Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Als Rentenbezieher und Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) lebte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau sowie fünf Kindern in den Jahren 1986 bis 1996 dauerhaft in Spanien. Die Krankenbehandlungskosten übernahm der spanische Träger nach Maßgabe seiner Rechtsvorschriften, die (mit Ausnahme der Zahnextraktion) keine Übernahme zahnärztlicher Behandlungen vorsehen.
Die Beklagte lehnte die im März 1991 beantragte Erstattung von 18 Rechnungen für zahnärztliche Behandlungen 1990/1991 in Spanien (Gesamtbetrag umgerechnet DM 1.777,69) mit der Begründung ab, der Leistungsumfang richte sich allein nach spanischem Recht (Bescheid vom 9. April 1991; während des Berufungsverfahrens ergangener Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1995). Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 7. November 1994, Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ≪LSG≫ vom 12. Mai 1997).
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, das LSG hätte die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zulassen müssen. Klärungsbedürftig sei die Rechtsfrage, ob „ein im Ausland lebender Rentner gegen seinen inländischen Krankenversicherungsträger einen Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der von ihm zur Zahnbehandlung selbst aufgewendeten Mittel hat, weil der ausländische Versicherungsträger die Zahnbehandlungskosten mit Ausnahme der Extraktion von Zähnen nicht übernimmt”. Wegen des Aufenthalts in einem EU-Mitgliedsstaat habe sein Anspruch auf Leistungen nicht gem § 16 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geruht. In diesen Fällen seien, ungeachtet der Einschränkungen des Erstattungsanspruchs nach § 13 SGB V, nach Art 34 der Verordnung (EWG) Nr 574/72 grundsätzlich die Kosten in der Höhe zu erstatten, die von der Beklagten hätten aufgewendet werden müssen, wenn die Leistungen unter Mithilfe des ausländischen Trägers erbracht worden wären. Im übrigen habe das LSG verkannt, daß sich der Anspruch auf Kostenerstattung aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der Störung des Äquivalents zwischen Beitrag und Leistung, sowie der Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht der Beklagten ergebe, weil diese ihn nicht anläßlich der Ausreise auf die Besonderheiten des spanischen Leistungsrechts bei zahnärztlicher Behandlung hingewiesen habe.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist unbegründet. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, § 160 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor, weil sich die Antwort auf die gestellte Rechtsfrage bereits unmittelbar und zweifelsfrei aus dem Gesetz ergibt.
Ein Erstattungsanspruch für die selbst beschaffte Zahnbehandlung nach § 13 Abs 1 und 3 SGB V besteht nicht, weil wegen des Auslandsaufenthalts der gesamte Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten nach § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V ruhte. Der Kläger hatte lediglich aufgrund des Rechts der Europäischen Union einen originären Anspruch gegenüber dem spanischen Versicherungsträger auf Leistungen für sich und seine Familienangehörigen, weil er zwar nach spanischem Recht keinen Anspruch erworben hatte, jedoch einen deutschen gehabt hätte, wenn er in Deutschland wohnte, Art 28 Abs 1 Satz 1 Verordnung (EWG) Nr 1408/71. In diesen Fällen gewährt der spanische Träger für Rechnung des deutschen Trägers Sachleistungen nach seinen Rechtsvorschriften und stellt ihn so einem spanischen Rentner mit Sachleistungsberechtigung gleich, Art 28 Abs 1 Satz 2 Buchst a Verordnung (EWG) Nr 1408/71. Dem spanischen Träger werden die erbrachten Sachleistungen auf der Grundlage eines Pauschalbetrages, der den tatsächlichen Aufwendungen