. November 1996 an dessen Ende ein Antrag auf Einholung eines „neutralen Gutachtens” formuliert ist, reicht die bloße Bezugnahme auf die „Ausführungen” in diesen Schriftsätzen nicht für die Annahme eines vom LSG zu berücksichtigenden Beweisantrags aus; vielmehr hätte der rechtskundig vertretene Beklagte einen solchen Beweisantrag ausdrücklich wiederholen, zumindest nicht nur auf die „Ausführungen”, sondern auch auf den im Schriftsatz vom 6. November 1996 gestellten Beweisantrag ausdrücklich Bezug nehmen müssen. Dementsprechend brauchte das LSG die protokollierten Erklärungen des Beklagten im Termin am 12. November 1996 nicht als einen – förmlichen – und damit im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde berücksichtigungsfähigen Beweisantrag zu betrachten. Dies hat es auch nicht getan, wie den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist.
Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen