Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Juni 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
In dem zugrundeliegenden Verfahren streiten die Beteiligten um die Festsetzung von Beiträgen nach der Mindestbemessungsgrundlage aufgrund der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten in der Zeit vom 1.9.2016 bis zum 31.12.2019 sowie um die Erhebung von Säumniszuschlägen.
Der 1951 geborene Kläger bezieht seit 1.9.2016 eine Regelaltersrente. Ab diesem Zeitpunkt setzte die Beklagte Beiträge nach der jeweils geltenden Mindestbemessungsgrundlage fest (Bescheide von Dezember 2016 und Januar 2017, Widerspruchsbescheid von Mai 2017 und Bescheid von Januar 2018). Die Vorversicherungszeiten für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) seien nicht erfüllt. Da der Kläger in der Folgezeit den von der Beklagten übersandten Fragebogen nicht ausgefüllt und auch keinen Einkommensteuerbescheid übersandt hatte, setzte die Beklagte die Beiträge für die Zeit ab 1.6.2018 auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze neu fest (Bescheide vom 13.11.2018, 27.12.2018). Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 24.2.2021). Vor dem Berufungsgericht haben die Beteiligten vereinbart, dass Beiträge auch ab dem 1.6.2018 höchstens nach der Mindestbemessungsgrundlage zu berechnen seien. Die insoweit aufrechterhaltene Berufung hat das LSG zurückgewiesen. Ein Verfassungsverstoß aufgrund der angewandten Berechnungsgrundlagen liege nicht vor. Die Beklagte habe die zutreffenden Beitragssätze zugrunde gelegt. Die Mindestbemessungsgrundlage sei auch für den einkommensabhängigen Zusatzbeitrag maßgeblich. Die jeweiligen Beitragserhöhungen hätten sich erst nach Bekanntgabe der Beitragsmitteilungen ausgewirkt, so dass keine Rückwirkung eingetreten sei. Die Beklagte sei zur Erhebung von Säumniszuschlägen berechtigt; die gesetzlich vorgesehene Höhe der Säumniszuschläge sei - anders als bei Nachzahlungszinsen im Steuerrecht - nicht zu beanstanden (Urteil vom 30.6.2022).
Der Kläger hat privatschriftlich Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhoben und beantragt, ihm im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) einen Rechtsanwalt zur formalgerechten Einlegung beizuordnen.
II
1. Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen. Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2), oder wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Darauf, ob der Kläger die Entscheidung für unzutreffend hält, kommt es dagegen nicht an.
Es ist nach Durchsicht der Akten nicht ersichtlich, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder einen Verfahrensmangel des LSG, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte, mit Erfolg geltend machen könnte.
a) Soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit der Mindestbemessungsgrundlage geltend macht, ist eine Klärungsbedürftigkeit nicht ersichtlich. Die Beitragsfestsetzung bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) war wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG. Demnach entspricht es dem die GKV beherrschenden Solidaritätsprinzip, die Versicherten grundsätzlich nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen heranzuziehen (vgl zB BVerfG Beschluss vom 6.12.1988 - 2 BvL 18/84 - BVerfGE 79, 223 = SozR 220 § 180 Nr 46). Auch die Heranziehung freiwilliger Mitglieder zu Mindestbeiträgen (§ 240 Abs 4 Satz 1 SGB V) ist grundsätzlich rechtmäßig (vgl ua BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 4.12.2002 - 1 BvR 527/98 - SozR 3-3300 § 57 Nr 3 = juris RdNr 12; BSG Urteil vom 7.11.1991 - 12 RK 37/90 - BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6 = juris RdNr 23 ff).
Insbesondere hat der Senat wiederholt entschieden, dass die beitragsrechtliche Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten verfassungsgemäß ist (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 32 RdNr 24; BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 27.1.2010 - B 12 KR 28/08 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 13 RdNr 18; BSG Beschluss vom 4.4.2018 - B 12 KR 99/17 B - juris RdNr 8). Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass das Gesetz typisierend von einer geringeren Schutzbedürftigkeit der freiwillig versicherten Mitglieder im Vergleich zu Pflichtversicherten ausgehe (vgl zB BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 29 mwN) und ihnen im Hinblick darauf einen adäquaten Beitrag für den Krankenversicherungsschutz selbst dann abverlangen darf, wenn sie nur ein geringes oder überhaupt kein Einkommen haben (vgl zB BSG Urteil vom 18.2.1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr 29 = juris RdNr 14). Insbesondere ist die Ungleichbehandlung mit gesetzlich versicherten Rentnern, die die erforderlichen Vorversicherungszeiten für die KVdR erfüllen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn diese Personen waren eine angemessene Zeit in der GKV versichert und damit am Solidarausgleich für die KVdR ausreichend beteiligt (vgl BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 12 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 5 Nr 21 RdNr 46 mwN). § 240 Abs 2 Satz 1 SGB V soll lediglich verhindern, dass ein freiwillig Versicherter beitragsmäßig geringer belastet wird als ein vergleichbarer versicherungspflichtig Beschäftigter. Soweit der Kläger die Mindestbemessungsgrenze für unsozial hält und die Entstehung von Altersarmut rügt, ist er im Bedarfsfall auf die Grundsicherung (vgl § 32 SGB XII) zu verweisen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Mindestbemessungsgrundlage bei der Erhebung des Zusatzbeitrags ohne Bedeutung sein sollte; nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist der Zusatzbeitrag als Prozentsatz der "beitragspflichtigen Einnahmen" (§ 242 Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 240 Abs 4 SGB V) ausgestaltet. Bedenken dagegen, dass der Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI in Abhängigkeit vom (gegebenenfalls steigenden) Rentenzahlbetrag bestimmt wird und deshalb der vom Kläger selbst zu tragende Anteil des Mindestbeitrags bei geringerer Rente höher ist, sind ebenso wenig ersichtlich (vgl hierzu zB BSG Urteil vom 6.11.1997 - 12 RK 61/96 - SozR 3-2500 § 240 Nr 30 = juris RdNr 27).
Zu den Säumniszuschlägen (§ 24 Abs 1 SGB IV) hat der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 7.7.2020 (B 12 R 28/18 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 9 RdNr 19 mwN) ausgeführt, dass er aufgrund von deren Zweck und Funktion im Sozialversicherungsrecht keine verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich deren Höhe hat. Im Übrigen hat das LSG in seinem Urteil (S 12 d aa) auch nicht hinreichend klar festgestellt, für welche Zeiträume und in welcher Höhe Säumniszuschläge tatsächlich zur Anwendung kommen, so dass auch die Klärungsfähigkeit diesbezüglicher Fragen nicht gegeben ist.
b) Eine Divergenz kann nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn die mit der Beschwerde angegriffene Entscheidung auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von einem abstrakten Rechtssatz in einer (anderen) Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Hierfür ist nichts ersichtlich.
c) Schließlich fehlen Anhaltspunkte dafür, dass gegen die Entscheidung des LSG durchgreifende Verfahrensrügen erhoben werden könnten. Zu der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung haben der Kläger und die Beklagte ihr Einverständnis erklärt.
2. Da der Kläger die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG wirksam nur durch zugelassene Prozessbevollmächtigte einlegen kann (§ 73 Abs 4 SGG), entspricht das von ihm selbst eingelegte Rechtsmittel nicht der gesetzlichen Form. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist daher ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15635392 |