Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.03.2018; Aktenzeichen S 13 AL 376/17)

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 14.03.2022; Aktenzeichen L 20 AL 107/1)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2022 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger hat am 4.8.2022 beim BSG gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.3.2022, das ihm am 12.7.2022 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) Beschwerde eingelegt. Dieser hat die Beschwerde aber nicht begründet, sondern unter dem 12.9.2022 mitgeteilt, dass er das Mandat niedergelegt habe.

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG), weil sie von dem Prozessbevollmächtigten nicht innerhalb der bis zum 12.10.2022 verlängerten Frist begründet worden ist (§ 160a Abs 2 SGG). Eine weitere Fristverlängerung ist nicht zulässig (§ 160a Abs 2 Satz 2 SGG). Dass das Mandat des Prozessbevollmächtigten auf die Einlegung der Beschwerde beschränkt war, ist dessen Schreiben nicht zu entnehmen, sodass die gesetzliche Frist für die Beschwerdebegründung zu wahren war (vgl BSGE 40, 111 = SozR 1500 § 160a Nr 8; BSG vom 5.8.2002 - B 11 AL 137/02 B). Darauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung und mit Verfügung des Berichterstatters vom 15.9.2022 ausdrücklich hingewiesen worden.

Entgegen der Ansicht des vor dem BSG nicht postulationsfähigen Klägers ist eine formgerechte Begründung durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) im vorliegenden Fall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger die Beschwerde auf das Vorliegen absoluter Revisionsgründe stützt. Auch Verfahrensmängel, die im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen sind, müssen in der Beschwerdebegründung formgerecht gerügt werden (vgl BSG vom 19.6.2019 - B 14 AS 104/18 B - RdNr 4 mit Hinweis auf BSG vom 15.11.2000 - B 13 RJ 53/00 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 32; BVerwG vom 30.1.1985 - 9 B 10679/83 - juris RdNr 12).

Das gesetzliche Begründungerfordernis lässt sich - anders als der Kläger meint - auch nicht als bloße Förmelei ansehen. Sinn und Zweck der mit dem Vertretungszwang korrespondierenden Anforderungen ist es, das Revisionsgericht zu entlasten und im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten eine sorgfältige Vorbereitung des Verfahrens zu gewährleisten (stRspr; zuletzt BSG vom 31.3.2021 - B 1 KR 38/20 B; BSG vom 20.4.2021 - B 13 R 229/20 B; zur Filterfunktion des Zulassungsverfahrens auch BSG vom 13.6.2018 - GS 1/17 - BSGE 127, 133 = SozR 4-1500 § 164 Nr 9 RdNr 41). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der betroffene Bürger ohne qualifizierte juristische Sachkunde weder die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels in dritter Instanz noch dessen Zulassungsvoraussetzungen abschätzen kann (BSG vom 13.3.2015 - B 13 R 83/15 B - RdNr 7).

Der gesetzliche Begründungszwang und die insoweit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten formalen Anforderungen sind entgegen der Ansicht des Klägers auch mit Art 19 Abs 4 GG und Art 103 Abs 1 GG vereinbar (vgl etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 24.10.2000 - 1 BvR 1412/99 - SozR 3-1500 § 160a Nr 31 = NVwZ 2001, 425; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 15.2.2006 - 1 BvR 2597/05 - SozR 4-1500 § 160a Nr 16; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 5.1.2017 - 1 BvR 967/14). Schließlich liegt darin weder ein Verstoß gegen Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention noch gegen Art 47 Abs 2 Satz 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (dazu schon BSG vom 10.12.2014 - B 5 R 378/14 B - RdNr 2 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Meßling                                  Söhngen                                B. Schmidt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15581708

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