Orientierungssatz
1. Parallelentscheidung zum Beschluss des BSG vom 30.3.2023 - B 10 ÜG 2/22 B, der vollständig dokumentiert ist.
2. Ablehnung eines Antrags auf PKH für eine beabsichtigte Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss (BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 18.7.2023 - 1 BvR 1212/23).
Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 28.01.2022; Aktenzeichen L 37 SF 289/19 EK AS) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1999 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt eine Entschädigung in Höhe von mindestens 1999 Euro wegen überlanger Dauer eines vor dem SG Potsdam geführten Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 24 AS 284/15 und zuletzt S 24 AS 1482/19 WA.
Er ist Volljurist und bezog Leistungen nach dem SGB II vom zuständigen Grundsicherungsträger, gegen den er zwischen 2009 und 2019 eine Vielzahl sozialgerichtlicher Verfahren führte.
Im Ausgangsverfahren stritten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 13.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.2.2015, aufgrund dessen das damals beklagte Jobcenter Leistungen in Höhe von 486,21 Euro zurückforderte.
Der Kläger erhob am 11.2.2015 Klage. In der vom SG anberaumten mündlichen Verhandlung am 21.10.2015 wies die Kammervorsitzende darauf hin, dass die Entscheidung des Rechtstreits von noch nicht ergangenen Entscheidungen des LSG zur Höhe des Einkommens des Klägers in vergangenen Leistungszeiträumen abhängen könne. Die Beteiligten beantragten übereinstimmend, das Verfahren ruhend zu stellen, woraufhin das SG durch Beschluss vom selben Tag das Ruhen des Verfahrens anordnete.
Die Verfahren vor dem LSG endeten im Januar 2017. Auf Antrag des damaligen Beklagten vom 20.9.2019 nahm das SG den Rechtsstreit wieder auf. Zuvor hatte der Kläger am 25.8.2019 Verzögerungsrüge erhoben. Das Verfahren vor dem SG endete in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2019 durch einen Vergleich.
Das LSG als Entschädigungsgericht hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom 28.1.2022 die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens festgestellt und die weitergehende, auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zeitdauer der Verfahrensruhe sei zwischen November 2015 und Januar 2017 sachlich gerechtfertigt gewesen. Die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Ruhensbeschlusses sei vom Entschädigungsgericht nicht zu prüfen, weil es nach der Rechtsprechung des BSG keine rechtliche Vollkontrolle über das Handeln des Ausgangsgerichts ausüben dürfe. Willkürlich sei dessen Beschluss jedenfalls nicht gewesen. Vielmehr habe das Ausgangsgericht die Tatbestandsmerkmale des § 251 Satz 1 ZPO geprüft und die Zweckmäßigkeit des Ruhens bejaht. Auch unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur Verfahrensförderung sei das Ruhen bis Januar 2017 noch vom weiten prozessualen Gestaltungsspielraum des Ausgangsgerichts gedeckt gewesen. Dagegen habe für die anschließenden 31 Kalendermonate des Ruhens bis August 2019 keine sachliche Rechtfertigung bestanden, weil in der Berufungsinstanz kein Parallelverfahren mehr anhängig gewesen sei. Zuzüglich eines weiteren Verzögerungsmonats sei es im Ausgangsverfahren zu Zeiten einer gerichtlichen Inaktivität von insgesamt 32 Kalendermonaten gekommen.
