Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung eines bestimmten Arztes

 

Orientierungssatz

In einem auf § 109 SGG gestützten Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes ist nicht notwendig ein Beweisantrag nach § 103 SGG enthalten.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3, § 103 S 1, § 109

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Entscheidung vom 18.08.1988; Aktenzeichen L 2 U 16/87)

 

Gründe

Der Kläger ist mit seinem Begehren, den die vorläufige Verletztenrente entziehenden Bescheid aufzuheben, ihm eine Dauerrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. Mai 1977 zu gewähren sowie die Teilrente ab November 1977 auf die Vollrente zu erhöhen (§ 587 der Reichsversicherungsordnung -RVO-), ohne Erfolg geblieben (Bescheide der Beklagten vom 25. Januar 1979 und 6. November 1980; Urteile des Sozialgerichts vom 9. April 1987 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 18. August 1988). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Arbeitsunfall über den Monat Februar 1979 hinaus keine gesundheitlichen Folgen in einem rentenberechtigenden Ausmaß hinterlassen habe. Der Anspruch auf Erhöhung der bis Februar 1979 gewährten Teilrente nach § 587 RVO sei nicht begründet, weil die Einkommenslosigkeit des Klägers auf unfallunabhängigen Erkrankungen beruhe.

Der Senat hat durch Beschluß vom 8. Dezember 1988 die hiergegen vom Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen, weil der Kläger das Rechtsmittel nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet hat. Mit einem am 6. Januar 1989 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schriftsatz beantragt der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist, da die geschulte und regelmäßig kontrollierte zuverlässige Bedienstete seines Prozeßbevollmächtigten es irrtümlich unterlassen habe, außer der Beschwerdefrist auch die Beschwerdebegründungsfrist im allgemeinen Fristenkalender zu notieren. Zugleich stützt er die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Ein auf § 109 SGG - wie hier geschehen - gestützter Antrag enthalte zugleich einen Beweisantrag, dem das LSG in Erfüllung seiner Pflicht zur Sachaufklärung nach § 103 SGG von Amts wegen haben folgen müssen.

Dem Kläger ist zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er glaubhaft gemacht hat, daß er ohne Verschulden die Beschwerdebegründungsfrist versäumt hat (§ 67 Abs 1 iVm Abs 2 Satz 2 SGG). Die Beschwerde ist jedoch unzulässig.

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes fehlt es an der hinreichenden Bezeichnung eines vom LSG zu berücksichtigenden Beweisantrags iS von § 160a Abs 2 SGG.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist in einem auf § 109 SGG gestützten Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes nicht notwendig ein Beweisantrag nach § 103 SGG enthalten. Dies hat der 9. Senat des BSG in seinem Beschluß vom 24. November 1988 (9 BV 39/88 - zur Veröffentlichung in SozR bestimmt -) bereits entschieden und ausgeführt, bei einem Antrag nach § 109 SGG sei aus der Sicht des Klägers der Sachverhalt häufig noch nicht hinreichend aufgeklärt; dies könne aber nicht dazu führen, in jedem Antrag nach § 109 SGG zugleich die Aufforderung an das Gericht zu erkennen, in erster Linie von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufzuklären. Damit wäre der Antrag nach § 109 SGG immer als sog Hilfsantrag aufzufassen. So sei dieser Antrag nicht zu verstehen.

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Dies gilt hier um so mehr, als das LSG durch den den Antrag des Klägers auf Prozeßkostenhilfe ablehnenden Beschluß vom 30. Mai 1988 zu erkennen gegeben hatte, daß es von Amts wegen keine weiteren Beweise erheben werde. Indem der Kläger daraufhin den Antrag nach § 109 SGG stellte und Dr. Z      als Arzt seines Vertrauens benannte, hat er zumindest nicht hinreichend erkennbar gemacht, daß er noch eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen für erforderlich hielt. Der Senat hat hierzu in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten obliegt, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht zu entscheiden hat (vgl zuletzt Beschluß des Senats vom 22. Dezember 1988 - 2 BU 147/88 -). Ausweislich der maßgeblichen (s § 122 SGG iVm § 165 der Zivilprozeßordnung) Sitzungsniederschrift vom 18. August 1988 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers keine Beweisanträge, sondern lediglich Anträge zur Sache gestellt.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647818

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