Leitsatz (redaktionell)

Ein besonderer wirtschaftlicher Schaden der Witwe war nach BVG § 41 Abs 3 idF des 1. NOG-KOV nur dann zu entschädigen, wenn für ihn der Verlust des Ehemannes ursächlich gewesen war.

 

Normenkette

BVG § 41 Abs. 3 Fassung: 1960-06-27

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. September 1965 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin auch nicht die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Bei dem am 29. März 1895 geborenen Ehemann der Klägerin P W (W.) waren "festverheilter Schußbruch des linken Schlüsselbeins, Narbe in der oberen Lungenpartie links nach Durchschußverletzung, Bechterew'sche Erkrankung der Wirbelsäule" als Schädigungsfolgen i. S. der Entstehung sowie "Bronchitis mit Lungenblähung und Herzbeteiligung" i. S. der Verschlimmerung bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v. H. anerkannt. W. ist am 13. Januar 1962 gestorben. Nach dem Leichenschauschein bestand die Todesursache in "Kreislaufversagen, Cor pulmonale bei hochgradiger chronischer Emphysembronchitis, Morbus Bechterew". Nach den Angaben der Klägerin war W. bis 1926 landwirtschaftlicher Beamter und bewirtschaftete von diesem Zeitpunkt an bis zu seiner Vertreibung im Jahre 1945 ein eigenes Gut von etwa 850 Morgen Größe in M (Kreis A). Nach seiner Vertreibung war W. nicht mehr beruflich tätig. Durch Bescheid vom 19. April 1962 erkannte das Versorgungsamt (VersorgA) D den Tod des W. als Schädigungsfolge i. S. des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) an und gewährte der Klägerin ab 1. Februar 1962 Witwenversorgung in Höhe von 220 DM monatlich.

Im Oktober 1962 beantragte die Klägerin nach § 41 Abs. 3 BVG idF des Ersten Neuordnungsgesetzes (1. NOG) vom 27. Juni 1960 die Erhöhung ihrer Ausgleichsrente auf 150 DM, weil ihre Familie das Gut M besessen habe und sie daher wirtschaftlich besonders betroffen i. S. dieser Vorschrift sei. Durch Bescheid vom 26. Oktober 1962 lehnte das VersorgA diesen Antrag mit der Begründung ab, daß W., der früher in Ostpreußen selbständiger Landwirt gewesen sei, die Landwirtschaft durch die Vertreibung verloren habe, ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Tod des W. oder der diesem vorausgehenden Schädigung habe nicht bestanden. Der durch die Vertreibung entstandene Einkommensverlust müsse deshalb bei der Beurteilung der Frage, ob die Klägerin durch den Tod ihres Ehemannes wirtschaftlich besonders betroffen ist, unberücksichtigt bleiben; solche Vermögensschäden würden durch das Lastenausgleichsgesetz entschädigt. Als Einkommen des W. könne auch nicht das Arbeitsentgelt zum Vergleich herangezogen werden, das einem Verwalter in vergleichbarer Stellung zu zahlen gewesen wäre, weil das Gehalt einschließlich der Sachbezüge eines landwirtschaftlichen Verwalters in keinem Falle 800 DM monatlich erreiche. Es sei auch unwahrscheinlich, daß W., der beim Zuzug in das Bundesgebiet bereits das 50. Lebensjahr überschritten hatte, eine Tätigkeit ausgeübt haben würde, bei der sein Einkommen mehr als 800 DM monatlich betragen hätte. Die Grund- und Ausgleichsrente der Klägerin in Höhe von 200 DM übersteige somit ein Viertel des Einkommens, das ihr verstorbener Ehemann erzielt hätte. Der Widerspruch gegen diesen Bescheid hatte keinen Erfolg (Bescheid des LVersorgA W vom 15. November 1962).

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) eine Auskunft der Landwirtschaftskammer W vom 9. Januar 1964 über das Einkommen eines landwirtschaftlichen Verwalters einschließlich der Sachbezüge eingeholt. Danach verdienten im Jahre 1962 verheiratete Verwalter und Inspektoren mit längerer Praxis, die ihre Anweisungen täglich erhalten, 654 DM, verheiratete Verwalter und Inspektoren, die nach allgemeiner Anweisung selbständig disponieren, bei mehr als 12 Berufsjahren 790 DM monatlich. Durch Urteil vom 25. September 1964 hat das SG Dortmund die Klage abgewiesen; es hat die Berufung zugelassen. Das SG hat die Auffassung vertreten, daß nach dem klaren Wortlaut des § 41 Abs. 3 Satz 1 BVG idF des 1. NOG nur die wirtschaftliche Schlechterstellung der Witwe zu berücksichtigen sei, die auf den Tod des Ehemannes ursächlich zurückzuführen ist. Einkommensverluste, die unabhängig vom Tod des Ehemannes eingetreten seien - wie hier der Verlust des eigenen Gutes - blieben damit außer Betracht.

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 15. September 1965 die Berufung der Klägerin gegen die Entscheidung des SG zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Vorschrift des § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG keinen Hinweis darauf enthalte, daß wirtschaftliche Einbußen, die unabhängig von Schädigungsfolgen i. S. des § 1 BVG eingetreten sind, bei der Berechnung der wirtschaftlichen Schlechterstellung unberücksichtigt bleiben sollen. Die Rechtslage sei also hier eine andere als die nach § 40 a BVG idF des am 1. Januar 1964 in Kraft getretenen 2. NOG. Mit der Neufassung sei bestimmt worden, daß sich der Berufsschadensausgleich der Witwe allein nach der früheren wirtschaftlichen Stellung des verstorbenen Ehemannes richten solle. Dadurch sei das bisher nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG geltende Kausalitätsprinzip durchbrochen worden. Dem habe der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) in seinem Erlaß vom 9. April 1965 (BVBl 1965, 53) Rechnung getragen. Bis zum Inkrafttreten des 2. NOG hätten bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Schlechterstellung einer Witwe lediglich die wirtschaftlichen Schäden berücksichtigt werden dürfen, die durch ein schädigendes Ereignis i. S. des § 1 BVG entstanden sind. Für die bedrängte wirtschaftliche Lage der Klägerin nach dem Kriege sei aber nicht die kriegsbedingte Krankheit ihres Ehemannes, sondern die Vertreibung aus ihrer Heimat verantwortlich. Wäre nicht der allgemeine und nicht nach versorgungsrechtlichen Bestimmungen zu entschädigende Zusammenbruch gekommen, wären die Einkünfte aus dem großen Gut, das nicht unbedingt die körperliche Arbeit des Betriebsinhabers, sondern hauptsächlich seine geistige Leitung verlangte, im wesentlichen unverändert geblieben. Die Vertreibung sei also die allein wesentliche Ursache der derzeitigen Notlage der Klägerin und nicht - wie von ihr vorgetragen - lediglich gleichwertige Mitursache, Es sei ferner nicht anzunehmen, daß W. auch ohne kriegsbedingte Gesundheitsstörung nach seiner Vertreibung eine wirtschaftliche Stellung erreicht haben würde, die ihn in die Lage versetzt hätte, ein Einkommen zu erzielen, das die derzeitigen Einkünfte der Klägerin um mindestens das Vierfache übersteigen würde. Die Aussichten des W., der bei der Vertreibung rund 50 Jahre alt gewesen sei, eine Vollbauernstelle und damit wieder einen gleichwertigen Beruf zu erlangen, seien zu gering gewesen, als daß sie die Grundlage einer für die Klägerin günstigen Entscheidung bilden könnten. Als landwirtschaftlicher Verwalter oder Inspektor wäre aber sein Einkommen in der in Frage stehenden Zeit nach der Auskunft der Landwirtschaftskammer W vom 9. Januar 1964 auch nicht höher als 800 DM im Monat gewesen.

Gegen dieses am 28. September 1965 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1965, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 6. Oktober 1965, Revision eingelegt und beantragt,

das angefochtene Urteil, das Urteil des SG Dortmund vom 25. September 1964 sowie die Bescheide des Beklagten vom 26. Oktober und 15. November 1962 aufzuheben und diesen zu verurteilen, der Klägerin erhöhte Witwenausgleichsrente nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG zu gewähren,

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat die Revision innerhalb der bis zum 28. Dezember 1965 verlängerten Begründungsfrist mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1965, auf den Bezug genommen wird, begründet. Sie rügt eine Verletzung des § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG und trägt hierzu vor, es sei die vom LSG bejahte Frage streitig, ob die Erhöhung der Witwenausgleichsrente den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem schädigungsbedingten Verlust des Ehemannes und dem besonderen beruflichen Betroffensein der Witwe voraussetze. Inzwischen habe zwar der 8. Senat des BSG mit Urteil vom 26. November 1965 - 8 RV 325/63 - in gleichem Sinne entschieden, es werde jedoch gleichwohl eine Überprüfung dieser Rechtsprechung erbeten. Die durch das 1. NOG eingeführte Verbesserung der Witwenversorgung durch Berücksichtigung des "besonderen wirtschaftlichen Betroffenseins" sei in den Rahmen der Vorschrift des § 41 BVG über die Ausgleichsrente der Witwe eingefügt worden. Voraussetzung für die Gewährung der Witwengrundrente und - falls die Voraussetzungen vorliegen - der Witwenausgleichsrente sei nach der Konzeption des BVG nur der schädigungsbedingte Verlust des Ehemannes. Es genüge also, daß der ursächliche Zusammenhang zwischen den Folgen der Schädigung und dem Tod des Beschädigten vorliege, um den Anspruch auf Hinterbliebenenrente auszulösen. Die Hinterbliebenenrente werde hiernach auch dann gewährt, wenn durch den Verlust des Ehemannes oder Vaters überhaupt kein wirtschaftlicher Nachteil entstanden sei. Eine Kausalitätsprüfung finde insoweit also nicht statt; daran änderten die Vorschriften über die Einkommensanrechnung bei der Ausgleichsrente am Prinzip nichts, weil sie nur der Ausgestaltung der Ausgleichsrente als einer reinen Bedürftigkeitsrente entsprächen. Da die Höhe der Witwenausgleichsrente in vielen Fällen dem erzielten oder erzielbaren Einkommen des Ehemannes in der bisherigen Form nicht gerecht werde und der Gesetzgeber insoweit eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Witwe je nach den individuellen Verhältnissen für erforderlich gehalten habe, sei im 1. NOG der Weg einer Erhöhung der Ausgleichsrente beschritten, damit aber am Prinzip nichts geändert worden. Wenn die Witwe Anspruch auf Ausgleichsrente habe, ohne daß es insoweit auf die Kausalität zwischen Tod und wirtschaftlichem Schaden ankomme, dann dürfe auch § 41 Abs. 3 Satz 1 BVG idF des 1. NOG nicht i. S. des Erfordernisses einer Kausalitätsprüfung aufgefaßt werden. Im übrigen sei im Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, wann eine besondere wirtschaftliche Betroffenheit vorliege.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision; er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Ehemann der Klägerin, der am 13. Januar 1962 gestorben sei, habe zu diesem Zeitpunkt schon längst sein eigenes Gut durch Vertreibung verloren und daher auch keine Einkünfte aus dem Gut mehr gehabt. Die Klägerin könne nicht Verluste versorgungsrechtlich geltend machen, die ihrem Ehemann lange vor seinem Tode entstanden seien, weil es sich dabei nicht um Verluste handle, die ihr durch den Tod des Ehemannes entstanden waren. Da die Revision ebenso wie schon der Berufungsantrag auf den zeitlichen Geltungsbereich des 1. NOG beschränkt sei, könne die Rechtslage nach § 40 a BVG idF des 2. NOG im Revisionsverfahren nicht überprüft werden.

Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist daher zulässig, aber nicht begründet.

Zwischen den Parteien ist die Gewährung der erhöhten Ausgleichsrente nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG streitig. Da nach § 148 Nr. 4 SGG die Berufung nicht zulässig ist, soweit sie die Höhe der Ausgleichsrente betrifft, ist bei der im vorliegenden Falle zugelassenen Revision nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG 2, 225, 245; 3, 124) von Amts wegen vom Revisionsgericht zu prüfen, ob die Berufung zulässig war, weil andernfalls das Revisionsverfahren einer entscheidenden Grundlage entbehren würde. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Beschluß vom 15. März 1966 - 10 RV 882/65 - unter eingehender Begründung entschieden hat, handelt es sich bei der Erhöhung der Ausgleichsrente nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG um einen Anspruch der Witwe, der auf eine Erhöhung der vollen Ausgleichsrente gerichtet ist. Ein Streit um diesen Anspruch geht also um die Höhe der Ausgleichsrente, so daß die Berufung gemäß § 148 Nr. 4 SGG an sich unzulässig ist; sie ist aber vom SG in seinem Urteil vom 25. September 1964 ausdrücklich zugelassen worden und daher nach § 150 Nr. 1 SGG statthaft. Es bestehen daher keine Bedenken, daß das LSG in dem angefochtenen Urteil eine Sachentscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch getroffen hat.

Nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG erhöht sich die volle Ausgleichsrente auf 150 DM, wenn die Witwe durch den Verlust ihres Ehemannes wirtschaftlich besonders betroffen ist. Dies ist dann der Fall, wenn ihre Einkünfte einschließlich der Grund- und Ausgleichsrente nicht ein Viertel des Einkommens erreichen, das ihr Ehemann erzielt hat oder voraussichtlich erzielt hätte. Bei der Anwendung dieser Vorschrift hat das Berufungsgericht zutreffend die Einkünfte, die W. bis zu seiner Vertreibung aus Ostpreußen im Jahre 1945 aus seinem eigenen Gut erzielt hat, nicht berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem LSG zuzustimmen, daß es bei der Gegenüberstellung des Einkommens der Witwe und des Einkommens, das der Ehemann vor seinem Tod erzielt hat, auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verlust des Ehemannes und dem besonderen wirtschaftlichen Schaden der Witwe ankommt. In § 41 Abs. 3 Satz 1 BVG idF des 1. NOG ist schon nach dem Wortlaut "Ist die Witwe durch den Verlust ihres Ehemannes wirtschaftlich besonders betroffen" mit dem Wort "durch" der ursächliche Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Schaden der Witwe und dem Verlust des Ehemannes ausdrücklich als gesetzliche Anspruchsvoraussetzung bezeichnet worden. Diese Regelung entspricht auch durchaus der Systematik des BVG, daß Ansprüche auf Versorgungsleistungen regelmäßig von Voraussetzungen abhängig sind, die ursächlich auf eine Schädigung i. S. des Gesetzes zu beziehen sind. Der Senat pflichtet somit der Rechtsprechung des 8. Senats des BSG zu § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG bei (vgl. SozR BVG § 41 Nr. 11 und 12; ferner Urteile vom 22. November 1966 - 8 RV 473/65 - und vom 26. Januar 1967 - 8 RV 329/65 -), daß für die Annahme eines besonderen wirtschaftlichen Schadens stets Voraussetzung ist, daß der Schaden ursächlich auf den Tod des Ehemannes zurückzuführen ist. Es muß daher durch den Tod des Ehemannes für die Witwe gegenüber der Zeit unmittelbar davor ein wirtschaftlicher Schaden verursacht sein, der weiter fortwirkt. Ohne diesen Schaden läßt sich der Unterschiedsbetrag zwischen einem Viertel des Einkommens des Ehemannes und ihren eigenen Einkünften nicht mehr auf den Tod des Ehemannes als wesentliche Ursache im Rechtssinne zurückführen, sondern auf andere Bedingungen. Es muß daher im vorliegenden Falle geprüft werden, ob die Klägerin "durch" den Verlust ihres Ehemannes einen besonderen wirtschaftlichen Schaden in Gestalt des Unterschiedsbetrages zwischen einem Viertel des Einkommens ihres Ehemannes und ihren eigenen Einkünften erlitten hat. Der wirtschaftliche Schaden durch den Verlust des Einkommens aus dem eigenen Gut in Ostpreußen ist bereits bei der Vertreibung eingetreten und hat also schon viele Jahre vor dem Tode des Ehemannes der Klägerin am 13. Januar 1962 bestanden. Wie das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt hat, können diese Einkünfte bei der Anwendung des § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG nicht berücksichtigt werden, weil diese wirtschaftliche Einbuße nicht auf den Verlust des Ehemannes der Klägerin, sondern auf die davon unabhängigen Umstände der Vertreibung aus Ostpreußen zurückzuführen ist. Demgegenüber kann es nicht darauf ankommen, daß es für die Bewilligung der Ausgleichsrente einer Witwe genügt, wenn der Ehemann infolge einer Schädigung i. S. des BVG gestorben ist und das anzurechnende Einkommen der Witwe nicht so hoch ist, daß die Ausgleichsrente entfällt. Entgegen der Auffassung der Klägerin in der Revisionsbegründung kann daraus nicht gefolgert werden, daß der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Tod des Ehemannes und einer Schädigung i. S. des BVG auch für die erhöhte Ausgleichsrente nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG genügt. Diese Vorschrift ist durch das 1. NOG neu in § 41 BVG eingefügt worden, weil der Gesetzgeber zunächst für den Ausgleich eines besonderen wirtschaftlichen Schadens der Witwe den Weg über die Erhöhung der Ausgleichsrente gewählt hat. Ebenso wie im § 41 BVG die Gewährung der Ausgleichsrente von den besonderen Voraussetzungen über die Anrechnung des Einkommens der Witwe abhängig ist, hat der Gesetzgeber in Abs. 3 dieser Vorschrift die Erhöhung der vollen Ausgleichsrente auf 150 DM ausdrücklich nur für den Fall vorgesehen, daß die Witwe "durch" den Verlust ihres Ehemannes wirtschaftlich besonders betroffen ist. Es kann dahinstehen, ob es vielleicht richtiger gewesen wäre, wenn der wirtschaftliche Schadensausgleich der Witwe von Anfang an nicht über eine Erhöhung der Ausgleichsrente, sondern unabhängig von der Ausgleichsrente so geregelt worden wäre, wie es nach § 40 a BVG idF des 2. NOG mit Wirkung vom 1. Januar 1964 an geschehen ist. Jedenfalls können aus der anderweitigen Regelung des Schadensausgleichs durch das 2. NOG keine Rückschlüsse auf die Auslegung des § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG gezogen werden, wie der 8. Senat des BSG unter eingehender Begründung, der sich der erkennende Senat anschließt, in seinem Urteil vom 26. Januar 1967 - 8 RV 323/65 - (SozR BVG § 41 Nr. 12) dargelegt hat. Auch der Erlaß des BMA vom 9. April 1965 (BVBl 1965 S. 53 Nr. 36) ist lediglich von Bedeutung für die Auslegung des § 40 a Abs. 2 BVG, wie das Berufungsgericht zutreffend in dem angefochtenen Urteil ausgeführt hat. Im übrigen betrifft dieser Erlaß auch den hier nicht vorliegenden Fall, daß der verstorbene Ehemann bis zu seinem Tode selbständiger Landwirt in einem Vertreibungsgebiet war. Der Ehemann der Klägerin ist aber im Jahre 1945 aus Ostpreußen vertrieben worden und erst am 13. Januar 1962 gestorben. Da somit das bis zum Jahre 1945 aus dem Gut in Ostpreußen erzielte Einkommen im Rahmen des § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG nicht berücksichtigt werden kann, liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erhöhung der Ausgleichsrente der Klägerin nicht vor, soweit ihr Einkommen dem Einkommen ihres Ehemannes gegenüberzustellen ist, das dieser erzielt hat.

Das Berufungsgericht hat ferner entschieden, daß der Ehemann der Klägerin auch ohne kriegsbedingte Gesundheitsstörung nach seiner Vertreibung keine wirtschaftliche Stellung erreicht haben würde, die ihn in die Lage versetzt hätte, ein Einkommen zu erzielen, das die jetzigen Einkünfte der Klägerin um mindestens das Vierfache übersteigen würde. Die in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sind von der Klägerin mit der Revision nicht angegriffen worden und daher für das BSG nach § 163 SGG bindend. Nach diesen Feststellungen hätte W., der bei der Vertreibung rund 50 Jahre alt gewesen ist, eine Vollbauernstelle und damit einen gleichwertigen Beruf nicht mehr erlangt. Als landwirtschaftlicher Verwalter oder Inspektor wäre sein Einkommen in der in Frage stehenden Zeit nach der Auskunft der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe vom 9. Januar 1964 auch nicht höher als 800 DM im Monat gewesen. Damit ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erhöhung der Ausgleichsrente nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG auch nicht aus dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, daß ihr Ehemann ohne die anerkannten Schädigungsfolgen nach seiner Vertreibung eine wirtschaftliche Stellung mit einem Einkommen erreicht haben würde, das ihre eigenen Einkünfte um mindestens das Vierfache übersteigen würde. Die Revision der Klägerin war somit als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324454

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