Verfahrensgang
LSG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 19.09.2017; Aktenzeichen L 6 KR 9/17) |
SG Rostock (Entscheidung vom 13.12.2016; Aktenzeichen S 17 KR 125/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der seit Oktober 2015 arbeitsunfähig erkrankt gewesene Kläger ist mit seinem Begehren, von der beklagten Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung über den 31.1.2016 hinaus Krankengeld zu erhalten, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (zuletzt Beschluss des LSG nach § 153 Abs 4 SGG vom 19.9.2017).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss und beruft sich auf Verfahrensmängel des LSG (ua "Verstoß gegen Art 103 Abs 1 GG") sowie eine Divergenz.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger in der Beschwerdebegründung vom 19.10.2017 das Vorliegen von Gründen für die Zulassung der Revision nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
1. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) werden in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ist die Rüge bestimmter Verfahrensmängel allerdings ausgeschlossen bzw eingeschränkt.
Der Kläger sieht sich verfahrensfehlerhaft in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62, § 153 Abs 4 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt, weil das LSG durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entschieden habe, obwohl er dieser Verfahrensweise widersprochen habe. Darin liege auch eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter. Es habe sich nicht um eine Sache gehandelt, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise. Außerdem sei der klägerseitige Vortrag zur Auslegung der im Auszahlungsschein enthaltenen Angaben nicht beachtet worden.
Mit seinem Vorbringen wird der Kläger den Anforderungen an die Darlegung einer Verfahrensrüge nach § 160a Abs 2 S 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht gerecht. Er nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass es im Verfahren des § 153 Abs 4 SGG einer Zustimmung der Beteiligten nicht bedarf, sondern insoweit lediglich eine Anhörung erforderlich ist. Darüber hinaus verkennt er, dass das Gericht darüber, ob es eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, nach billigem Ermessen entscheidet und nur in Ausnahmefällen - im Falle einer Ermessensreduzierung auf null - die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung besteht. Demgemäß prüft das BSG auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin lediglich, ob das LSG ermessensfehlerfrei von einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat; die Entscheidung kann nur daraufhin überprüft werden, ob ihr sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen zugrunde liegen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 153 RdNr 15 ff, insbesondere RdNr 16 mwN; BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 3 RdNr 10 f). Entsprechendes muss von einem Beschwerdeführer dargelegt werden. Auf diese Grundsätze nimmt der Kläger aber nicht Bezug und macht in seinem knappen Vorbringen zu diesem Komplex auch keine hinreichenden Ausführungen dazu, dass in seinem Fall eine derartige Sachlage gegeben war. Dass er selbst der Sache eine besondere Schwierigkeit beimisst, sich auf vermeintlich abweichende Rechtsprechung beruft (ohne diese allerdings im Beschwerdeverfahren zu zitieren) und meint, das LSG habe die im Auszahlungsschein enthaltenen Angaben anders auslegen müssen (vgl aber den Zulassungsausschlussgrund des § 160 Abs 3 Nr 3 Halbs 2 iVm § 128 Abs 1 S 1 SGG), führt zu keinem anderen Ergebnis; aus dem Vorbringen folgt nämlich noch nicht die Darlegung sachfremder Erwägungen und grober Fehleinschätzung des LSG.
2. Auch die Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 2 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG) erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Wer sich auf eine Divergenz beruft, muss darlegen, dass die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG in einer bestimmten Entscheidung aufgestellt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung "beruht". Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher in der abschließenden Entscheidung des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Solche eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG begründenden Umstände können dem Vorbringen des Klägers in der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Der Kläger zitiert insoweit unter 2.1., 2.2. und 2.3. zwar eingangs jeweils Passagen aus Urteilen des BSG, die er für abstrakte Rechtssätze hält. Er stellt diesen Rechtssätzen indessen keine diesen widersprechenden "abstrakten" Rechtssätze des LSG gegenüber, aus denen erkennbar ein Bedürfnis nach Herbeiführung von Rechtseinheit durch das Revisionsgericht resultiert. Stattdessen argumentiert der Kläger zur Geltendmachung der Divergenz ausführlich und detailliert mit sachverhaltsbezogenen Passagen aus dem Beschluss des Berufungsgerichts, insbesondere dazu, was der behandelnde, die Arbeitsunfähigkeit bescheinigende Arzt ausgeführt habe, wie dessen Ausführungen auszulegen seien und was das LSG noch in Bezug auf einen Krankengeldanspruch des Klägers weiter habe prüfen müssen. Dabei erkennt er, dass das LSG selbst gar nicht abweichend vom BSG entscheiden wollte, weil es davon ausgegangen sei, dass bereits kein vergleichbarer Sachverhalt zu den in Bezug genommenen BSG-Entscheidungen vorgelegen habe. Abgesehen davon, dass es damit bereits an einer hinreichend klar erkennbaren Gegenüberstellung von sich einander widersprechenden "abstrakten" Rechtssätzen aus der Rechtsprechung des BSG einerseits und aus der Entscheidung des LSG andererseits fehlt, verhält es sich so, dass der Kläger im Kern die Sachverhaltskonstellation seines Falls lediglich anhand der vorgenannten Rechtsprechung des BSG misst und daraus den Schluss zieht, dass das LSG auf der Basis dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung seinen Fall "falsch entschieden" habe. Eine solche bloße "Subsumtionsrüge" erfüllt aber nicht die Darlegungsanforderungen für eine Rechtsprechungsabweichung (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - Juris RdNr 16 mwN). Denn es fehlt an der Darlegung der Nichtübereinstimmung der Urteile im Grundsätzlichen. Die Behauptung, die Entscheidung sei inhaltlich unrichtig, führt demgegenüber nicht schon zur Zulassung der Revision (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
3. Welcher Zulassungsgrund im Übrigen mit den Ausführungen unter 3. der Beschwerdebegründung geltend gemacht werden soll, erschließt sich dem Senat nicht.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11864803 |