Entscheidungsstichwort (Thema)
Würdigung von Sachverständigengutachten
Orientierungssatz
1. Das Gericht ist grundsätzlich in der Würdigung der Sachverständigengutachten frei und kann auch ohne Einholung eines Obergutachtens von ihnen abweichen. Dabei hat sich jedoch das Gericht mit dem Gutachten, dem es nicht folgt, eingehend auseinanderzusetzen.
2. Eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht dann, wenn die vorliegenden Gutachten schwere Mängel aufweisen, in sich widersprüchlich sind, von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen oder Zweifel an der Sachkunde oder Sachlichkeit des Sachverständigen erwecken.
Normenkette
SGG § 128 Abs 1 S 1
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 11.11.1987; Aktenzeichen L 2 U 117/87) |
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, in seinem Klageantrag näher bezeichnete Gesundheitsstörungen am rechten Kniegelenk als Folgen eines Arbeitsunfalls vom 11. Januar 1984 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 vH zu zahlen, ohne Erfolg geblieben (Bescheid der Beklagten vom 10. August 1984; Urteile des Sozialgerichts -SG- vom 30. Oktober 1986 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 11. November 1987).
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger als wesentlichen Verfahrensmangel geltend, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) verletzt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Entscheidung nach freier, aus dem Gesamtergebnis gewonnenen Überzeugung des Gerichts) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht des LSG) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Eine Verletzung der dem LSG nach § 103 SGG obliegenden Sachaufklärungspflicht liegt nicht vor. Das LSG brauchte sich nicht gedrängt zu fühlen, ein "Obergutachten" einzuholen. Das Gericht ist grundsätzlich in der Würdigung der Sachverständigengutachten frei und kann auch ohne Einholung eines Obergutachtens von ihnen abweichen (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, S 244o II mwN). Dabei hat sich jedoch das Gericht mit dem Gutachten, dem es nicht folgt, eingehend auseinanderzusetzen (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, § 128 Anm 2 Buchst b, bb, S II/142). Das ist hier geschehen. Das LSG hatte sich mit sämtlichen eingeholten Sachverständigengutachten und ärztlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt und im einzelnen dargelegt, daß und warum es den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. /Oberarzt Dr. W. , Abteilung Orthopädie der chirurgischen Universitätsklinik F. , gefolgt ist. Eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht dann, wenn die vorliegenden Gutachten schwere Mängel aufweisen, in sich widersprüchlich sind, von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen oder Zweifel an der Sachkunde oder Sachlichkeit des Sachverständigen erwecken (Peters/Sautter/Wolff, aaO). Diese Voraussetzungen sind weder dem Vortrag des Beschwerdeführers noch dem Inhalt der vorliegenden Akten zu entnehmen. Hierzu trägt der Kläger sinngemäß lediglich vor, ein Obergutachten mit entsprechend beizuziehenden Videofilmen würde ergeben, daß die Meinung der Ärzte des Klinikums F. unzutreffend sei. Darüber hinaus sind grobe Mängel oder Widersprüchlichkeiten dieser Gutachten, auf denen sich die Entscheidung des LSG stützt, nicht ersichtlich.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen