Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsgebühren bei Streit um die Kassenzulassung
Orientierungssatz
Bei Streit um die Kassenzulassung ist zur Berechnung des Gegenstandswertes unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles regelmäßig von der Höhe der Einnahmen auszugehen, die im Laufe von fünf bis zehn Jahren aus der Kassenpraxis zu erzielen sind; die Praxisunkosten sind in der Regel mit 50 vH der zu erwartenden Einnahmen anzusetzen.
Normenkette
BRAGebO § 8 Abs 1 S 3; BRAGebO § 8 Abs 2 S 1; BRAGebO § 8 Abs 2 S 2; GKG § 13; RVO § 368a; BRAGebO § 116 Abs 2
Gründe
Da im sozialgerichtlichen Verfahren für die Gerichtsgebühren keine Wertvorschriften vorgesehen sind (§§ 183 ff des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), ist bei Berechnung des Gegenstandswertes zunächst von bestimmten sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der Kostenordnung auszugehen (§ 8 Abs 1 Satz 3 iVm Abs 2 Satz 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte -BRAGO-). Soweit jedoch, wie bei Streitigkeiten über Kassenarztzulassung und Ersatzkassenbeteiligung, der Gegenstandswert nicht aus diesen Vorschriften der Kostenordnung zu entnehmen ist und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu schätzen (§ 8 Abs 2 Satz 2 BRAGO). Dabei ist § 13 des Gerichtskostengesetzes ergänzend heranzuziehen (BSG SozR 1930 § 8 BRAGO Nr 2 mwN). Nach dieser Vorschrift ist der Streitwert grundsätzlich nach der Bedeutung der Sache zu bestimmen, die sie für den Kläger nach seinem Antrag hat. Die Bedeutung der Sache für den Kläger entspricht in der Regel seinem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen.
Umstritten war im vorliegenden Fall die Rechtswirksamkeit des Verzichts des beigeladenen Arztes auf die Kassenzulassung. Der Arzt sah sich "aus Altersgründen" zu diesem Verzicht veranlaßt, er wollte aber die Ersatzkassenpraxis weiter fortführen. Die Kläger haben die Zulässigkeit des isolierten Verzichts auf die Kassenzulassung und damit das Recht des Arztes zur Fortführung der Ersatzkassenpraxis bestritten. Da der Arzt aber nach seinem Vorbringen aus Altersgründen nicht mehr in der Lage war, den bisherigen Praxisbetrieb in vollem Umfange - sowohl die Kassenpraxis als auch die Ersatzkassenpraxis - fortzuführen, zielten die Klagen letztlich darauf ab, dem Arzt die auf die Ersatzkassenpraxis beschränkte berufliche Tätigkeit zu verwehren. Der Gegenstandswert richtet sich daher nach den geschätzten Einnahmen aus der Ersatzkassenpraxis.
Bei Streit um eine Berufszulassung geht der Senat zunächst mit dem Bundesgerichtshof davon aus, daß der Geschäftswert in der Regel in Höhe der Einnahmen anzusetzen ist, die der Bewerber aus der beruflichen Tätigkeit im Laufe von etwa fünf bis zehn Jahren voraussichtlich im Falle der Zulassung erzielen kann oder im Falle der Versagung der Zulassung hätte erzielen können; dabei sind jedoch die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen (BSG aaO; BGHZ 39, 110, 116). Von diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall auszugehen, war hier doch ebenfalls die Berechtigung zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit - der Ersatzkassenpraxis - umstritten.
Der Senat hält es für gerechtfertigt, den Gegenstandswert nach dem geschätzten Einkommen während eines Zeitraumes von fünf Jahren zu bestimmen (vgl Beschluß des Senats vom 19. März 1982 - 6 RKa 9/81 -). Nach der vorgelegten Bestätigung der KÄV Hessen waren die Einnahmen des Arztes aus seiner vertragsärztlichen Tätigkeit in den letzten Jahren rückläufig; sie nahmen ab von 242.641,65 DM im Jahre 1977 auf 142.366,88 DM im Jahre 1980. Es erscheint daher angemessen, bei der Festsetzung des Gegenstandswertes von Jahreseinnahmen in Höhe von 140.000,-- DM auszugehen.
Nach Abzug der Praxisunkosten in Höhe von 50 vH (vgl BSG aaO) ergibt sich somit ein Gegenstandswert von (140.000,-- DM : 2 = 70.000,-- DM mal 5 Jahre =) 350.000,-- DM.
Fundstellen