Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtvertrag. Gesamtvergütung. Belegarzt. Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit. Vergütungsbegrenzung. Vergütungsausschluß. angemessene Vergütung
Leitsatz (amtlich)
Bei der gesamtvertraglichen Regelung der belegärztlichen Vergütung können einzelne ärztliche Leistungen von der Vergütungsfähigkeit ausgeschlossen werden.
Normenkette
SGB V §§ 72, 82, 121; GG Art. 3, 12
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.04.1993; Aktenzeichen L 5 Ka 2074/92) |
SG Stuttgart (Entscheidung vom 21.10.1992; Aktenzeichen S 10 Ka 846/91) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. April 1993 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten deren Aufwendungen für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Vergütung belegärztlicher Leistungen.
Der Kläger ist als Urologe niedergelassen und zur kassenärztlichen (seit 1. Januar 1993 einheitlich: vertragsärztlichen) Versorgung zugelassen. Er ist zugleich als Belegarzt an einer Klinik tätig.
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) strich in seinen stationären Primärkassenabrechnungen der Quartale III/90 bis IV/92 jeweils den Ansatz der Nr. 272 BMÄ („Infusion, intravenös, von mehr als 30 Minuten Dauer”), weil diese Leistung nach der zwischen ihr und den Landesverbänden der Primärkassen getroffenen „Vereinbarung über die Abrechnungsmodalitäten für die stationäre kassenärztliche Versorgung” nur abrechnungsfähig sei, wenn es sich in dem betreffenden Quartal bei der Infusion um die im Rahmen der stationären kassenärztlichen Versorgung alleinige abrechnungsfähige Leistung – abgesehen von Leistungen des Kapitels B – handele (Bescheide vom 29. November 1990, 28. März 1991, 25. Juni 1991, 23. September 1991, 4. Dezember 1991, 25. Februar 1992, 19. Juni 1992, 10. September 1992, 12. Dezember 1992, 9. März 1993). Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 26. Februar 1991, 10. Juni 1992, 11. August 1992, 8. September 1992, 13. Oktober 1992, 17. November 1992).
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ Stuttgart vom 21. Oktober 1992 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Baden-Württemberg vom 28. April 1993). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Bescheide für das Quartal IV/90 bis IV/92 seien in entsprechender Anwendung des § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Klage- bzw des Berufungsverfahrens geworden. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Nach der maßgeblichen Bestimmung (Nr. 2.5 Abs. 4 Buchst c) der Abrechnungsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem AOK-Landesverband Baden-Württemberg mit Stand vom 1. Juli 1990 seien Leistungen nach Nr. 272 BMÄ bei belegärztlicher Tätigkeit nur abrechnungsfähig, wenn es sich im Rahmen der stationären Versorgung um die alleinigen abrechnungsfähigen Leistungen handele. Der insoweit vereinbarte Vergütungsausschluß sei wirksam. Die KÄVen und die Landesverbände der Krankenkassen seien grundsätzlich zum Abschluß von Vergütungsregelungen in Gesamtverträgen befugt, wie sich aus § 82 Abs. 2, § 83 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) ergebe, wobei diese Befugnis für den Bereich belegärztlicher Tätigkeit durch die Regelung des § 121 Abs. 3 SGB V ergänzt werde. Der getroffene Vergütungsausschluß sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden; er sei durch die Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit, die gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V zu berücksichtigen seien, gerechtfertigt. Diese seien darin zu sehen, daß der Belegarzt bei der Erbringung seiner Leistungen die persönliche und sachliche Ausstattung des Krankenhauses in Anspruch nehme, deren Kosten den Krankenkassen im Behandlungsfall über den Pflegesatz anteilig in Rechnung gestellt würden. Es liege im Gestaltungsspielraum der Vertragspartner, welche Lösungen sie konkret wählten, um den Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit Rechnung zu tragen. Zwar scheitere die Vergütung der Nr. 272 BMÄ nach der Höherbewertung der Leistung durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) 1987 nicht mehr an der pauschalen Punktwertgrenze von 120 Punkten. Es sei aber gerechtfertigt, dem Belegarzt die Vergütung für diese Leistung ganz zu verweigern; denn sein Leistungsanteil beschränke sich regelmäßig darauf, die Infusion anzulegen, während die Überwachung durch das Krankenhaus erfolge. Daß diese Regelung von finanziellen Erwägungen getragen gewesen sei, sei unerheblich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Die Partner des Gesamtvertrages hätten ihre Regelungskompetenz überschritten, weil sie die eindeutige Entscheidung des Bewertungsausschusses im EBM zur Aufwertung der Leistungsposition Nr. 272, die erst die Abrechnungsfähigkeit dieser Leistung für Belegärzte nach sich gezogen habe, unterlaufen hätten. Die Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit rechtfertigten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Streichung der Abrechenbarkeit einer gesamten Gebührenposition. Der zusätzliche Ausschluß von Gebührentatbeständen füge sich im übrigen nicht in die generelle Konzeption des Gesamtvertrages ein, da nur Leistungen unterhalb eines bestimmten Schwellenwertes nicht vergütet werden sollten. Die Leistungen, die der Krankenhausträger im Rahmen des Belegarztverhältnisses erbringe, würden bereits in anderer Weise pauschal abgegolten, nämlich dadurch, daß alle Leistungen, die die Punktwertgrenze von 120 nicht überschritten, vom Belegarzt nicht abgerechnet werden könnten. Die angegriffene Vereinbarung sei willkürlich und benachteilige einseitig eine Gruppe von Ärzten. Sie führe zu erheblichen Einkommenseinbußen, die die angemessene Honorierung der von ihm, dem Kläger, erbrachten belegärztlichen Leistungen insgesamt in Frage stellten. Diesem Tatbestand sei das LSG entgegen seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht nachgegangen. Das Berufungsgericht habe zudem den Inhalt der Leistung Nr. 272 unzutreffend gewürdigt und den Anteil des Arztes an der Erbringung der Infusion verkannt. In keinem anderen Kassenbezirk würden die Belegärzte durch die Streichung einzelner Gebührenpositionen benachteiligt.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. April 1993 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 1992 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. November 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1991, der Bescheide vom 28. März, 25. Juni und 4. Dezember 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 1992, des Bescheides vom 23. September 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1992, des Bescheides vom 25. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 1992, des Bescheides vom 19. Juni 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 1992, des Bescheides vom 10. September 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1992 sowie der Bescheide vom 12. Dezember 1992 und 9. März 1993 zu verurteilen, die ihm in den Quartalen III/90 bis IV/92 gestrichenen Leistungen
nach Nr. 272 BMÄ zu vergüten,
hilfsweise,
die Sache unter Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, mit der angegriffenen Vereinbarung werde nicht eine vom Bewertungsausschuß vorgenommene Höherbewertung der Leistungen nach Nr. 271 und Nr. 272 BMÄ zu Lasten der Gruppe der Belegärzte rückgängig gemacht. Mit dieser Maßnahme sei nicht beabsichtigt gewesen, durch das Anheben über die 120-Punkte-Grenze eine Abrechenbarkeit für Belegärzte einzuführen. Grund für die Höherbewertung sei die Annahme gewesen, daß unter Berücksichtigung aller Umstände der Leistungserbringung die bisherige Punktzahl nicht mehr angemessen gewesen sei. Mit der gesamtvertraglichen Vereinbarung sei nur die Nichtabrechenbarkeit der Nr. 272 BMÄ für belegärztliche Tätigkeiten wieder eingeführt worden.
Die übrigen Beteiligten haben sich im Verfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits sind, wie vom LSG angenommen, neben dem Bescheid für das Quartal III/90 auch die für die Quartale I/91 bis IV/92 ergangenen Berichtigungsbescheide, in denen ebenfalls die stationären Primärkassenabrechnungen des Klägers bezüglich des Ansatzes der Nr. 272 BMÄ berichtigt worden sind. Das LSG hat dazu auf die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats verwiesen, nach der eine analoge Anwendung des § 96 SGG geboten ist, wenn ein Honorarbescheid einer KÄV angefochten ist und während des Gerichtsverfahrens weitere Bescheide für spätere Abrechnungszeiträume ergehen, die den Honoraranspruch des Arztes in derselben Weise regeln und deshalb mit derselben Begründung angefochten werden (vgl zuletzt mwN: Urteil des Senats vom 24. August 1994 – 6 RKa 8/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Ob an dieser Rechtsprechung, gegen die wiederholt Kritik laut geworden ist (Dreher, SGb 1982, 284 ff; Hennig/Danckwerts/König, Komm zum SGG, Stand 1993, § 96 Anm 6), angesichts der für die Beteiligten entstehenden Rechtsunsicherheit bei Berichtigungsbescheiden mit – ggf zum Teil – unterschiedlichen Einzelberichtigungen oder mit Berichtigungen erst in späteren als den Folgequartalen auch in Zukunft festzuhalten sein wird, läßt der Senat offen. Die Frage bedarf keiner Entscheidung, weil eine Einbeziehung der während des Klage- und Berufungsverfahrens ergangenen gleichlautenden Berichtigungsverfügungen hier jedenfalls noch aus Gründen des prozessualen Vertrauensschutzes geboten war (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 161 Nr. 3; SozR 3-8570 § 11 Nr. 2).
Die angefochtenen Berichtigungsbescheide der Beklagten sind, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, rechtmäßig. Ihre materiell-rechtliche Grundlage findet sich nach den Feststellungen des LSG zum nicht revisiblen Recht in § 1 Abs. 1 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten. Danach erfolgt die Verteilung der Gesamtvergütung nach Art und Umfang der von den Ärzten abgerechneten einzelnen Leistungen, wobei ua die jeweils geltenden Gebührenordnungen sowie die Verträge mit den Kostenträgern zu berücksichtigen sind. Gem § 3 Abs. 1 HVM sind für die Abrechnung die gesetzlichen und vertraglichen Gebührenordnungen einschließlich der zusätzlichen vertraglichen Bestimmungen maßgebend. Sofern für die übrigen Kostenträger besondere Vereinbarungen fehlen, gelten die zwischen der Beklagten und dem AOK-Landesverband Baden-Württemberg getroffenen vertraglichen Regelungen (Abs. 3 a.a.O.). Als derartige zusätzliche vertragliche Bestimmung für die Abrechnung belegärztlicher Leistungen ist nach den Feststellungen des LSG die zwischen der Beklagten und dem AOK-Landesverband Baden-Württemberg (Beigeladener zu 1) zum Gesamtvertrag vom 9. Juni 1978 getroffene „Vereinbarung über die Abrechnungsmodalitäten für die stationäre kassenärztliche Versorgung” mit Stand vom 1. Juli 1990 anzuwenden. Unter Punkt 2.5 Buchst c Abs. 4 bestimmt die Vereinbarung: „Intravenöse Infusionen nach den Nrn 271 und 272 BMÄ sind nur abrechnungsfähig, wenn es sich im Rahmen der stationären kassenärztlichen Versorgung des Patienten bei den Infusionen in dem betreffenden Leistungsvierteljahr abgesehen von Leistungen des Kapitels B BMÄ um die alleinigen abrechnungsfähigen Leistungen handelt.” Die Anwendung dieser Vorschrift führt – und nur in diesem Umfang wird die gesamtvertragliche Regelung vom Kläger angegriffen – zu einem weitgehenden Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit der Leistung Nr. 272 BMÄ.
Die gesamtvertragliche Regelung beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 82 Abs. 2 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477). Danach sind die Vergütungen der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen von den Landesverbänden der Krankenkassen mit den KÄVen durch Gesamtverträge zu regeln (s auch § 85 Abs. 1 und 2 SGB V zur Entrichtung der Gesamtvergütung). Belegärztliche Leistungen unterliegen ebenfalls der Regelungskompetenz für die Gesamtverträge; denn sie sind, wie § 121 Abs. 3 Satz 1 SGB V idF des GRG klarstellt, aus der – durch Gesamtverträge zu regelnden – kassenärztlichen Gesamtvergütung zu vergüten. Nach Abs. 3 Satz 2 a.a.O. hat die Vergütung die Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen.
Die von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1) getroffene gesamtvertragliche Regelung über die Abrechnung belegärztlicher Leistungen hält sich innerhalb der genannten Ermächtigungsgrundlage. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V. Diese Vorschrift soll sicherstellen, daß die Vergütungsregelungen für Belegärzte nicht zu Hemmnissen für eine bedarfsgerechte Versorgungsstruktur im Belegarztwesen werden (s Begründung zur Vorläuferregelung des § 368g Abs. 6 Satz 2 RVO in BT-Drucks 8/338, S 64, zu Art. 1 § 1 Nr. 31; vgl auch die Begründung zum Gesetzentwurf des GRG, BT-Drucks 11/2237, S 204, zu § 130 Abs. 3). Zugleich dient das Belegarztwesen und damit das diesbezügliche Vergütungssystem dem Ziel, eine kostengünstigere Versorgung der Versicherten als bei hauptamtlicher ärztlicher Krankenhausversorgung zu erreichen und zu gewährleisten (zu diesem Gesichtspunkt s die Begründung des Entwurfs zum GRG, a.a.O., S 203, zu § 130 Abs. 1).
Zu den gem § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V bei der Vergütung zu berücksichtigenden Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit, denen die Partner des Gesamtvertrages in besonderen Vereinbarungen Rechnung tragen können (§ 35 Abs. 1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte ≪BMV-Ä≫ idF vom 28. September 1990), zählt die Doppelgleisigkeit der Vergütung der Leistungen, die den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden, einerseits durch den an das Krankenhaus zu entrichtenden Pflegesatz, andererseits durch die davon unabhängige Vergütung der belegärztlichen Leistungen. Die Honorierung der Krankenhausleistung trägt dem Umstand der doppelgleisigen Vergütung bereits teilweise Rechnung, indem der Pflegesatz um den sog Belegarztabschlag in Höhe von 5 vH (§ 8 Satz 1 Nr. 1 Bundespflegesatzverordnung ≪BPflV≫ vom 21. August 1985 – BGBl I 1666 – idF des GRG) vermindert wird (kritisch zur Möglichkeit einer kostengünstigeren Versorgung bei belegärztlicher Tätigkeit allgemein die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Entwurf des § 130 SGB V, BT-Drucks 11/2493, S 35, zu Nr. 115).
Die vom Belegarzt erbrachten ärztlichen Leistungen werden – aus der Gesamtvergütung – nach Einzelleistungen auf der Grundlage des BMÄ vergütet. Nach der Gesetzeslage ist – anders als beim Pflegesatz – kein pauschalierter Abschlag von den Gebührenwerten der jeweils erbrachten Einzelleistungen vorgesehen. Die Befugnis zur Beschränkung des Vergütungsanspruchs des Arztes bei belegärztlicher Tätigkeit ergibt sich aber aus der Verpflichtung zur Berücksichtigung der Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit, zu denen auch die Besonderheiten der Vergütung gehören. In die Leistungsbewertung des EBM und damit in die Gebührenpositionen des auf ihm beruhenden BMÄ fließen nicht nur der Wert der persönlichen Dienstleistung des Arztes, sondern auch der – oftmals darüber hinausgehende – Kostenanteil für die bei der Führung der Praxis und der Erbringung der jeweiligen Leistung anfallenden Kosten (Praxiskosten) mit ein (vgl § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V; Allgemeine Bestimmungen BMÄ und E-GO, A I Nr. 2). Zu den in den berechnungsfähigen Leistungen enthaltenen allgemeinen Praxiskosten zählen etwa die Ausgaben für Praxisräume, Praxisbetrieb, Praxispersonal, Praxiseinrichtung, Abschreibungen für Anschaffungen, Steuern und Zinsen. Zu ihnen kommen die weiteren in der allgemeinen Bestimmung A I Nr. 2 des BMÄ und E-GO genannten Kosten, wie die, die durch die Anwendung von ärztlichen Instrumenten und Apparaturen entstanden sind, hinzu. Derartige Aufwendungen entstehen dem Belegarzt bei belegärztlicher Tätigkeit nicht, weil er bei diesen Leistungen die personelle und sachliche Ausstattung des Krankenhauses in Anspruch nimmt. Die dem Krankenhaus hierfür erwachsenden Kosten sind wiederum im Pflegesatz enthalten.
