Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Oktober 1999 – L 4 KR 78/98 – wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der 1984 geborene Kläger ist Schüler einer allgemeinbildenden Schule und freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sein Vater und Prozeßbevollmächtigter im vorliegenden Verfahren ist selbständiger Rechtsanwalt und privat krankenversichert. Seine Mutter ist aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung, die sie bei ihrem Ehemann und Vater des Klägers ausübt (monatliches Entgelt 680 DM), pflichtversichert und Mitglied der Beklagten. Der Kläger zahlt aufgrund der Satzung der Beklagten Beiträge, die nach (fiktiven) beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße bemessen werden; diese Regelung entspricht § 240 Abs 4 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).
Im Februar 1996 beantragte der Kläger eine Herabsetzung seiner Krankenversicherungsbeiträge; für die Beitragsbemessung dürfe höchstens ein Einkommen in Höhe des Kindergeldes herangezogen werden. Die Beklagte lehnte dies ab, weil nach der genannten Vorschrift Mindesteinnahmen von monatlich 1.377 DM (1996) zugrunde zu legen seien (was bei einem Beitragssatz von 12 vH einen Monatsbeitrag von 165,24 DM im Jahre 1996 ergeben hätte). Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil vom 28. Oktober 1999 im wesentlichen ausgeführt, die Beitragsberechnung entspreche dem geltenden Recht. Es sei mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar, daß der Mindestbeitrag auch dann nicht unterschritten werden dürfe, wenn der Versicherte nur ein geringes oder überhaupt kein Einkommen habe. Es sei auch nicht verfassungswidrig, daß der Kläger als freiwillig versicherter Schüler höhere Beiträge zu entrichten habe als ein pflichtversicherter Student.
Der Kläger hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V aufgeworfen. Er hat auf die Entwicklung der Beitragshöhe und der allgemeinen Lebenshaltungskosten seit 1988 sowie darauf hingewiesen, daß die Beiträge freiwillig versicherter Schüler einer Fachschule oder Berufsfachschule seit August 1998 anders als die Beiträge sonstiger Schüler wie die Beiträge pflichtversicherter Studenten berechnet werden; diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde des Klägers führt, wie auch die gleichgelagerte Beschwerde seines jüngeren Bruders (Az: B 12 KR 2/00 B), nicht zur Zulassung der Revision.
Soweit der Kläger als Zulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) geltend macht, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet.
Zwar können Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 11 und 17), jedoch ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie höchstrichterlich bereits beantwortet worden ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51, SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Dies ist hier der Fall. Der Senat hat schon entschieden, daß aufgrund der Regelung zur Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei der Beitragsbemessung die fiktive Mindestgrenze auch bei einkommenslosen Mitgliedern nicht unterschritten werden darf (BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6; SozR 3-1300 § 40 Nr 2) und diese Regelung selbst dann nicht gegen das GG verstößt, wenn fünf Familienangehörige gleichzeitig betroffen sind (BSG SozR 3-1300 § 40 Nr 2); die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen, weil jedenfalls der damalige Beschwerdeführer durch die angegriffene Beitragsregelung nicht überfordert wurde (BSG SozR 3-1300 § 40 Nr 3). Der Senat hat ferner entschieden, daß § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V auch insoweit nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, als freiwillig versicherte Schüler höhere Beiträge zu tragen haben als versicherungspflichtige Studenten (BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 7). Die aufgeworfene Rechtsfrage ist damit geklärt.
Die Rechtsfrage ist nicht deshalb erneut klärungsbedürftig geworden (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; SozR 1500 § 160a Nr 13), weil durch Art 3 Nr 2 Buchst a des Ersten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes (1. MPG-ÄndG) vom 6. August 1998 (BGBl I 2005) dem § 240 Abs 4 SGB V mit Wirkung vom 12. August 1998 der Satz 4 angefügt worden ist. Danach gilt für freiwillig versicherte Mitglieder, die Schüler einer Fachschule oder Berufsfachschule sind, § 236 SGB V iVm § 245 Abs 1 SGB V entsprechend. Diese Regelung besagt, daß diese Personen in der freiwilligen Versicherung beitragsrechtlich wie versicherungspflichtige Studenten und Praktikanten behandelt werden, dh daß für sie der studentische Beitragssatz des § 245 SGB V gilt und dieser auf die für Studenten und Praktikanten geltende Bemessungsgrundlage des § 236 Abs 1 SGB V (Bedarfssatz nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ≪BAföG≫) anzuwenden ist. Zwar werden hierdurch verschiedene Schülergruppen unterschiedlich behandelt. Dafür gibt es aber sachliche Gründe.
Als Berufsfachschulen werden bundeseinheitlich Schulen bezeichnet, deren Aufgabe es ist, allgemeine und fachliche Lehrinhalte zu vermitteln und den Schüler zu befähigen, den Abschluß in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder einen Teil der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu erlangen, oder ihn zu einem Berufsbildungsabschluß zu führen, der nur in Schulen erworben werden kann (Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 3. Dezember 1975, GMBl 1976, 131; zB Art 13 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen ≪BayEUG≫; § 11 Schulgesetz Baden-Württemberg). Die Berufsfachschule vermittelt danach eine berufsbildende Ausbildung iS des § 7 Abs 1 BAföG und führt zu einer Qualifikation in einem Beruf (BVerwG FamRZ 1985, 112). Zwar kann bei Besuchern einer Berufsfachschule eine vorangegangene abhängige Beschäftigung nicht generell unterstellt werden (vgl BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 23 S 86), jedoch wird ein solcher Schulbesuch regelmäßig erst im Anschluß an den Besuch einer allgemeinbildenden Schule und oft erst im Erwachsenenalter stattfinden. Entsprechendes gilt für den Besuch einer Fachschule, der nach abgeschlossener Berufsausbildung und praktischer Bewährung oder nach einer geeigneten beruflichen Tätigkeit von mehreren Jahren eine weitergehende fachliche Ausbildung im Beruf vermittelt (vgl zB Art 15 BayEUG; § 14 Schulgesetz Baden-Württemberg). Beiden Schultypen ist gemeinsam, daß ihr Besuch einen Berufsbezug hat und eine größere Nähe zu einem Studium oder studienbegleitenden Praktikum aufweist, als dies beim Besuch einer allgemeinbildenden Schule der Fall ist. Dieses hat der Gesetzgeber mit § 240 Abs 4 Satz 4 SGB V beitragsrechtlich berücksichtigt.
In der Krankenversicherung ist für Schüler einer Fachschule oder Berufsfachschule Versicherungspflicht nicht angeordnet, sondern Versicherungspflicht nur für Studenten (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V) und bestimmte Praktikanten (aaO Nr 10) vorgesehen. Hingegen sind die Besucher von Fachschulen und Berufsfachschulen in der sozialen Pflegeversicherung nach dem Wortlaut des § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 10 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) wie Praktikanten versicherungspflichtig. Da in der Krankenversicherung Besucher einer Berufsfachschule auch keine Auszubildenden des Zweiten Bildungsweges und daher auch nicht wie Praktikanten nach § 5 Abs 1 Nr 10 SGB V versicherungspflichtig sind (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 23 S 81, 85), können sie und Besucher einer Fachschule der Krankenversicherung nur unter den Voraussetzungen des § 9 SGB V beitreten. Dennoch wurden solche Schüler von Krankenkassen früher beitragsrechtlich wie pflichtversicherte Studenten behandelt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat entsprechende Satzungsbestimmungen allerdings als nicht genehmigungsfähig erachtet, weil sie dem Grundsatz des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V widersprachen (BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 29; vgl auch BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 23 S 87). Hierauf wurde mit dem 1. MPG-ÄndG auf Vorschlag des Bundestags-Ausschusses für Gesundheit in § 240 Abs 4 Satz 4 SGB V die entsprechende Geltung beitragsrechtlicher Vorschriften versicherungspflichtiger Studenten und Praktikanten angeordnet. Nach der Begründung dazu stellt die Regelung sicher, daß die bisherige Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten Schülern einer Fachschule oder Berufsfachschule fortgeführt werden kann und Beitragsmehrbelastungen für diesen Personenkreis von ca 120 DM monatlich vermieden werden. Die Regelung komme auch den Meisterschülern entgegen, die lediglich Leistungen des Meister-BAföG beziehen, so daß die Akzeptanz des Meister-BAföG erhöht werde (BT-Drucks 13/11021, S 11 zu Art 3 Nr 2 Buchst a).
Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei typisierender Betrachtungsweise kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, daß für Besucher einer Berufsfachschule und Fachschule (beitragsfreier) Krankenversicherungsschutz durch eine Familienversicherung nach § 10 SGB V vermittelt wird. Insoweit unterscheiden sich die Besucher einer Fachschule und Berufsfachschule von den Besuchern einer allgemeinbildenden Schule, die angesichts ihres Alters regelmäßig familienversichert sind, wenn ihre Eltern in der Krankenversicherung versichert sind. Wie bei Studenten und Praktikanten anerkennt der Gesetzgeber mit der Regelung des § 240 Abs 4 Satz 4 SGB V das Interesse von Berufsfachschülern und Fachschülern an einer der studentischen Krankenversicherung vergleichbar günstigen Krankenversicherung, ohne sie insgesamt wie Studenten und Praktikanten in die Pflichtversicherung einzubeziehen. Ob der Gesetzgeber mit der genannten Ausnahme von der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V die bestmögliche Regelung getroffen hat, unterliegt nicht der gerichtlichen Prüfung, sondern ist Sache des gesetzgeberischen Ermessens.
Soweit der Kläger vorträgt, die Beiträge seien seit 1988 erheblich schneller gestiegen als die Lebenshaltungskosten und hätten sich inzwischen mehr als verdreifacht, das Verhältnis zwischen der Höhe der Beiträge und den Leistungen aus der Versicherung sei „zu einem völligen Mißverhältnis auseinandergelaufen” und die Beitragshöhe unangemessen hoch, ist eine erneute Klärungsbedürftigkeit einer verfassungsrechtlichen Frage nicht dargetan. Soweit 1989 gegenüber 1988 eine Verdoppelung der Beiträge stattgefunden hat, ist sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im übrigen ist die Höhe der fiktiven Mindesteinnahmen, von denen die Mindestbeiträge abhängen, an die Bezugsgröße geknüpft, dh an das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl § 18 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ≪SGB IV≫) und damit an die Lohnentwicklung. Sie trägt insofern der wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung. Es ist nicht ersichtlich, daß demgegenüber eine Koppelung der Mindestbeiträge an die allgemeinen Lebenshaltungskosten verfassungsrechtlich geboten wäre.
Soweit mit der Beschwerde eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG geltend gemacht wird, hat der Kläger weder einen abstrakten Rechtssatz des BSG im Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 RR 1/94 – noch einen hiervon abweichenden abstrakten und das Urteil tragenden Rechtssatz des LSG aufgezeigt. Der Senat sieht gemäß § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG insoweit von einer Begründung ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen