Verfahrensgang
LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 08.08.2016; Aktenzeichen L 3 R 380/15) |
SG Dessau-Roßlau (Aktenzeichen S 24 R 147/13) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. August 2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin H. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Beschluss vom 8.8.2016 hat das LSG Sachsen-Anhalt einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint. Dieser sei nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Beschwerde erhoben und einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der Rechtsanwältin gestellt. Diese macht im Wesentlichen eine Sachaufklärungsrüge geltend, weil das LSG dem von ihr mit Schriftsatz vom 17.3.2016 gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren neurologischen Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen sei.
II
1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Denn die bereits von einer Rechtsanwältin erhobene und begründete Nichtzulassungsbeschwerde erfüllt nicht die insoweit vorgeschriebenen formellen Voraussetzungen (dazu näher unter 2.). Damit entfällt zugleich die Beiordnung der Rechtsanwältin im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 9.11.2016 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, weil sie einen Verfahrensmangel nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).
Zur formgerechten Bezeichnung eines Verfahrensfehlers müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).
Ein in der Berufungsinstanz durch einen Rechtsanwalt vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teils SGG soll die Übergehung von Beweisanträgen die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch den Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass der Beteiligte die Sachaufklärungspflicht des Gerichts nicht als erfüllt ansieht. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - ein LSG von der durch § 153 Abs 4 S 1 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Der in einem solchen Fall den Beteiligten zugestellten Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 S 2 SGG muss jedenfalls ein rechtskundig vertretener Beteiligter auch entnehmen, dass das LSG keine weitere Sachaufklärung mehr beabsichtigt und es etwaige schriftsätzlich gestellte Beweisanträge lediglich als Beweisanregungen, nicht aber als förmliche Beweisanträge iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ansieht. Nach Zugang der Anhörungsmitteilung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, innerhalb der vom LSG gesetzten Frist diesem ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl BSG Beschluss vom 6.6.2001 - B 2 U 117/01 B - Juris RdNr 2; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 5; BSG Beschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - Juris RdNr 7).
In der Beschwerdebegründung hat der Kläger jedoch lediglich erklärt, dass er mit Schriftsatz vom 17.3.2016 einen auf die Einholung eines neurologischen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag gestellt habe und diesen in einer mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hätte. Er hat jedoch nicht - wie erforderlich - dargelegt, dass er nach Erhalt des Anhörungsschreibens iS des § 153 Abs 4 S 2 SGG den im Schriftsatz vom 17.3.2016 schriftlich gestellten Beweisantrag ausdrücklich wiederholt oder neue Beweisanträge gestellt hat.
Soweit der Kläger weiter geltend macht, dass die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Befundberichte und das nervenfachärztliche Gutachten mangelhaft seien und sich das LSG daher selbst zu weiterer Aufklärung hätte gedrängt sehen müssen, genügt dies allein nicht, um die in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufgestellten Voraussetzungen einer Verletzung des § 103 SGG schlüssig darzulegen.
Auch mit seinen Ausführungen zu der seiner Ansicht nach mangelhaften Auswertung und Würdigung der vorliegenden Unterlagen durch die Vorinstanz bezeichnet er keinen zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensfehler. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht auf eine Verletzung der Beweiswürdigung gestützt werden.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10448880 |