Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 34 642,50 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Klägerin ist Trägerin des Seniorenhauses S. in D. in der Rechtsform einer GmbH. Sie begehrt von dem beklagten Landschaftsverband Rheinland die Zustimmung zur gesonderten Berechnung höherer Investitionsaufwendungen für die Zeit vom 1.7.2010 bis zum 31.12.2012. Insofern ist streitig, ob für den zweckgebundenen Zuschuss einer privaten Stiftung und für einen vorzeitig getilgten Teilbetrag eines zinslosen Landesdarlehens Kapitalzinsen als betriebsnotwendige Aufwendungen berechnet werden dürfen.
Die Pflegeeinrichtung unterhält vollstationäre Pflegeplätze und ist durch Versorgungsvertrag nach § 72 Abs 4 SGB XI zur pflegerischen Versorgung von Versicherten zugelassen. Der Ersatzneubau des Seniorenhauses hatte ein Gesamtvolumen an Bau- und Ausstattungskosten in Höhe von ca 7 150 000 Euro, die der Beklagte mit Landesmitteln in Form eines zinslosen Landesdarlehens in Höhe von ca 4 050 000 Euro förderte. Daneben erhielt die Klägerin für die Erstbeschaffung von Einrichtungsgegenständen von der privaten P.-Stiftung einen Zuschuss in Höhe von 153 387,96 Euro. Der Beklagte forderte Landesmittel wegen Nichteinhaltung der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) von der Klägerin teilweise zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln schlossen die Beteiligten einen außergerichtlichen öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrag (§ 53 ff SGB X) im April 2010. Zur Abgeltung der streitigen Erstattungsforderung und von Zinsansprüchen verpflichtete sich die Klägerin, 350 530,80 Euro an den Beklagten zu zahlen. Im Gegenzug wurde der Widerrufs- und Erstattungsbescheid aufgehoben. Die erhobene Klage vor dem VG Köln wurde zurückgenommen. Hinsichtlich der Erstattung der Investitionskostenförderung aus dem Zuwendungsbescheid und ihren Abänderungen wegen evtl VOB - und der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) - widriger Vergabe sowie Erstattungszinsen wurden alle Ansprüche für erledigt erklärt.
Auf die von der Klägerin gestellten Anträge auf Zustimmung zur Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionskosten für die Zeit vom 1.7.2010 bis zum 31.12.2012 entschied der Beklagte, dass der aufgrund des öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrags zurückgezahlte Teilbetrag des Landesdarlehens in Höhe von 192 737 Euro nicht mehr als öffentlich-rechtlich gefördert, sondern als Eigenkapital behandelt werde. Soweit der Klägerin aus der vorzeitigen Rückzahlung der Förderung ggf Zinslasten entstünden, seien diese nicht betriebsnotwendig. Für den zweckgebundenen Zuschuss der privaten Stiftung könnten Eigenkapitalzinsen nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin habe über den Einsatz dieser Mittel nicht frei entscheiden können (Bescheide vom 21.10.2010, 10.1.2011, Widerspruchsbescheid vom 29.4.2011).
Die hiergegen gerichtete Klage ist erfolglos geblieben (SG Köln Urteil vom 18.7.2014). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe die Zustimmung zu den nicht durch öffentliche Förderung abgedeckten betriebsnotwendigen Investitionskosten nach § 82 Abs 3 SGB XI iVm dem Landesrecht zutreffend erteilt. Eine Eigenkapitalverzinsung des Zuschusses der privaten Stiftung scheide aus. Der Begriff des Eigenkapitals sei eingrenzend dahin auszulegen, dass sich ein Recht auf Absetzung von Zinsen nur aus der Eigentumsgarantie von Art 14 GG ableiten lasse (Hinweis auf BSG Urteil vom 23.3.2006 - B 3 P 2/05 R - BSGE 96, 126; BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 P 3/10 R - Juris). Ein rechtfertigender Grund für die Verzinsung von Eigenmitteln setze voraus, dass der Heimträger die Freiheit habe, die Finanzhilfen auf dem Kapitalmarkt anlegen zu können. Dies sei nach dem Schreiben der P.-Stiftung vom 18.3.1998 ausgeschlossen.
Hinsichtlich des zurückgezahlten Teilbetrags der Landesmittel in Höhe von 192 737 Euro handele es sich um eine vorzeitige Tilgung des Landesdarlehens im Zusammenhang mit Verstößen gegen Bestimmungen der VOB. Diese Auslegung ergebe sich aus dem gesamten Regelungsgehalt der getroffenen Vereinbarung. Selbst wenn der Rückzahlungsbetrag nicht mehr von dem öffentlich geförderten Darlehen erfasst sei und in das Eigenkapital der Klägerin gewechselt wäre, folge daraus keine Berücksichtigung von Kapitalzinsen. Es lägen dann keine Investitionskosten im engeren Sinne vor, weil die finanzielle Belastung nicht durch den Bau des Pflegeheims, sondern allein durch die von der Klägerin verschuldeten VOB-Verstöße verursacht worden sei. Hätte die Klägerin die VOB-Vorschriften beim Bau eingehalten, wären diese Kosten gar nicht entstanden.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend. Sie hält folgende Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam:
"Ist ein zweckgebundener und zweckentsprechend verwandter privater Zuschuss für eine betriebsnotwendige Investition Eigenkapital des Einrichtungsträgers, das ihn berechtigt, eine Eigenkapitalverzinsung auf die Bewohner gemäß § 82 Abs 3 SGB XI umzulegen?"