Trotz einer nach Abzug einer Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Ausgangsgerichts von zwölf Monaten verbleibenden grundsätzlich entschädigungspflichtigen Verzögerung von 20 Kalendermonaten stehe dem Kläger keine Geldentschädigung zu. Vielmehr reiche eine Wiedergutmachung auf andere Weise aus. Das Ausgangsverfahren sei weder besonders bedeutsam noch besonders dringlich gewesen. Für den Kläger selbst habe eine zügige Verfahrenserledigung lange nicht im Vordergrund gestanden. Zudem habe er das Ausgangsgericht nicht davon informiert, dass der Anordnungsgrund bereits im Januar 2017 weggefallen sei. Durch sein Stillhalten nach Wegfall des Ruhensgrundes habe er ganz erheblich zur Verzögerung des Ausgangsverfahrens beigetragen. Nur dadurch sei es ihm "gelungen", Monate gerichtlicher Untätigkeit in entschädigungsrechtlich relevantem Ausmaß "zu sammeln". Ein solches "Dulde und Liquidiere" habe der Gesetzgeber aber gerade verhindern wollen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz und Verfahrensmängel geltend.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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a) Der Kläger misst folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung zu (S 90 f der Beschwerdebegründung): |
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"1. Fällt die gerichtliche Untätigkeit in einem ruhenden Verfahren, wenn das Gericht nach der Anordnung des Ruhens untätig bleibt und nicht kontrolliert, ob die Gründe, wegen denen das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurden, noch vorliegen und noch 'wichtig' sind und das fortwährende Ruhen noch 'zweckmäßig' ist, bereits ab dem Monat, der dem Ruhensbeschluss folgt oder erst ab dem Monat, der dem Wegfall der Ruhensgründe folgt, in den staatlichen Verantwortungsbereich?" |
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"2. Ist es ausreichend, wenn das Gericht nach der Anordnung des Ruhens untätig bleibt und nicht kontrolliert, ob die Gründe, wegen denen das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurden, noch vorliegen und noch 'wichtig' sind und das fortwährende Ruhen noch ‘zweckmäßig‘ ist, nur die unangemessen lange Dauer eines Verfahrens festzustellen?" |
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"3. Ist ein (…) Beteiligter eines Verfahrens, dessen Ruhen von einem Gericht angeordnet wurde, um die Entscheidungen über Rechtsmittel, die gegen eine in einem Parallelverfahren von diesem Gericht getroffene Entscheidung eingelegt wurden, abzuwarten, berechtigt, davon auszugehen, dass das Gericht regelmäßig kontrollieren wird, ob in dem Parallelverfahren bereits entschieden wurde und, wenn dort bereits entschieden wurde, das Verfahren von Amts wegen fortgeführt werden wird und dass das Gericht weiß, dass und wie über die Rechtsmittel entschieden wurde und es nicht notwendig ist, es darüber zu informieren?" |
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"4. Fällt es in den staatlichen Verantwortungsbereich, wenn das Ruhen eines Verfahrens angeordnet wurde, um den Abschluss eines Parallelverfahrens abzuwarten, dieses Parallelverfahren jedoch aufgrund in den staatlichen Verantwortungsbereich fallender Verzögerungen immer länger und deshalb auch die Dauer des Ruhens des Verfahrens immer länger dauert?" |
Offenbleiben kann, ob der Kläger mit diesen Fragestellungen und seinen weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung überhaupt hinreichend konkrete Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht ordnungsgemäß bezeichnet hat. Selbst aber wenn der Senat ihnen die Qualität von Rechtsfragen zubilligen wollte, hat der Kläger deren Klärungsbedürftigkeit trotz seitenmäßig umfangreicher Ausführungen nicht substantiiert aufgezeigt. Er hat sich nicht im gebotenen Maße damit auseinandergesetzt, ob sich die von ihm formulierten Fragen nicht bereits mithilfe der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen (vgl hierzu BSG Beschluss vom 6.3.2020 - B 9 SB 86/19 B - juris RdNr 6). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht oder das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; zB BSG Beschluss vom 17.10.2018 - B 9 V 20/18 B - juris RdNr 9 mwN). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG oder das BVerfG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebenden Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden sind (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 15.8.2019 - B 9 SB 23/19 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 1.2.2017 - B 5 R 312/16 B - juris RdNr 9). Hieran fehlt es.
Nach der Rechtsprechung des BSG kommt ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem Parallelverfahren dann als sogenannte aktive Bearbeitungszeit des Ausgangsgerichts in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz sind oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen (BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 47; vgl auch BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 27.9.2011 - 1 BvR 232/11 - juris RdNr 31). Des Weiteren haben sowohl das BSG als auch das BVerfG entschieden, dass das Gericht bei einer Entscheidung über die Aussetzung eines Verfahrens die mögliche Verfahrensverlängerung mit den Gesichtspunkten der Verfahrensökonomie und gegebenenfalls der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen abzuwägen hat. Dabei hat es auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen. Eine Verzögerung des vorgreiflichen Rechtsstreits ist ebenfalls ein Gesichtspunkt, dem bei der Ausübung des Ermessens Rechnung zu tragen ist. Im Fall einer ermessensfehlerhaften Entscheidung fällt die durch die Aussetzung verursachte Verfahrensverlängerung in den Verantwortungsbereich des Gerichts (BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 40; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 5.8.2013 - 1 BvR 2965/10 - juris RdNr 21).
Die Beschwerdebegründung erwähnt zwar diese Rechtsprechung zu Verzögerungen beim Zuwarten auf den Ausgang von Parallelverfahren und Aussetzungsentscheidungen. Sie erörtert aber nicht, ob sich aus ihr Antworten auf die vom Kläger aufgeworfenen Fragen entnehmen lassen können. Dies wäre hier aber schon deshalb geboten gewesen, weil der Kläger zum einen vorträgt, dass er und auch die Beklagte im Ausgangsverfahren dem Ruhen zugestimmt haben, und er zum anderen offenbar sogar selbst davon ausgeht, dass die genannten und - von ihm in anderem Zusammenhang ausdrücklich thematisierten - Zweckmäßigkeitserwägungen insbesondere hinsichtlich der Dauer des Verfahrens bei der Entscheidung über die Anordnung und Aufrechterhaltung des Ruhens des Verfahrens nach § 251 ZPO und seine Fortdauer vergleichbar gelagert sind.
Die vom Kläger formulierten Fragen zu 2. und 3. betreffen die Abgrenzung einer möglichen Obliegenheit eines Beteiligten, dem Ausgangsgericht den ihm bekannten Wegfall des Ruhensgrundes mitzuteilen, von der gerichtlichen Pflicht, einen möglichen Wegfall von Amts wegen als Teil einer ordnungsgemäßen Prozessführung zu kontrollieren. Der Kläger trägt selbst vor, das Entschädigungsgericht habe in dieser Hinsicht zwar einerseits angenommen, ab Wegfall des Ruhensgrundes falle die Verlängerung der Dauer des Ausgangsverfahrens grundsätzlich in den staatlichen Verantwortungsbereich. Andererseits habe es nach den Umständen des Einzelfalls iS von § 198 Abs 2 Satz 2 GVG, namentlich seinem Verhalten, seiner juristischen Kenntnisse und seiner Motivlage, ausnahmsweise eine Entschädigung durch Feststellung der bloßen Überlänge nach § 198 Abs 4 Satz 1 GVG für ausreichend gehalten. Die vom Entschädigungsgericht für diese Entscheidung festgestellten inneren und äußeren Tatsachen sind für den Senat bindend (vgl § 163 SGG). Die daraus vom Entschädigungsgericht in seinem Urteil gezogenen Schlussfolgerungen wenden § 198 GVG auf den besonderen Fall des Klägers an. Soweit er mit seinen Fragestellungen die vom Entschädigungsgericht vorgenommene, aus seiner Sicht fehlerhafte Gewichtung, Abwägung und Würdigung der von ihm benannten besonderen (Einzelfall-)Umstände rügen wollte, wendet er sich im Gewand einer Grundsatzrüge gegen eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung in seinem Einzelfall. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht mit Erfolg gestützt werden (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 20.5.2022 - B 10 ÜG 1/22 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.3.2020 - B 10 ÜG 17/19 B - juris RdNr 9).
b) Soweit der Kläger darüber hinaus für klärungsbedürftig hält, in welchem Umfang Gerichte die Nutzung von normativ eröffneten Entscheidungsspielräumen (Beurteilungs- und Ermessensspielräumen) zu begründen haben, bezeichnet er mit dem von ihm diesbezüglich in der Beschwerdebegründung (S 94 f) formulierten Fragestellungen schon keine hinreichend konkrete Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten, genau bezeichneten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht. Unabhängig davon, dass er sich in diesem Kontext nicht hinreichend mit Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften auseinandersetzt, geht es dem Kläger im Kern seines diesbezüglichen Vorbringens erneut um die Überprüfung der Prozessführung des Ausgangsgerichts im Zusammenhang mit dem Ruhensbeschluss durch das Entschädigungsgericht, die er für fehlerhaft hält. Damit rügt er abermals im Gewand von Grundsatzrügen eine aus seiner Sicht unrichtige Rechtsanwendung des Entschädigungsgerichts in seinem Einzelfall. Damit kann er - wie oben bereits ausgeführt - eine grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht erfolgreich begründen. Dies gilt entsprechend, soweit der Kläger diese Frage auch in Bezug auf die Entscheidung des LSG im schriftlichen Verfahren aufwirft.
c) Unzulässig ist die Beschwerde zudem, sofern der Kläger der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung deshalb zumessen will, weil sich die angefochtene Entscheidung in verschiedener Hinsicht als "objektiv willkürlich" darstelle und es "nicht zweifelhaft" erscheine, dass das BVerfG sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde.
Der Kläger weist zwar zutreffend auf die Rechtsprechung des BGH hin, wonach unter diesen Umständen auch Rechtsfehler im Einzelfall ausnahmsweise eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 543 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO begründen können (BGH Beschluss vom 1.10.2002 - XI ZR 71/02 - BGHZ 152, 182 - juris RdNr 29). Verletzungen des Willkürverbots, insbesondere in Ausprägung des Anspruchs auf ein faires Verfahren, ordnet das BSG allerdings den Verfahrensmängeln des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zu (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 27.11.2018 - B 3 KR 25/18 B - juris RdNr 14 ff), die als Grund für die Zulassung der Revision in § 543 Abs 2 ZPO nicht genannt sind (vgl BSG Beschluss vom 22.12.2021 - B 9 SB 56/21 B - juris RdNr 11). Entsprechend führt der BGH in der vom Kläger benannten Entscheidung selbst aus, dass die Systematik des § 543 Abs 2 Satz 1 ZPO im Vergleich ua zu § 160 Abs 2 SGG hinsichtlich des Begriffs der grundsätzlichen Bedeutung eine gewisse Ausweitung erfahren hat (vgl BGH aaO, RdNr 33).
Ob eine willkürlich fehlerhafte Entscheidung entsprechend der Rechtsprechung des BGH ausnahmsweise auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG begründen kann, bedarf vorliegend keiner Erörterung. Denn der Kläger erfüllt weder die vom BSG an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels gestellten Anforderungen (s hierzu unter 3.) noch die für eine Grundsatzrüge wegen vermeintlichen Verstoßes einer reversiblen Norm gegen Verfassungsrecht. Hierfür verlangt das BSG, dass der Beschwerdeführer, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen und -prinzipien in substantieller Argumentation darlegt, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG im Einzelnen dargelegt werden. Dabei ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in willkürlicher Weise verletzt hat (stRspr; zB BSG Beschluss vom 22.12.2021 - B 9 SB 56/21 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 27.4.2021 - B 9 V 35/20 B - juris RdNr 35). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine substantiierten Ausführungen. Im Übrigen setzt insoweit jedenfalls im Kern korrespondierend mit dem BSG auch die Rechtsprechung des BGH für eine Grundsatzrüge die ordnungsgemäße Darlegung voraus, dass der Beschwerdeführer angibt, welches Grundrecht verletzt sein soll, in welchem Verhalten des Berufungsgerichts die Verletzung liegen soll, dass die angefochtene Entscheidung darauf beruht und dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG nicht zweifelhaft sein kann, dass das angegriffene Urteil einer Nachprüfung durch das BVerfG nicht standhalten würde (BGH Beschluss vom 1.10.2002 - XI ZR 71/02 - BGHZ 152, 182 - juris RdNr 36).