Mit einer uneingeschränkten Vergütung belegärztlicher Leistungen ausschließlich nach den Maßstäben des BMÄ käme es zum einen zu einer teilweisen Doppelvergütung bestimmter Leistungsanteile sowohl über den Pflegesatz als auch über die Vergütung der belegärztlichen Leistungen. Zum anderen würden die belegärztlichen Leistungen in einer Höhe vergütet, die sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Beide Auswirkungen stünden im direkten Widerspruch zu dem mit dem Belegarztwesen verbundenen gesetzlichen Anliegen einer kostengünstigeren Versorgung der Versicherten. Aus der Verpflichtung, bei der Vergütung die Besonderheiten der belegärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, leitet sich nach allem die Befugnis der Partner der Gesamtverträge ab, den sich auf der Grundlage des BMÄ ergebenden Vergütungsanspruch des Belegarztes zu begrenzen. Dies kann durch prozentuale Abschläge von den Gebührenpositionen des BMÄ oder durch den Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit einzelner Leistungen geschehen, auch wenn bei diesen die ärztliche Tätigkeit im Vordergrund steht. Darüber hinausgehende Maßnahmen haben die Beklagte und der Beigeladene zu 1) mit der von ihnen vereinbarten gesamtvertraglichen Ergänzung nicht ergriffen. Vor diesem Hintergrund überzeugt der Einwand des Klägers nicht, die Vertragspartner hätten mit dem Vergütungsausschluß von Einzelleistungen ihre Gestaltungskompetenz überschritten. Den gesetzlichen Regelungen läßt sich nicht entnehmen, daß von Belegärzten erbrachte Leistungen immer – jedenfalls mit einem Teil des Punktwertes – zu vergüten seien. Der Vergütungsausschluß von Einzelleistungen erweist sich auch nicht als systemwidrig. Die Gebührenordnungen kennen zahlreiche Abrechnungsbestimmungen, in denen die Abrechenbarkeit von – erbrachten – Leistungen aus Sachgründen ausgeschlossen wird. Nach allem kommt es nicht entscheidend darauf an, ob bei der Erbringung der Leistung Nr. 272 BMÄ der Schwerpunkt auf der Tätigkeit des Belegarztes oder der des Krankenhauspersonals liegt. Nach den Feststellungen des LSG handelt es sich bei den Infusionen nach Nr. 272 BMÄ um eine Leistung, bei der sowohl die sachliche als auch die personelle Ausstattung des Krankenhauses in Anspruch genommen wird, so daß auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes die Streichung der Gebühren-Nr. 272 BMÄ nicht sachwidrig ist.
Aus den aufgezeigten Gesichtspunkten ergibt sich zugleich, daß der HVM der Beklagten iVm der Abrechnungsvereinbarung entgegen der Auffassung der Revision durch den Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit der Nr. 272 BMÄ nicht gegen den EBM verstößt. Die KÄVen können im Rahmen ihrer Satzungsautonomie selbst dann, wenn sie eine Verteilung nach Einzelleistungen auf der Grundlage der Gebührenordnungen und des ihnen zugrundeliegenden EBM beschlossen haben, daneben andere Gesichtspunkte berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, daß dadurch im Ergebnis von den Bewertungen des EBM abgewichen wird (BSGE 73, 131, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr. 4). Ungeachtet dessen beruht hier die Beschränkung der belegärztlichen Vergütung auf der Vorgabe des § 121 Abs. 3 Satz 2 SGB V, so daß schon deshalb nicht rechtswidrig in die Bewertungsautonomie des Bewertungsausschusses eingegriffen worden ist.
Die gesamtvertragliche Regelung verstößt des weiteren nicht gegen höherrangiges Recht, selbst wenn es sich, wie der Kläger vorträgt, um die einzige Vereinbarung im Bundesgebiet handeln sollte, bei der die Vergütung der Leistung Nr. 272 BMÄ bei belegärztlicher Tätigkeit teilweise ausgeschlossen wird. § 82 Abs. 2 Satz 1 SGB V weist den Landesverbänden der Krankenkassen und den KÄVen die Kompetenz zu, die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte durch Gesamtverträge zu regeln. Die Übertragung dieser Kompetenz auf die regionalen Körperschaften hat nur dann Sinn, wenn auch den regionalen Besonderheiten der Versorgungsstruktur in den Gesamtverträgen Rechnung getragen werden kann (s Hess in Kasseler Komm, § 82 SGB V, RdNr. 5). Aus diesem Grund führt der Umstand, daß nur im Bereich einer KÄV der Vergütungsschluß einer bestimmten Leistung vereinbart wird, allein nicht zur Rechtswidrigkeit der entsprechenden Regelung.
Der vom Kläger gerügte Verstoß gegen das Gebot der angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen (§ 72 Abs. 2 SGB V idF des GRG) liegt gleichfalls nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12. Oktober 1994 – 6 RKa 5/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen) handelt es sich bei dem genannten Gebot um eine Regelung mit vorwiegend objektiv-rechtlichem Charakter, auf deren Verletzung sich Ärzte nur unter bestimmten, in der genannten Entscheidung im einzelnen aufgezeigten Voraussetzungen berufen können. Derartige Umstände sind vom Kläger nicht substantiiert geltend gemacht worden. Deshalb geht auch die Rüge ins Leere, das LSG habe gegen die §§ 103, 106 SGG verstoßen, weil es zur angemessenen Honorierung der vom Kläger erbrachten belegärztlichen Leistungen keinen Beweis erhoben habe.
Der teilweise Vergütungsausschluß bei der Leistung nach Nr. 272 BMÄ durch die genannte Vereinbarung hält sich schließlich in den verfassungsrechtlich vorgegebenen Grenzen des Art. 12 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 GG. Es handelt sich bei ihr um eine Berufsausübungsregelung, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dann nicht zu beanstanden ist, wenn die Regelungen zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet sind, und sie unter vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls erforderlich, verhältnismäßig und dem Betroffenen zumutbar erscheinen (vgl BVerfGE 70, 1, 28; s weiter BSGE 70, 240, 244 = SozR 3-5533 Allg Nr. 1). Diesen Anforderungen wird die von den Vertragspartnern getroffene Vereinbarung gerecht. Danach war der Vergütungsausschluß der Leistung nach Nr. 272 BMÄ erforderlich, um der Kostenentwicklung bei der belegärztlichen Versorgung im Bereich der Beklagten entgegenzuwirken. Die Begrenzung der Kosten im Gesundheitswesen im gesamtwirtschaftlichen Rahmen sowie die Beitragsstabilität (§ 71 Abs. 1 SGB V) sind Ziele, die gleichrangig mit der Vergütung der ärztlichen Leistungen zu sehen sind. Die durch die Höherbewertung dieser Leistung auf 220 Punkte bewirkte Abrechenbarkeit der Nr. 272 BMÄ hätte jedoch zu einem erheblichen Kostenanstieg geführt. Zu berücksichtigen ist weiter, daß in der Abrechnungsvereinbarung durch das Absenken des Abrechnungspunktgrenzwertes von 161 auf 120 Punkte andere Leistungen abrechnungsfähig geworden sind, so daß der teilweise Vergütungsausschluß der Nr. 272 BMÄ in seinen Auswirkungen relativiert wird. Der Vergütungsausschluß erweist sich somit als zumutbar und damit auch als verhältnismäßig, weil er nur einen geringen Teil des Leistungsspektrums der belegärztlichen Tätigkeit und der damit im Zusammenhang stehenden Vergütung betrifft.
Nach allem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen