Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder wegen Abweichens von einer früheren Entscheidung des BSG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (SGG § 160 Abs 2 Nr 1) ist anzunehmen, wenn sich die klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht auf den Einzelfall beschränkt und die Klärung dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren und die Entwicklung des Rechts zu fördern.
2. Wird das Abweichen des LSG von einer früheren Entscheidung des BSG geltend gemacht (SGG § 160 Abs 2 Nr 2), dann genügt es nicht, den Rechtssatz des BSG zu bezeichnen, von dem das LSG abgewichen ist; es muß auch der Rechtssatz dargelegt werden, von dem das LSG in Abweichung vom BSG ausgegangen ist.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 Fassung: 1974-07-30, § 160a Abs. 2 S. 3 Fassung: 1974-07-30, § 160 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1974-07-30
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 31. August 1977 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Mit ihrer fristgerechten Beschwerde macht die Klägerin die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) und der Divergenz (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG) geltend.
Mit der Rüge nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG spricht die Klägerin die Frage an, ob die ihr von der Baureinigungs GmbH zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte im Rahmen eines Werkvertrages oder im Rahmen gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung tätig geworden sind, und bezeichnet die Abgrenzung zwischen diesen beiden Möglichkeiten als klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist dann anzunehmen, wenn sich die Rechtsfrage nicht auf den Einzelfall beschränkt und ihre Klärung dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren und die Entwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, S. 27 RdNr. 61; BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 7). Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß eine Rechtsfrage zur Entscheidung ansteht, die klärungsbedürftig ist (BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 4). Hierzu hätte die Klägerin im einzelnen darlegen müssen, weshalb die für die Rechtsanwendung maßgeblichen Kriterien, nach denen die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Werkvertrages oder eines Leiharbeitsverhältnisses zu beurteilen sind, in der Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt sind. Solche Hinweise enthält die Beschwerdebegründung jedoch nicht. Sie weist darauf hin, die Entwicklung im Bauwesen habe dazu geführt, daß immer mehr Bauunternehmer die Vor- und Nacharbeiten nicht mehr durch eigene Arbeiter ausführen ließen, sondern sie durch Werkvertrag an Subunternehmungen vergäben. Damit ist aber nicht dargelegt, weshalb und inwiefern der vorliegende Einzelfall, in welchem das Landessozialgericht (LSG) aufgrund unangegriffener Tatsachenfeststellung das Vorliegen eines echten Werkvertrages verneint und Arbeitnehmerüberlassung bejaht hat, geeignet sein konnte, Abgrenzungskriterien zwischen beiden Vertragsmöglichkeiten zu entwickeln. Die Klägerin ist sonach ihrer Darlegungspflicht nach § 160 a Abs. 2 Satz 3 SGG nicht nachgekommen.
Die Klägerin kann auch mit dem Zulassungsgrund des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht durchdringen. Sie rügt, daß das LSG in seinem Urteil von - im einzelnen bezeichneten - Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) abgewichen sei, wonach die Forderung von Beiträgen eine Entscheidung über die Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe namentlich benannter Versicherter voraussetzt und die Einzugstelle die Beweislast trägt, wenn die für die Versicherungspflicht erforderlichen Tatsachen nicht ermittelt werden können, es sei denn, der Arbeitgeber hat schuldhaft seine Aufzeichnungspflicht versäumt. Damit ist zwar der Rechtssatz des BSG bezeichnet, von dem das LSG abgewichen sein soll. Zur ordnungsgemäßen Divergenzrüge gehört aber auch die Darlegung des Rechtssatzes, den das LSG aufgestellt hat und von dem es in Abweichung vom BSG ausgegangen ist. Ein abweichender Rechtssatz kann auch im Schweigen enthalten sein. Das Übersehen eines vom BSG aufgestellten Rechtssatzes ist dagegen nicht divergenzfähig (Weyreuther aaO RdNr. 114). Die Klägerin hätte mithin darlegen müssen, daß das LSG bei seiner Entscheidung die in den bezeichneten Urteilen des BSG aufgestellten Rechtssätze nicht bloß übersehen hat, sondern - wenn auch stillschweigend - von einem anderen Rechtssatz ausgegangen ist. Dies ist aber nicht geschehen, so daß auch hier dem Formerfordernis des § 160 a Abs. 2 Satz 3 SGG nicht genügt ist.
Die Beschwerde ist sonach als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen