Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18.12.2015; Aktenzeichen L 13 EG 27/13) |
SG Duisburg (Aktenzeichen S 18 EG 10/11) |
Tenor
Der Antrag der Kläger, ihnen für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der 1967 geborene Kläger zu 1. ist marokkanischer Staatsangehöriger und begehrt Elterngeld für seine Töchter K. (Klägerin zu 3.) und F. . Die Klägerin zu 2. ist deren Mutter.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Elterngeld für K. ab, da nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger zu 1. mit der Klägerin zu 3. in einem Haushalt lebe. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos. Die Kläger begehren, ihnen für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil (vom 18.12.2015) PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten zu gewähren. Die ebenfalls erfolgte Ablehnung des Elterngelds für die jüngere Tochter F. ist Gegenstand des Parallelverfahrens B 10 EG 2/16 BH.
II
Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.
Die Kläger können aller Voraussicht nach mit dem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens der Kläger - Anhaltspunkte dafür, dass sie einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnten. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall der Kläger hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Insbesondere wirft der Umstand, dass die Beklagte die Gewährung von Elterngeld an den Kläger zu 1. für die Klägerin zu 3. verweigert hat, weil für den Anspruchszeitraum kein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt nachgewiesen sei, keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Ob das LSG den Einzelfall richtig entschieden hat, ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnten (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Das LSG durfte in Abwesenheit der Kläger verhandeln und entscheiden, ohne deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) zu verletzen, weil es die Kläger ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte (vgl BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 6 mwN). Zwingende Gründe für eine Vertagung des Rechtsstreits sind nicht ersichtlich.
Ebenso durfte das LSG in mündlicher Verhandlung vom 18.12.2015 auch durch seine geschäftsplanmäßige Besetzung entscheiden. Das von den Klägern zuvor erneut angebrachte Ablehnungsgesuch gegenüber allen Senatsmitgliedern ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler wegen eines Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zu begründen. Zwar hat das LSG die Befangenheitsgesuche nicht durch gesonderte Zwischenentscheidung, sondern in den Urteilsgründen abgelehnt. In einem solchen Fall kann sich die fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts - anders als in den Fällen einer Zwischenentscheidung - als Verfahrensfehler erweisen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl BSG Beschluss vom 13.8.2009 - B 8 SO 13/09 B - Juris RdNr 9 unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 S 7). Das LSG durfte aber das Ablehnungsgesuch in dem angegriffenen Urteil unter Mitwirkung der abgelehnten Richter ohne Verstoß gegen § 60 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO als unbeachtlich werten, weil es offensichtlich rechtsmissbräuchlich war. Hierzu hat das LSG zutreffend ausgeführt, dass das Ablehnungsgesuch weder ausreichend individualisiert ist noch der Ablehnungsgrund wenigstens ansatzweise substantiiert wird. Tatsächlich hat der Kläger zu 1. im vorangegangenen Klage- und Berufungsverfahren mehrfach teilweise mit beleidigendem Inhalt alle mit seinen Angelegenheiten befassten Personen abgelehnt und ohne erkennbaren Grund verdächtigt, ihn wegen seiner Religion bzw Herkunft zu benachteiligen. Zudem hatte das LSG ein weitgehend gleichlautendes Gesuch bereits zuvor mit Beschluss vom 18.2.2014 zurückgewiesen bzw verworfen.
Soweit der Kläger zu 1. schließlich vor dem von ihm nicht wahrgenommenen Termin zur mündlichen Verhandlung schriftlich die Erhebung weiterer Beweise insbesondere durch Vernehmung zahlreicher, allerdings größtenteils bereits nicht mit ladungsfähiger Adresse bezeichneter Zeugen begehrt hat, brauchte sich das LSG davon nicht zu weiterer Beweiserhebung gedrängt zu sehen. Wie das LSG vielmehr zu Recht angenommen hat, begrenzt die Verletzung von Mitwirkungspflichten die Amtsermittlung. Dies gilt insbesondere hinsichtlich tatsächlicher Umstände aus der Sphäre des pflichtwidrig handelnden Beteiligten (BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15). Auch erschloss sich jedenfalls die Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Tatsachen nicht bzw handelte es sich um bloße Behauptungen ins Blaue hinein, die keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung boten.
Da den Klägern keine PKH zusteht, können sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI10448722 |