Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenzahnärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Ausgleich. Über- und Unterschreitungen zwischen einzelnen Budgets
Orientierungssatz
Einem vom einzelnen Vertragszahnarzt nicht ausgeschöpften (Teil-)Budget steht bei der Bemessung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen nicht zwingend auch ein entsprechender Betrag an noch verteilbarer Gesamtvergütung gegenüber. Das wäre nur der Fall, wenn bereits im Gesamtvertrag Möglichkeiten des Ausgleichs von Über- und Unterschreitungen zwischen den einzelnen Budgets zugelassen sind (vgl BSG vom 14.12.2005 - B 6 KA 63/05 B).
Normenkette
SGB 5 §§ 83, 85 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Zwischen der klagenden zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis und der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) ist umstritten, ob die Beklagte in ihrem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) für das Jahr 2001 regeln durfte, dass Überschreitungen des Honorarkontingentes für konservierend-chirurgische Leistungen nicht durch Unterschreitungen in dem Honorarkontingent für Zahnersatz ausgeglichen werden können.
Der für 2001 geltende HVM der Beklagten sah für konservierend-chirurgische Leistungen, Kieferorthopädie und Zahnersatz eine getrennte Verteilung der jeweiligen Honorarmengen vor. Dabei wurden jeweils Jahresbudgets gebildet, die für jeden Vertragszahnarzt gleich hoch waren. Bis zur Budgetobergrenze wurden die Leistungen jedes Vertragszahnarztes nach Einzelpunktwerten vergütet, die darüber hinausgehenden Leistungen nur quotiert gemäß dem Verhältnis des noch nicht verteilten Gesamtvergütungsvolumens zur Summe der noch nicht erfüllten Honorarforderungen. Ausweislich des Jahreshonorarbescheides der Beklagten für 2001 hatte die Klägerin die Budgetgrenze im Bereich der konservierend-chirurgischen Leistungen um 62.054 DM überschritten, während ihre prothetischen Leistungen im vollen Abrechnungsumfang vergütet werden konnten, weil die Klägerin in diesem Leistungsbereich die festgesetzte Budgetobergrenze nicht erreicht hatte. Insgesamt blieb von der Gesamthonorarforderung in Höhe von 849.223,63 DM ein Betrag von 52.422,66 DM (= 26.803,28 Euro) unvergütet.
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat seine Entscheidung damit begründet, die Beklagte habe in ihrem HVM Regelungen treffen dürfen, wonach der Umstand, dass in einem der verschiedenen Leistungsbereiche der vertragszahnärztlichen Tätigkeit das Budget nicht ausgeschöpft worden ist, nicht dazu führt, dass sich für einen anderen Leistungsbereich ein höheres Budget ergibt. Das Fehlen eines "sektoralen Budgetausgleichs" stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Therapiefreiheit des einzelnen Zahnarztes dar (Urteil vom 21.11.2007) .
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht die Klägerin geltend, im Rechtsstreit seien Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen.
Wer die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung erstrebt, muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in eigener Formulierung klar bezeichnen sowie ausführen, inwieweit diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Vor allem muss dargelegt werden, in welcher Hinsicht die bisherige revisionsgerichtliche Rechtsprechung noch keine Klärung gebracht hat. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob eine KZÄV in ihrem HVM auch für das Jahr 2001 bestimmen durfte, dass ein Ausgleich zwischen den Honorarkontingenten für konservierend-chirurgische Leistungen, Zahnersatz sowie Kieferorthopädie ausgeschlossen ist. Sie hat jedoch nicht hinreichend dargelegt, weshalb diese Frage im Hinblick auf die zur gerichtlichen Kontrolle von HVMen Kassenzahnärztlicher Vereinigungen ergangene Rechtsprechung des Senats noch klärungsbedürftig ist. In seinem vom LSG zutreffend herangezogenen Beschluss vom 14.12.2005 - B 6 KA 63/05 B - hat der Senat in Bezug auf Vergütungsansprüche für das Jahr 1999 ausgeführt, dass die in Art 15 Abs 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz - GKV-SolG) für das Jahr 1999 vorgegebene separate Festlegung höchstzulässiger Ausgabenvolumina der Gesamtvergütungen für Zahnersatz und Kieferorthopädie einerseits und für alle übrigen vertragszahnärztlichen Leistungen andererseits einen hinreichenden sachlichen Grund dafür bildet, im Rahmen der Verteilung dieser Ausgabenvolumina auf die einzelnen Vertragszahnärzte eine Übertragung nicht ausgeschöpfter Honorarkontingente für Zahnersatz in den Bereich der konservierend-chirurgischen Leistungen nicht zuzulassen. Allein der Umstand, dass Art 15 GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz nur für das Jahr 1999 gegolten hat (Zeitgesetz), entbindet die Klägerin nicht von ihrer Verpflichtung darzulegen, inwieweit die Zulässigkeit des in einem HVM für die Zeit ab dem 1.1.2000 festgeschriebenen Ausschlusses des sog sektoralen Budgetausgleichs noch revisionsrichterlich geklärt werden muss.
In dem bereits zitierten Beschluss vom 14.12.2005 führt der Senat - ohne speziellen Bezug zu der Sonderregelung des Art 15 Abs 1 und 2 GKV-SolG - aus, dass bei einer Vergütung nach Einzelleistungen unter gleichzeitiger Festlegung eines höchstzulässigen Ausgabenvolumens die nicht vollständige Ausschöpfung eines (Teil-)Budgets durch entsprechende Leistungsanforderungen aller Vertragszahnärzte dazu führt, dass die Gesamtvergütungszahlungen der Krankenkassen an die KZÄV auf den für die tatsächlich erbrachten Leistungen erforderlichen Betrag reduziert werden, sodass ein noch anderweitig zu verteilender Honorarrest überhaupt nicht entsteht (Beschluss des Senats vom 14.12.2005 - B 6 KA 63/05 B - RdNr 6) . Einem vom einzelnen Vertragszahnarzt nicht ausgeschöpften (Teil-)Budget steht daher bei der Bemessung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen nicht zwingend auch ein entsprechender Betrag an noch verteilbarer Gesamtvergütung gegenüber. Das wäre nur der Fall, wenn bereits im Gesamtvertrag Möglichkeiten des Ausgleichs von Über- und Unterschreitungen zwischen den einzelnen Budgets zugelassen sind. Das hat das Berufungsgericht richtig gesehen und den maßgeblichen Gesamtvertrag zwischen der Beklagten und den Krankenkassenverbänden - konkret in Gestalt des Schiedsspruchs vom 13.7.2001 - daraufhin untersucht, ob gesamtvertraglich eine budgetübergreifende Ausgleichsmöglichkeit zwischen der Gesamtvergütung für konservierend-chirurgische Leistungen und für Zahnersatz möglich ist. Es hat dies in Auslegung nicht revisiblen Rechts (§ 162 SGG) verneint. Damit steht auf dem Hintergrund der Entscheidung des Senats vom 14.12.2005 fest, dass auch bei der Honorarverteilung, also im Rechtsverhältnis zwischen dem Vertragszahnarzt und der KZÄV, ein solcher Budgetausgleich nicht stattfinden kann.
Inwieweit diese Rechtslage mit höherrangigem Recht unvereinbar sein könnte, legt die Beschwerdebegründung nicht dar. Soweit sie sich unter Hinweis auf die Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Gesundheit vom 8.12.1998 zum GKV-SolG (BT-Drucks 14/157 S 38) darauf beruft, Art 15 GKV-SolG habe zur Normalisierung der zahnärztlichen Leistungen im Jahre 1999 geführt, trifft das nicht zu, abgesehen davon, dass das im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung wäre. In der Beschlussempfehlung wird die Änderung der von den damaligen Regierungsfraktionen vorgeschlagenen Fassung des Art 15 GKV-SolG durch den Ausschuss damit begründet, dass angesichts der Ausgabenrückgänge der zahnärztlichen Leistungen insgesamt in den ersten drei Quartalen des Jahres 1998 gegenüber 1997 die Vorschrift die Voraussetzungen dafür schaffe, dass die zahnärztlichen Leistungen im Jahre 1999 sich wieder normalisieren können. Ein Fazit in der Weise, ob diese Erwartung eingetreten ist, und welche Folgerungen sich daraus für das hier streitbefangene Jahr 2001 ergeben, enthält die zitierte Passage nicht. Die Klägerin erläutert auch nicht näher, welche Bedeutung diese vor Inkrafttreten des Art 15 Abs 1 GKV-SolG geäußerte Erwartung des zuständigen Ausschlusses im vorliegenden Zusammenhang haben könnte.
Im Übrigen setzt sich die Beschwerdebegründung nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Gestaltungsfreiheit der KZÄV im Rahmen der ihr obliegenden Verteilung der Gesamtvergütungen auseinander. Der Senat hat insbesondere in den die Honorarverteilung im Bereich der auch hier beklagten KZÄV betreffenden Urteilen vom 8.2.2006 (BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23) im Einzelnen dargelegt, inwieweit eine KZÄV berechtigt ist, vom Grundsatz der Leistungsproportionalität abzuweichen, und dass ein HVM vorsehen darf, dass der größte Teil des Gesamtvergütungsvolumens für eine Honorierung zu vollen Punktwerten verwendet wird und für die restlichen Leistungen lediglich geringere Punktwerte verbleiben. Inwieweit auf der Grundlage dieser Rechtsprechung die Regelungen in einem HVM über die Festschreibung getrennter Budgets für die konservierend-chirurgische Behandlung und für Zahnersatz, die der Senat im Grundsatz bereits gebilligt hat (vgl dazu - inzident - zB BSG aaO RdNr 19) mit Bundesrecht unvereinbar sein könnte, hätte näherer Darlegungen bedurft. Diese sind weder in der Beschwerdebegründung noch in dem Schriftsatz vom 22.2.2008 enthalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert ist in Übereinstimmung mit der entsprechenden Festsetzung des LSG in der Höhe festzusetzen, die die Klägerin mit ihrem Hauptantrag als Nachvergütung gefordert hat (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz).
Fundstellen