Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. Versorgungsmedizinische Grundsätze. Bewertung von Hörstörungen. Klärungsfähigkeit. Angabe der sonstigen vom LSG festgestellten Funktionsstörungen. Darlegungsanforderungen
Orientierungssatz
Hält der Beschwerdeführer eine Frage zur GdB-Bewertung von Hörstörungen für grundsätzlich bedeutsam, muss er im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde auch deren Klärungsfähigkeit darlegen und insoweit angeben, welche seine Teilhabe beeinträchtigenden Funktionsstörungen das LSG als Ergebnis der medizinischen Ermittlungen neben der Hörstörung in Bezug auf andere Gesundheitsstörungen mit Bindungswirkung für das Revisionsgericht festgestellt hat (vgl BSG vom 24.11.2021 - B 9 SB 51/21 B).
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 163; SGB IX § 152 Abs. 1 S. 1; SGB 9 2018 § 152 Abs. 1 S. 1; SGB IX § 152 Abs. 3; SGB 9 2018 § 152 Abs. 3; VersMedV § 2; VersMedV Anlage Teil B Nr. 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. März 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch.
Das LSG hat mit Urteil vom 8.3.2023 wie vor ihm das SG und der Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines höheren Grads der Behinderung (GdB) als 40 verneint und dabei die Hörstörung der Klägerin mit einer nahezu vollständigen Taubheit links und einer Normalhörigkeit rechts mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil die allein behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6 mwN). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält die Klägerin die Auslegung der Vorbemerkung zu Teil B Nr 5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung).
Offenbleiben kann, ob sie mit ihrem diesbezüglichen Beschwerdevortrag eine oder mehrere Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hinreichend bezeichnet hat (vgl hierzu BSG Beschluss vom 4.5.2023 - B 5 R 30/23 B - juris RdNr 8 mwN). Die Klägerin legt jedenfalls deren Klärungsfähigkeit nicht anforderungsgerecht dar. Es fehlen in ihrer Beschwerdebegründung Ausführungen dazu, wieso im Rahmen des angestrebten Revisionsverfahrens eine Klärung der aufgeworfenen Fragestellungen durch das BSG zu erwarten ist und die angegriffene Entscheidung des LSG nicht etwa aus anderen Gründen aufrechterhalten werden kann. Insoweit hätte die Klägerin angeben müssen, welche ihre Teilhabe beeinträchtigenden Funktionsstörungen das LSG als Ergebnis der medizinischen Ermittlungen neben der Schwerhörigkeit in Bezug auf andere Gesundheitsstörungen mit Bindungswirkung für das Revisionsgericht (§ 163 SGG) festgestellt hat. Denn nur aus der Gesamtschau aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen (§ 152 Abs 3 Satz 1 SGB IX) heraus lässt sich beurteilen, ob die Beantwortung einer aufgeworfenen Frage bei der (Gesamt-)GdB-Bemessung überhaupt zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung führen könnte (vgl BSG Beschluss vom 24.11.2021 - B 9 SB 51/21 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 12.8.2021 - B 9 SB 20/21 B - juris RdNr 7). Darlegungen dazu fehlen in der Beschwerdebegründung vollständig.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. |
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Kaltenstein |
Ch. Mecke |
Röhl |
Fundstellen
Dokument-Index HI16129348 |