Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG
Orientierungssatz
1. Zur Feststellung des Verfahrensmangels der Verletzung von § 103 SGG ist zu prüfen, ob das LSG aus seiner eigenen Logik heraus sich hätte gedrängt fühlen müssen, sich mit den bisherigen Ermittlungen nicht zufrieden zu geben.
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 20.3.1991 - 1 BvR 930/90).
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3, § 103
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 16.12.1988; Aktenzeichen L 4 J 2847/86) |
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 16. Dezember 1988 ist unzulässig, weil der Kläger seine Beschwerde nicht substantiiert begründet hat.
Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Nrn 1 bis 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensfehler - zugelassen werden. Der Kläger hat sich auf Verfahrensmängel berufen. In der Beschwerdebegründung muß jedoch der Verfahrensmangel "bezeichnet" werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Zur substantiierten Rüge, das LSG sei einem Beweisantrag zu Unrecht nicht gefolgt, gehört einmal der Vortrag, mit welchem Schriftsatz oder in welcher Sitzung der Antrag gestellt worden ist und sodann die Angabe der Gründe, aus denen sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den von ihm nicht erhobenen Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, die ihm vorliegenden Akten daraufhin durchzusehen, ob, in welchem Punkt und aus welchen Gründen sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen, wie die Beschwerde behauptet. Aufgabe des Beschwerdegerichtes ist es vielmehr allein, zu prüfen und zu entscheiden, ob die Gründe, die der Beschwerdeführer einerseits durch Angabe der sachlich-rechtlichen Auffassung des LSG und andererseits durch Darstellung des Beweisergebnisses zu dieser Auffassung konkret zu bezeichnen hat, das LSG bei Beachtung seiner Amtsermittlungspflicht zu weiterer Aufklärung hätte drängen müssen. Fehlt es an der genauen Angabe dieser Gründe, ist der Verfahrensmangel des Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht nicht hinreichend bezeichnet. Der Kläger hat hier nicht einmal angegeben, wann und in welchem Zusammenhang von ihm ein Beweisantrag gestellt worden ist, den das LSG übergangen haben soll. Er hat lediglich vorgetragen, er habe auf "nochmalige Einvernahme des Herrn Dr. S. gedrungen". Erst recht ist nicht dargetan, inwiefern sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, diesem Beweisantrag nachzugehen.
Im übrigen hat sich der Kläger auf fehlerhafte Beweiswürdigung durch das LSG gestützt. Er schreibt zB, woher das Gericht seine Erkenntnis beziehe, dem Kläger ausreichendes Konzentrationsvermögen zuzusprechen, bleibe im Dunkeln. Auf eine fehlerhafte Beweiswürdigung und damit auf einen Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann die Zulassung der Revision nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der Kläger hat in der Beschwerdeinstanz ein neues Gutachten (Gutachten der Dipl. Psychologin M. A. S. vom 30. Januar 1989) vorgelegt. In der Beschwerde-und in der Revisionsinstanz können neues Vorbringen und Beweisergebnisse jedoch nicht berücksichtigt werden (§ 163 SGG).
Die Beschwerde des Klägers ist damit unzulässig und durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 202 SGG iVm § 574 der Zivilprozeßordnung und § 169 SGG analog; vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG aaO Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen