Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 04.04.2017; Aktenzeichen S 20 KA 402/13) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 26.06.2019; Aktenzeichen L 12 KA 72/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 315 986,17 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger, der als Facharzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, macht Vergütungsansprüche aus einem Vertrag zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) für die Quartale 1/2010 und 2/2010 geltend.
Er nahm seit dem Quartal 2/2009 bis zum 30.6.2010 (Kündigung des Vertrages durch den beklagten Hausärzteverband) an der HzV teil. Für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 stellte die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft (HÄVG), die als Dienstleister insbesondere für die Abrechnung eingesetzt ist, die Vergütungsansprüche des Klägers abzüglich bereits erfolgter Abschläge fest und zahlte diesem die sich daraus ergebenden Beträge aus. Für das Quartal 1/2010 erfolgte eine Feststellung des Vergütungsanspruches, aber keine Auszahlung an den Kläger. Für das Quartal 2/2010 erfolgte ebenfalls keine Auszahlung, vielmehr wurde eine Rückforderung gegen den Kläger in Höhe von 121 851,78 Euro geltend gemacht.
Der geltend gemachten Rückforderung bzw der nicht erfolgten Auszahlung der festgestellten Vergütungsansprüche lagen korrigierte Abrechnungspositionen aus den Quartalen 2/2009 bis 2/2010 zugrunde. Dabei wurden die Abrechnungspositionen für "Unvorhergesehene Inanspruchnahme zu Unzeit" und "Dringende Besuche" vollständig, die Abrechnungspositionen "Wegepauschale" Zone 1 und Zone 2 überwiegend sowie die "Besondere Betreuungspauschale" einmalig storniert. Insgesamt errechnete der Beklagte infolge dieser Korrekturen einen Betrag von 379 109 Euro, den sie mit den Ansprüchen des Klägers für die Quartale 1/2010 und 2/2010 verrechnete. Hieraus ergab sich ein Rückforderungsbetrag in Höhe von insgesamt 169 526,73 Euro. Diese Forderung trat der Beklagte an die beigeladene Krankenkasse ab. Die Beigeladene macht diese Forderung in einem weiteren Klageverfahren vor dem SG München (S 20 KA 1959/14) gegen den Kläger geltend.
Klage und Berufung, mit welchen der Kläger Honoraransprüche für das Quartal 1/2010 in Höhe von 164 851,18 Euro und für das Quartal 2/2010 in Höhe von 151 134,99 Euro geltend gemacht hat, sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 4.4.2017 und des LSG vom 26.6.2019).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Er hat in seiner allein innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten Begründung vom 28.11.2019 eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BVerfG Beschluss vom 14.6.1994 - 1 BvR 1022/88 - BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG Beschluss vom 13.5.1997 - 13 BJ 271/96 - SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f; BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Zudem muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Dem wird die Beschwerde des Klägers nicht gerecht.
Der Kläger führt aus, dass die Entscheidung des LSG auf der Rechtsfrage beruhe,
"ob nach dem HzV-Vertrag der Hausarzt die Darlegungs- und Beweislast dafür habe, dass die vorgelegte Abrechnung nach Zustellung eines Abrechnungsnachweises durch die HÄVG von ihm näher dargelegt und bewiesen werden müsse, da der Abrechnungsnachweis nicht als Anerkenntnis gelten könne, auch nicht als Wissenserklärung, die ein Indiz für die Richtigkeit der vorher gem. den zit. Abrechnungsbestimmungen ja geprüften Abrechnung wäre mit der Folge, dass es nun am HÄV bzw. seiner Abrechnungsbeauftragten wäre, den Beweis zu führen, dass falsch abgerechnet wurde".
Zudem sei die Frage,
"ob der HÄV bzw. seine Abrechnungsbeauftragte eine Korrektur vornehmen dürfe, ohne vorher eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt zu haben",
für eine Vielzahl von Hausärzten, die an der HzV teilnehmen, von Bedeutung.
Auch sei die Rechtsfrage zu klären,
"ob Leistungen von Assistenten nicht dem beigetretenen Arzt zugerechnet werden können, obwohl in den Selektivverträgen und in den Beitrittserklärungen (Ziffer 2b)) ausdrücklich die Anwendung des Vertragsarztrechts ("in Übereinstimmung") bestimmt ist."
Zur weiteren Begründung führt der Kläger aus, die Rechtsfragen seien klärungsfähig. Das BSG sei in der Lage, über die Rechtsfragen sachlich zu entscheiden, da sie im konkreten Rechtsstreit entscheidungserheblich seien.
Der Kläger legt bereits nicht dar, inwieweit das Rechtsfragen sind, die nach Maßgabe des Bundesrechts zu entscheiden sein könnten. Der Kläger selbst formuliert, "ob nach dem HzV-Vertrag der Hausarzt die Darlegungs- und Beweislast habe" bzw dass in "den Selektivverträgen und in den Beitrittserklärungen ausdrücklich die Anwendung des Vertragsarztrechts bestimmt" sei. Im Streit stehen daher die im HzV-Vertrag bzw in den zugehörigen Anlagen geregelten Abrechnungsbestimmungen. Damit wird jedoch keine Norm des Bundesrechts bezeichnet, auf deren Verletzung allein eine Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung einer zu entscheidenden Rechtsfrage gestützt werden könnte (vgl § 162 SGG). Es handelt sich vielmehr um Landesrecht, dessen Auslegung grundsätzlich den Gerichten des Landes vorbehalten und dem BSG nicht zugänglich ist. Dass ein Umstand vorliegt, der die Bindungswirkung ausnahmsweise entfallen lässt (s hierzu BSG Beschluss vom 23.3.2011 - B 6 KA 74/10 B - juris RdNr 11), hat der Kläger nicht dargelegt. Insbesondere hat der Kläger nicht geltend gemacht, dass identische Vorschriften in anderen regionalen HzV-Vereinbarungen enthalten sind und diese Übereinstimmung auf einer bewussten Angleichung der Regelungen durch den jeweiligen Normgeber beruht.
Wenn man die Fragen des Klägers dahingehend interpretiert, dass er - ungeachtet des Umstandes, dass er keine derartige Norm benannt hat - zugleich auch eine Verletzung von Bundesrecht rügen will, fehlt es an konkreten Darlegungen dazu, welche bundesrechtlichen Normen der Kläger als verletzt ansieht. Auch in dem außerhalb der Begründungsfrist des § 160a SGG eingegangenen Schriftsatz vom 24.2.2020, der jedenfalls als eigenständige, tragende Begründung nicht mehr zu berücksichtigen ist (vgl BSG Beschluss vom 25.1.2017 - B 6 KA 22/16 B - juris RdNr 9), benennt der Kläger keine bundesgesetzliche Norm oder legt dar, dass das LSG aufgrund einer willkürlichen Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Landesrechts gegen allgemein geltende Auslegungsgrundsätze, die dem Bundesrecht angehören, verstoßen hat (vgl BSG Urteil vom 8.9.2009 - B 1 KR 8/09 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 28 mwN). Er führt lediglich aus, es handele sich "um die Interpretation unklarer bzw. rechtswidriger Vertragsregelungen, somit also um die Anwendung der im Bundesrecht wurzelnden Normen zur Auslegung von Verträgen, auch bei öffentlich-rechtlichen Verträgen."
Weiterhin ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, weshalb der Senat die aufgeworfenen Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren entscheiden könnte. Das LSG hat in den Gründen seines Urteils (S 21) festgestellt, dass nach § 15 Abs 2 HzV-Vertrag ein Abrechnungsnachweis als genehmigt gelte, wenn der Hausarzt nicht vor Ablauf von sechs Wochen widersprochen habe. Mangels Nachweis eines Widerspruches des Klägers würden die von der HÄVG im Namen des Beklagten vorgenommenen Abrechnungskorrekturen ebenso wie die Verrechnungen der verbleibenden Vergütungsansprüche für die Quartale 1/2010 und 2/2010 mit Rückforderungsansprüchen aufgrund von Abrechnungskorrekturen als vom Kläger genehmigt gelten. Es ist vom Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht dargelegt, warum die von ihm aufgeworfenen Fragen zur Beweislast bzw zur Plausibilitätsprüfung überhaupt entscheidungserheblich sein sollen.
Auch eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache ist nicht dargelegt. Die Behauptung, die Rechtsfrage sei für eine Vielzahl von Hausärzten, die an der HzV teilnehmen, von Bedeutung, ist insoweit unzureichend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 3 GKG. Sie entspricht den Feststellungen der Vorinstanz, denen keiner der Beteiligten widersprochen hat.
Fundstellen
Dokument-Index HI13777025 |