möglichst nahekommt, erstattet, vgl Art 95 Abs 1 Verordnung (EWG) Nr 574/72. Dieser Erstattungsanspruch ist jedoch nur ein Internum zwischen den Versicherungsträgern; am grundsätzlichen Ruhen des Leistungsanspruchs gegenüber dem deutschen Träger der Krankenversicherung ändert dies nichts. Ansprüche bestehen ausschließlich nach überstaatlichem Recht gegenüber dem spanischen Träger der Krankenversicherung nach dessen Rechtsvorschriften. Art 34 Verordnung (EWG) Nr 574/72 ist nicht einschlägig. Es handelt sich um eine Auffangvorschrift für den Fall, daß das Meldeverfahren im Aufenthaltstaat nach den Art 20, 21, 23 und 31 Verordnung (EWG) Nr 574/72 nicht eingehalten werden konnte. Der Kläger und seine Familie waren aber ordnungsgemäß beim spanischen Krankenversicherungsträger als Leistungsberechtigte angemeldet. Abgesehen davon richtet sich die Erstattung nach den für den Träger des Aufenthaltsortes maßgeblichen Sätzen (Abs 1), und eine davon abweichende Regelung (Absätze 4 und 5) setzt voraus, daß überhaupt bei Auslandsaufenthalt eine Erstattung möglich ist, was im vorliegenden Falle aber nach § 13 Abs 1 und 3 iVm § 16 Abs 1 Nr 1 SGB V ausgeschlossen ist. Dies alles ergibt sich – ohne zusätzlichen Interpretationsbedarf – unmittelbar aus dem Text der Rechtsvorschriften.
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob sich aus der Störung des Äquivalents zwischen Leistung und Beitrag ein Kostenerstattungsanspruch ableiten läßt, kann keine grundsätzliche Bedeutung gewinnen. Der Kläger, seine mitversicherte Ehefrau sowie seine mitversicherten fünf Kinder erhielten während des Aufenthalts in Spanien durchaus ein Äquivalent für die aufgewendeten Beiträge – nämlich die vollen Leistungen nach Maßgabe des spanischen Rechts. Das unterschiedliche Leistungsniveau in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU kann sich für die betroffenen Arbeitnehmer, Selbständigen und Rentner mit Blick auf die Einzelleistungen oder auch auf die Gesamtleistung teils ungünstig, teils günstig auswirken. Ein multilaterales Abkommen trifft pauschalierende Regelungen, deren negative Auswirkungen im Einzelfall der Betroffene hinzunehmen hat. Im übrigen hat die Rechtsprechung des Bundessozialgericht eine Störung des Äquivalents zwischen Beitrag und Leistung selbst dann nicht angenommen, wenn sich ein Versicherter ins vertraglose Ausland begibt und keinerlei Leistungen während des Auslandsaufenthalts erhält (vgl BSG vom 23. März 1993 und 23. Juni 1994 SozR 3-2500 § 243 Nrn 2 ≪Australien≫ und 3 ≪Phillipinen≫). Denn das Leistungsangebot im Inland wird weiterhin aufrechterhalten; die Familienangehörigen sind, soweit sie im Inland zurückbleiben, weiterhin versichert, der Versicherte sowie seine Angehörigen können (auch als Kranke) jederzeit zurückkehren und dann das volle Leistungsspektrum in Anspruch nehmen. Es liegt auf der Hand, daß diese Argumente erst recht dann Gültigkeit haben, wenn tatsächlich Sachleistungen, allerdings nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates der EU, erbracht werden.
Der Kläger trägt weiterhin vor, es sei ihm ein Schaden entstanden, der zu einer Erstattungsforderung nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs führe: Die Beklagte hätte ihn, als er sich nach Spanien abmeldete, über die mangelhaften Leistungen bei zahnärztlicher Behandlung in Spanien aufklären müssen, er hätte bei richtiger Beratung eine private Zusatzversicherung abgeschlossen. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachvortrag, zu dem das Urteil des LSG weder Feststellungen noch eine rechtliche Würdigung enthält. Ein im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde erheblicher Zulassungsgrund ist mit einem derartigen Vortrag nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen