Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 21.11.2017; Aktenzeichen L 16 KR 413/17) |
SG Braunschweig (Entscheidung vom 25.08.2017; Aktenzeichen S 31 KR 465/16) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. November 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. November 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin hatte mit ihrem Begehren auf Versorgung mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten keinen Erfolg (Bescheid vom 16.6.2016; Widerspruchsbescheid vom 9.3.2017). Ihre am 1.9.2016 erhobene Untätigkeitsklage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das LSG unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da der Untätigkeitsklage nach Erlass des Widerspruchsbescheides das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Sie könne auch nicht als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage fortgeführt werden, weil die Versorgung mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme bereits Gegenstand eines Klageverfahrens (Az S 31 KR 78/17) bei dem SG sei (Urteil vom 21.11.2017).
Die Klägerin beantragt, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen und wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil. Zur Begründung legt sie Quittungen der Beklagten über die bei ihr erfolgten Leistungen vom 2. Quartal 2016 bis zum 2. Quartal 2017 sowie verschiedene ärztliche Unterlagen vor.
II
Die Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen (dazu 1.), die Beschwerde der Klägerin ist zu verwerfen (dazu 2.).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es. Die Klägerin kann aller Voraussicht nach mit ihrem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nach Durchsicht der Akten fehlen auch unter Würdigung ihres Vorbringens Anhaltspunkte dafür, dass sie einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.
a) Die Sache bietet weder Hinweise auf eine über den Einzelfall der Klägerin hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), noch auf eine entscheidungstragend bewusste Abweichung des LSG von Rspr des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG (Zulassungsgrund § 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass sich der Senat in einem Revisionsverfahren mit einer solchen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder Abweichung befassen müsste. Das LSG hat die Berufung schon wegen Unzulässigkeit der Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses (vgl BSG Beschluss vom 31.3.2017 - B 8 SO 4/17 BH - Juris RdNr 5) und aufgrund vorbestehender anderer Rechtshängigkeit (§ 17 Abs 1 S 2 GVG iVm § 202 S 1 SGG; vgl auch BSG Beschluss vom 7.3.2018 - B 1 KR 72/17 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 4.11.2009 - B 8 SO 38/09 B - Juris RdNr 6) zurückgewiesen.
b) Weiter ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Danach ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Verfahrensmangel ist hier nicht ersichtlich. Hinweise auf eine (fortbestehende) Betreuung wegen Psychose, insbesondere auf eine damit einhergehende Prozessunfähigkeit sind nicht ersichtlich. Jedoch hat das LSG ausweislich des Sitzungsprotokolls den Termin zur mündlichen Verhandlung vor der vereinbarten Terminstunde durchgeführt, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 S 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) verletzt wurde. Soweit das Protokoll hierzu vermerkt, die mündliche Verhandlung sei "im Einvernehmen" vorgezogen worden, ist nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin, die nicht anwesend war, der Vorverlegung zugestimmt haben soll. Ob die Klägerin an der mündlichen Verhandlung teilnehmen und ihren bisherigen Vortrag mündlich ergänzen wollte, ist weder aus den Akten ersichtlich noch hat sie hierzu vorgetragen. Dies kann aber letztlich offenbleiben. Denn der Anspruch auf PKH scheitert im vorliegenden Fall bereits daran, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung in der Hauptsache offensichtlich haltlos ist. Der Zweck der PKH gebietet lediglich, einen Unbemittelten einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfGE 81, 347, 356 ff; BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 3). Ein vernünftig denkender Bemittelter wird aber, wenn er voraussichtlich das von ihm erstrebte Rechtsschutzziel letztlich nicht erreichen können wird, einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts nicht zum Anlass nehmen, Kosten der Revisionsinstanz und weitere Kosten der Berufungsinstanz entstehen zu lassen, die er dann wegen des abzusehenden Misserfolgs in der Sache im Endergebnis selbst tragen müsste. Der Senat hat diese Grundsätze allerdings für schwerwiegende Verfahrensfehler eingeschränkt, bei denen das Gesetz selbst davon ausgeht, dass die angefochtene Entscheidung auf ihnen beruht (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 ZPO), und bei ähnlich schwerwiegenden Verfahrensfehlern, bei denen es die Rechtsordnung gebietet, jedem, auch dem Unbemittelten, eine Chance auf ein faires Verfahren und eine Korrektur zu eröffnen (BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 4). Diese Einschränkung gilt aber ihrerseits nicht grenzenlos: Ist die Rechtsverfolgung offensichtlich haltlos und damit mutwillig (§ 114 ZPO), so nötigt selbst ein schwerer Verfahrensverstoß nicht dazu, PKH zu bewilligen (BSG, aaO, RdNr 5). So liegt es hier. Die Klägerin hat nach Erlass des von ihr zunächst allein mit ihrer Untätigkeitsklage begehrten Widerspruchsbescheides eine Klageänderung ausdrücklich nicht erklärt. Vielmehr hat sie ihren Anspruch auf Versorgung mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in einem gesonderten Klageverfahren verfolgt (vgl auch BSG Beschluss vom 7.3.2018 - B 1 KR 72/17 B - Juris RdNr 8).
2. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil ist unzulässig, da die Klägerin nicht postulationsfähig ist. Vor dem BSG müssen sich die Beteiligten, außer im PKH-Verfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 73 Abs 4 S 1 SGG). Die Klägerin, die nicht zu dem Kreis der zugelassenen Prozessbevollmächtigten gehört, hat die Beschwerde jedoch selbst eingelegt.
3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12975639 |