Der Kläger behauptet zwar, eine auf Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip und auf Art 3 Abs 1 GG in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür gestützte Verfassungsbeschwerde hätte Aussicht auf Erfolg. Jedoch fehlt es der Beschwerdebegründung an jeglicher Berücksichtigung der vom BVerfG hierzu aufgestellten Grundsätze und der für die Beurteilung möglicher Grundrechtsverstöße insoweit entwickelten Maßstäbe. Einschlägige Rechtsprechung des BVerfG wird hierzu weder erwähnt noch ausgewertet. Allein mit der Darstellung einer eigenen, von der angegriffenen Entscheidung abweichenden Rechtsansicht legt der Kläger nicht - wie erforderlich - die Verfassungswidrigkeit einer dieser Entscheidung zugrunde liegenden Norm des materiellen Rechts oder des Prozessrechts dar.
2. Auch die Voraussetzung einer Divergenz hat der Kläger nicht substantiiert bezeichnet.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG als Entschädigungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht fehlerhaft angewandt hat, sondern erst, wenn das Entschädigungsgericht Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das Entschädigungsgericht weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung ua des BVerfG oder des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BVerfG oder des BSG entgegensteht und dem Inhalt der Entscheidung des Entschädigungsgerichts tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der Entscheidung des Entschädigungsgerichts enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 27.3.2020 - B 10 ÜG 17/19 B - juris RdNr 11). Diese Anforderungen erfüllt der Beschwerdevortrag des Klägers nicht.
Der Kläger rügt, das Entschädigungsgericht sei von dem Beschluss des BVerfG (Kammer) vom 5.8.2013 (1 BvR 2965/10 - juris) und dem Urteil des BSG vom 3.9.2014 (B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3) abgewichen, indem es zwar "nicht ausdrücklich formuliert", aber doch eine "Regelvermutung" aufgestellt habe, dass eine prozessleitende Verfügung, die zum Stillstand des Verfahrens führe, im Ergebnis noch vertretbar und deshalb davon auszugehen sei, dass das Ausgangsgericht Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art 6 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des Grundrechts aus Art 19 Abs 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen habe. Mit den vom Entschädigungsgericht gemachten Ausführungen, es sei "nicht zu prüfen, ob der Ruhensbeschluss rechtswidrig war", werde ferner der abstrakte Rechtssatz aufgestellt, dass in einem Entschädigungsverfahren nicht zu prüfen sei, ob prozessleitende Verfügungen, die zum Stillstand des Verfahrens führten, rechtswidrig seien.
Mit diesem und seinen weiteren Vorbringen hat der Kläger jedoch eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht hinreichend dargetan. Er hat keinen abstrakten Rechtssatz des Entschädigungsgerichts bezeichnet, der zu einer abstrakten und die zitierten Entscheidungen des BVerfG und des BSG tragenden sowie zu demselben Gegenstand gemachten Aussage in Widerspruch steht (vgl stRspr; BSG Beschluss vom 18.2.2021 - B 10 ÜG 8/20 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 9.5.2019 - B 10 EG 18/18 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 9.4.2019 - B 1 KR 40/18 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 23).
Mit der behaupteten "Regelvermutung" des Entschädigungsgerichts will der Kläger offenbar aus dessen Entscheidung einen sogenannten verdeckten Rechtssatz ableiten. Dazu hätte es aber der Darlegung bedurft, an welcher Stelle und mithilfe welcher anerkannten Methodik er diesen Rechtssatz dem Urteil entnommen hat. Dabei genügt es nicht, aus der konkreten Rechtsanwendung im Einzelfall auf einen Rechtssatz zu schließen (BSG Beschluss vom 20. 9. 2022 - B 9 V 7/22 B - juris RdNr 10). Diese gesteigerten Anforderungen für die Bezeichnung eines verdeckten Rechtssatzes verfehlt die Beschwerde.
Auch im Übrigen zeigt der Kläger keine Divergenz auf. Vielmehr hat das BSG in der von ihm angeführten Entscheidung vom 3.9.2014 (B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3) die vom Kläger zur Begründung einer angeblichen Divergenz angeführte Entscheidung des BVerfG im Rahmen einer Überprüfung von § 198 GVG bei seiner Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts durch das Entschädigungsgericht herangezogen. Das BSG hat dabei (sogar) im Fall einer grundsätzlich antragsunabhängigen Aussetzungsentscheidung durch das Ausgangsgericht einen weiten prozessualen Gestaltungsspielraum insbesondere vor dem Hintergrund angenommen, dass die Klägerin des dortigen Verfahrens der Aussetzung ausdrücklich zugestimmt hatte (BSG, aaO, RdNr 40 f). Zudem hat das Entschädigungsgericht danach die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und -gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht willkürlich erscheinen (BSG, aaO, RdNr 36 mwN).
Dass das Entschädigungsgericht diesen vom BSG auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten Grundsätzen widersprochen, also seiner Entscheidung andere rechtliche Maßstäbe zugrunde gelegt hätte, obwohl es sich sogar ausdrücklich auf diese Rechtsprechung bezogen hat, hat der Kläger nicht dargetan. Ob das Entschädigungsgericht, wie der Kläger meint, in seinem Fall den Rahmen des prozessualen Gestaltungsspielraums des Ausgangsgerichts - willkürlich - zu weit gezogen hat, ist wiederum eine Frage der Rechtsanwendung des Einzelfalls, die - wie bereits ausgeführt - keine Revisionszulassung rechtfertigen kann. Ohnehin entbehrt aber der vom Kläger erhobene Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung durch das Entschädigungsgericht bei der Beurteilung der Ruhensentscheidung des Ausgangsgerichts angesichts des vom BSG in ständiger Rechtsprechung angenommenen weiten prozessualen Gestaltungsspielraums des Ausgangsgerichts jeglicher Substanz.
3. Schließlich hat der Kläger auch im Übrigen keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Entschädigungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der angefochtenen Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Entschädigungsgericht ohne hinreichende Bedeutung nicht gefolgt ist.
a) Der Kläger vertritt die Auffassung, das Entschädigungsgericht habe nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen. Insoweit sei sein Recht auf eine mündliche Verhandlung und sein Anspruch auf rechtliches Gehör verfahrensfehlerhaft beschnitten worden. Mit dieser Rüge vermag er nicht durchzudringen. Deren Darlegungsvoraussetzungen erfüllt er mit seinem Vortrag nicht.
§ 124 Abs 2 SGG sieht vor, dass ein Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, wenn die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben. Ergeht ein Urteil schriftlich ohne Einverständnis der Beteiligten, so liegt hierin eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und in dem Verstoß gegen das Prinzip der Mündlichkeit der Verhandlung ein wesentlicher Verfahrensfehler (BSG Beschluss vom 11.11.2004 - B 9 SB 19/04 B - juris RdNr 7 mwN). Einen solchen Verfahrensverstoß hat der Kläger jedoch nicht dargetan.
Der Kläger macht nicht geltend, das LSG habe ohne Zustimmung der Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Vielmehr trägt er selbst vor, dass beide Beteiligte schriftsätzlich gegenüber dem Entschädigungsgericht ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hatten. Danach war die von ihm abgegebene Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 SGG für ihn bindend; er konnte sie als einseitige Prozesshandlung weder anfechten noch widerrufen, weil auch der Beklagte bereits zugestimmt hatte. Auch hat der Kläger nicht schlüssig dargetan, dass sich nach Abgabe der Einverständniserklärung die Rechtslage wesentlich geändert und die Erklärung deshalb ihre Wirksamkeit verloren hatte (vgl BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 5 R 151/21 B - juris RdNr 15 f; BSG Beschluss vom 17.7.2015 - B 9 SB 17/15 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 11.11.2004 - B 9 SB 19/04 B - juris RdNr 8). Die prozessuale Situation bei einer Entscheidung des Entschädigungsgerichts nach § 124 Abs 2 SGG ist insoweit nicht - wie es dem Kläger offenbar vorschwebt - vergleichbar mit der des Absehens von einer mündlichen Verhandlung bei einer Entscheidung im Beschlussverfahren nach Maßgabe des § 153 Abs 4 SGG, die nicht vom Einverständnis der Beteiligten abhängig ist.