"Bewirken strittige Vergabeverstöße und die damit verbundene vorzeitige Rückführung der öffentlich-rechtlichen Förderung, dass der Einrichtungsträger insoweit betriebsnotwendige Investitionskosten zinslos zur Verfügung stellen muss und keinen Zinsaufwand in Form von Zinsen des Kapitalmarktdarlehens, hilfsweise durch Eigenkapitalverzinsung auf den Bewohner umlegen darf?"
II
Die Klägerin hat ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Berufungsurteil im Wesentlichen formgerecht dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist aber unbegründet. Sie war zurückzuweisen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtssache ist dann nicht mehr gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage höchstrichterlich bereits entschieden ist, oder wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Rechtsfrage zu beantworten ist (stRspr, vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Eine klärungsbedürftige Problematik liegt bei ausgelaufenem Recht in aller Regel nicht mehr vor (stRspr, vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 19). Nach diesen Maßstäben sind die von der Klägerin aufgeworfenen zwei Rechtsfragen geklärt.
a) Die angegriffene Entscheidung auf Zustimmung der beklagten Landesbehörde zur gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ist auf der Grundlage ausgelaufenen Rechts ergangen (§ 82 Abs 2 Nr 1, Abs 3 S 1 SGB XI in der bis zum 27.12.2012 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007). Danach durften in der Pflegevergütung und in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung keine Aufwendungen berücksichtigt werden, die sich auf Maßnahmen zur Herstellung, Anschaffung, Instandhaltung etc der für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter bezogen; ausgenommen waren die zum Verbrauch bestimmten Güter (Verbrauchsgüter), die der Pflegevergütung nach § 82 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB XI zuzuordnen sind (§ 82 Abs 2 Nr 1 SGB XI aF). Nach § 82 Abs 3 S 1 SGB XI aF konnte die Pflegeeinrichtung den Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen, soweit ua betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs 2 Nr 1 SGB XI aF durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt waren. Gleiches gilt, soweit die Aufwendungen vom Land durch Darlehen oder sonstige rückzahlbare Zuschüsse gefördert werden (§ 82 Abs 3 S 2 SGB XI).
Zu dieser Gesetzeslage hat das BSG entschieden, dass nur die der Einrichtung tatsächlich angefallenen Kosten, die weder durch Pflegevergütungen oder Entgelte für Unterkunft und Verpflegung nach § 82 Abs 1 SGB XI aF noch mittels Förderung durch das Land nach § 9 SGB XI abgegolten waren, dem Pflegebedürftigen nach § 82 Abs 3 S 1 SGB XI aF gesondert berechnet werden konnten. Eigenkapitalzinsen zählten zu jenen Positionen, die nach dieser Vorschrift nicht umgelegt werden durften. Die Verzinsung von Eigenkapital hat das BSG dem allgemeinen Vergütungsinteresse einer mit Gewinnerzielungsabsicht geführten Pflegeeinrichtung zugerechnet, das im Rahmen der Ansprüche nach § 82 Abs 1 SGB X aF zu verfolgen war. Die zusätzliche Möglichkeit einer gesonderten Berechnung nach § 82 Abs 3 S 1 SGB XI aF schaffte das Risiko einer Doppelfinanzierung (vgl BSG Urteile vom 8.9.2011 - B 3 P 2/11 R - BSGE 109, 96 = SozR 4-3300 § 82 Nr 7, RdNr 29 ff und B 3 P 4/10 R - Juris RdNr 30; vgl auch BSGE 96, 126 = SozR 4-3300 § 82 Nr 2, RdNr 27). Der Gesetzgeber hat daraufhin in § 82 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 Nr 1 SGB XI (idF des Gesetzes vom 20.12.2012, BGBl I 2789 mWv 28.12.2012) die Umlagefähigkeit von Eigenkapitalzinsen (Kapitalkosten) und die Umlagefähigkeit von Erbbauzinsen explizit aufgenommen. Das BVerfG hat diese Gesetzesauslegung des BSG auf der Grundlage alten Rechts für rechtsmethodisch einwandfrei und verfassungskonform (Art 14 GG) beurteilt (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 13.7.2016 - 1 BvR 617/12 - Juris RdNr 13 f).
Damit ist bereits auf der Grundlage ausgelaufenen - grundsätzlich nicht revisiblen - Rechts geklärt, dass fiktive Eigenkapitalzinsen (Kapitalkosten), wie sie für den zweckgebundenen Zuschuss der privaten Stiftung geltend gemacht werden, nicht als betriebsnotwendige Investitionskosten nach § 82 Abs 3 S 1 SGB XI aF berechnet werden durften. Dass reale Kapitalkosten für den privaten Zuschuss entstanden sind, ist weder behauptet noch nach den Förderbedingungen der privaten Stiftung, die eine Zweckgebundenheit der Mittel voraussetzen, plausibel.
Ausgelaufenes Recht kann in aller Regel keine grundsätzliche Rechtsfrage mehr aufwerfen, es sei denn, dass noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zur Entscheidung stehen und darin die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage liegt (stRspr, vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19 S 27; vgl auch Becker, SGb 2007, 261, 265). Hierzu fehlt es an substantiiertem Vortrag in der Beschwerdebegründung.
b) Die zweite aufgeworfene Frage betrifft die Berücksichtigung von Kapitalkosten für ein Fremdkapitalmarktdarlehen bzw hilfsweise erneut für eine Eigenkapitalverzinsung wegen des vorzeitig getilgten Teilbetrags aus der Landesförderung. Hierfür ist maßgeblich, ob nach § 82 Abs 3 S 1 SGB XI aF "betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen" iS von § 82 Abs 2 Nr 1 SGB XI aF, die durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI bzw durch Landesdarlehen oder sonstige rückzahlbare Zuschüsse nicht vollständig gedeckt sind, gesondert bei den Aufwendungen der Pflegebedürftigen berechnet werden durften.
Selbst wenn der Klägerin reale Kapitalkosten durch die Rückzahlung des Landesdarlehens entstanden sind, weil sie für die vorzeitige Tilgung eines Teilbetrags des zinslosen Landesbaudarlehens ein Fremddarlehen am Kapitalmarkt aufnehmen musste, kann sie deshalb keine Berechnung höherer betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen verlangen. Solchen Investitionsaufwendungen fehlt es an ihrer Betriebsnotwendigkeit. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Pflegevergütung (§ 82 Abs 1 SGB XI) so beschaffen sein muss, dass sie es dem Einrichtungsträger "bei wirtschaftlicher Betriebsführung" ermöglicht, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen; der Aufwand muss den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen (vgl BSGE 102, 227 = SozR 4-3300 § 85 Nr 1, RdNr 24 und 32 ff; BSG Urteil vom 8.9.2011 - B 3 P 3/11 R - Juris RdNr 21). Betriebsnotwendig iS von § 82 Abs 3 S 1 SGB XI sind daher nur solche Investitionen in die Pflegeinfrastruktur, die für die Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs unter Berücksichtigung der Grundsätze wirtschaftlicher Betriebsführung als sachlich erforderlich und der Höhe nach als angemessen angesehen werden können (vgl BSG Urteil vom 8.9.2011 - B 3 P 2/11 R - BSGE 109, 96 = SozR 4-3300 § 82 Nr 7, RdNr 42). Kapitalkosten, die aber allein dem Umstand geschuldet sind, dass einer individuellen vorzeitigen Rückzahlungsvereinbarung von zinslos zur Verfügung gestellten Landesmitteln nachzukommen war, wären aber dann nicht notwendig gewesen, hätte es keinen Streit über VOB- bzw VOL-Verstöße gegeben. Denn bei unbestrittenem rechtskonformen Verhalten der Klägerin wäre das Landesdarlehen planmäßig zinslos getilgt worden, ohne dass Fremdkapitalkosten entstanden wären. Die Kapitalkosten waren daher nicht erforderlich, sondern wären vermeidbar gewesen. Unwirtschaftliche Investitionsaufwendungen sind nicht betriebsnotwendig und daher weder auf die Pflegeheimbewohner noch auf den Sozialhilfeträger umzulegen, wenn die Investitionen in die Pflegeinfrastruktur durch öffentliche Förderung nicht vollständig gedeckt sind.
Da der durch die vorzeitige Tilgung des Landesdarlehens entstandene Kapitalaufwand auf einer individuellen vergleichsweisen Einzelfallregelung zwischen den Beteiligten beruht, verbleiben im Übrigen Zweifel an der Breitenwirkung der aufgeworfenen Frage. Denn es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, durch deren grundsätzliche Klärung in einer die Allgemeinheit berührenden Weise das Recht bzw die Rechtsanwendung fortentwickelt bzw vereinheitlicht wird (stRspr BSG, vgl nur Becker, SGb 2007, 261, 266 mwN). Der revisionsrechtlichen Klärung steht insofern auch entgegen, dass nach den Ausführungen des Beklagten keine landesrechtliche Objektförderung mehr erfolgt, sodass die Prüfung von Verstößen gegen das Vergaberecht der Vergangenheit angehört. Eine solche Konstellation entfaltet aber keine Breitenwirkung von allgemeinem Interesse, sondern erschöpft sich in der Klärung eines Einzelfalls. Daher fehlt es der aufgeworfenen Frage auch aus diesem Grund an Klärungsbedürftigkeit.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 GKG. Der Streitwert ergibt sich aus den Angaben des Beklagten zu den Kapitalmarkt- und Eigenkapitalzinsen für 2011 und 2012 zuzüglich der Zinsen für die zweite Jahreshälfte 2010.
Fundstellen
Dokument-Index HI11261131 |