Der Kläger meint zwar insoweit, das Entschädigungsgericht habe sein Ermessen nach § 124 Abs 2 SGG falsch ausgeübt und zudem unzureichend begründet. Indes legt er nicht dar, woraus sich die Pflicht des Entschädigungsgerichts ergeben haben sollte, seine nicht isoliert anfechtbare Entscheidung für ein Urteil ohne mündliche Verhandlung gesondert zu begründen, zumal hierüber - abweichend von § 128 Abs 2 ZPO - keine gesonderte Anordnung durch Beschluss ergehen musste (vgl BVerwG Beschluss vom 15.5.2014 - 9 B 57/13 - juris RdNr 20). Ebenso wenig zeigt der Kläger auf, aus welchem Grund das Entschädigungsgericht sein Ermessen für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung pflichtwidrig ausgeübt haben sollte, insbesondere durch Verletzung höherrangiger Prozessgrundsätze (vgl BSG Urteil vom 21.2.1989 - 1 RA 65/88 - juris RdNr 15 mwN). Die in dieser Hinsicht behauptete angebliche Gehörsverletzung (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG, Art 47 Abs 2 Satz 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 EMRK) hat er darüber hinaus auch deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil es ihm nach Erteilung seiner Zustimmung oblegen hätte, dem Entschädigungsgericht gegenüber den Wandel seiner Auffassung bezüglich der Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung anzuzeigen und die Umstände mitzuteilen, die eine solche Verhandlung aus seiner Sicht nunmehr doch erforderlich machen könnten. Denn wird - wie hier - eine Verletzung des Anspruchs eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör geltend gemacht, so muss auch dargetan werden, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.8.2022 - B 9 SB 17/22 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 15.8.2018 - B 13 R 387/16 B - juris RdNr 12).
Entsprechendes gilt, soweit er rügt, das Entschädigungsgericht habe trotz des von ihm erklärten Einverständnisses zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht im schriftlichen Verfahren entscheiden dürfen, weil sich weder aus den Beschlüssen zu den PKH-Verfahren noch aus dem gerichtlichen Schreiben vom 29.11.2021 ein Hinweis auf ein mögliches Absehen von einer Verurteilung des Beklagten zu einer Geldentschädigung ergeben habe. Denn damit hat der Kläger keine sein rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung bezeichnet. Dafür hätte es näherer Darlegungen bedurft, warum die von § 198 Abs 2 Satz 2 GVG regelhaft vorgeschriebene Prüfung des Entschädigungsgerichts einer möglichen Wiedergutmachung in anderer Weise als durch Geldzahlung dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gegeben hat, mit der selbst ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen musste (vgl stRspr; zB BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - juris RdNr 18; BVerfG Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 21.10.2019 - B 9 V 11/19 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 441/13 B - juris RdNr 12). Zudem verpflichtet der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG Beschluss vom 21.3.2016 - B 9 SB 81/15 B - juris RdNr 6 mwN).
Aus der seitenmäßig umfänglichen Beschwerdebegründung erschließt sich im Übrigen, dass das Entschädigungsgericht bei der Prüfung einer Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer nach § 198 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 2 und Abs 4 GVG alle Umstände des Einzelfalls erwogen hat, wenn auch nicht im Sinne des Klägers. Das gilt insbesondere für den vom Entschädigungsgericht auch nach dem Vortrag des Klägers ausdrücklich erwogenen Umstand, dass die in der Berufungsinstanz anhängigen Parallelverfahren, deren Ausgang das SG als Ausgangsgericht abgewartet hatte, ihrerseits bereits eine überlange Dauer aufwiesen.
Zudem gewährleistet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Er verpflichtet das Prozessgericht nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden, sondern (lediglich) ihre Darlegungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl BSG Beschluss vom 22.9.2022 - B 9 V 4/22 BH - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 27.5.2022 - B 12 R 41/21 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 7). Im Kern rügt der Kläger auch hier die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des Entschädigungsgerichts in Bezug auf die Bewertung der Umstände des Einzelfalls. Hierauf kann jedoch eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden. Ebenso wenig können deren Beschränkungen in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG durch die Berufung auf die Vorschriften zum rechtlichen Gehör oder fairen Verfahren umgangen werden (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 6.4.2022 - B 9 SB 82/21 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 26.1.2022 - B 6 KA 9/21 B - juris RdNr 16).
b) Soweit der Kläger schließlich behauptet, das Entschädigungsgericht habe gegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG verstoßen, weil es seine Entscheidung nicht mit Gründen versehen und dadurch gleichzeitig wiederum seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, gilt nichts anderes. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zu § 136 Abs 1 Nr 6 SGG (zB BSG Beschluss vom 22.9.2022 - B 9 SB 8/22 B - juris RdNr 21; BSG Beschluss vom 11.5.2021 - B 9 SB 65/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 10 EG 1/17 B - juris RdNr 10) müssen die Entscheidungsgründe im Regelfall zu allen entscheidungserheblichen Streitpunkten die Erwägungen, die zum Urteilsausspruch des Gerichts geführt haben, enthalten. Zum Mindestinhalt des Urteils, der durch eine Bezugnahme auf vorinstanzliche Entscheidungen, Akten und andere Unterlagen nicht ersetzt werden kann, gehört danach grundsätzlich die Angabe der angewandten Rechtsnormen und der für erfüllt oder nicht als gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der ausschlaggebenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe.
Der Kläger trägt aber nicht vor, dass das angefochtene Urteil des Entschädigungsgerichts diesen Mindestinhalt nicht enthält. Er kritisiert, der Entscheidung des Entschädigungsgerichts lasse sich nicht nachvollziehbar entnehmen, weshalb das fortwährende Ruhen des Verfahrens erst ab dem Wegfall des Ruhensgrundes in den staatlichen Verantwortungsbereich falle. Indes hat das Entschädigungsgericht diese Abgrenzung auch nach dem Beschwerdevortrag damit begründet, bis zum Abschluss der beim LSG anhängigen Parallelverfahren sei die fortdauernde Verfahrensruhe noch vom prozessualen Gestaltungsspielraum des Ausgangsgerichts gedeckt gewesen. Dieses habe ua durch zwei mündliche Verhandlungen bereits beachtliche Anstrengungen unternommen gehabt, um das Verfahren zum Abschluss zu bringen. Zugleich könne gerade die fortgeschrittene Dauer eines Parallelverfahrens Anlass zu der Annahme bieten, dass dieses bald abgeschlossen sein werde. Dass der Kläger diese Begründung des Entschädigungsgerichts für unzutreffend hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich.
Die vom Kläger insbesondere wegen der Bewertung seiner juristischen Fähigkeiten durch das Entschädigungsgericht erhobenen Rügen der falschen Beweiswürdigung und des Verstoßes gegen Denkgesetze schließt § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG von vornherein aus (vgl BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 9 V 35/21 B - juris RdNr 22 mwN).
c) Ebenfalls nicht substantiiert dargelegt ist die als Verfahrensmangel gerügte Verletzung des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, weil das Entschädigungsgericht den Zugang des Klägers zum Revisionsgericht durch die Nichtzulassung der Revision ohne sachliche Gründe erschwert habe. Der Kläger legt schon nicht dar, weshalb der effektive Rechtsschutz nach Art 19 Abs 4 GG durch die gesetzliche Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde anzufechten (§ 160 Abs 1 SGG) nicht gewahrt sein sollte (vgl BSG Beschluss vom 20.5.2022 - B 10 ÜG 1/22 B - juris RdNr 18).
d) Soweit der Kläger schließlich behauptet, das Ausgangsgericht habe bei seinem Ruhensbeschluss der Vorsitzenden Richterin in der mündlichen Verhandlung gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) verstoßen, weil die ehrenamtlichen Richter nicht beteiligt gewesen seien, hat er bereits keinen rügefähigen Verfahrensfehler des Entschädigungsgerichts bezeichnet.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
5. Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG).
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Sie entspricht der vom Kläger weiterhin verlangten Entschädigungssumme. |
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