Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgliederung in haus- und fachärztliche Versorgung;. Vertragsarzt
Orientierungssatz
Die Aufgliederung in die haus- und fachärztliche Versorgung gilt für Internisten mit der Spezialisierung der Hämatologie und Onkologie auch dann, wenn sie onkologisch verantwortlicher Arzt sind, und auch insoweit, als sie Patienten mit soliden Tumoren, Hämoblastosen und HIV behandeln. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Schutz der beruflichen Betätigungsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 GG noch aus dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; SGB V § 73 Abs. 1a, 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger ist seit Januar 1990 als Arzt für Innere Medizin und seit April 1995 zusätzlich als Arzt für Innere Medizin, Teilgebiet Hämatologie, niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seinen Antrag vom Juli 1995, ihn auch weiterhin gleichzeitig an der haus- und fachärztlichen Versorgung teilnehmen zu lassen, lehnte der Zulassungsausschuß ab, seinen Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuß zurück (Bescheide vom 16. November 1996 und vom 12. März 1996). Das Sozialgericht (SG) hat seine Klage abgewiesen. In dem Urteil vom 13. November 1996 ist ausgeführt, der gleichzeitigen Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung stehe § 73 Abs 1 und Abs 1a des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) entgegen. Die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) sei von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt und durch ausreichend wichtige Gemeinwohlbelange gerechtfertigt.
Zur Begründung seiner Sprungrevision führt der Kläger aus, daß die Ausführungen in den Urteilen des Senats vom 18. Juni 1997 (BSGE 80, 256 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 und die Urteile in Parallelverfahren) nicht für einen Internisten mit der Teilgebietsbezeichnung Hämatologie, der daneben die Onkologie als Spezialisierung aufweise und onkologisch verantwortlicher Arzt sei, gälten. Hämatologen und internistische Onkologen könnten im Rahmen der ihnen obliegenden Spezialversorgung chronisch Schwerkranker nicht von der gleichzeitigen haus- und fachärztlichen Versorgung ausgeschlossen werden. Zu behandeln seien komplexe medizinische Probleme mit infektiologischen Problemen und Therapiekomplikationen. Die auf Hämatologie und Onkologie spezialisierten Internisten müßten – insbesondere bei der Behandlung metastasierender solider Tumore – bei der Bewältigung der Veränderungen im sozialen und beruflichen Umfeld helfen, und vor allem seien sie als Begleiter des Patienten auf dem letzten Abschnitt ihres Lebensweges unverzichtbar. Der Teilnahme dieser Ärzte sowohl an der haus- als auch an der fachärztlichen Versorgung stünden die Senatsurteile vom 18. Juni 1997 nicht entgegen, da sie andere Internisten, nämlich solche ohne Teilgebietsbezeichnung bzw mit der Teilgebietsbezeichnung Endokrinologie, beträfen. Der Ausschluß von der gleichzeitigen haus- und fachärztlichen Versorgung greife bei den Hämatologen und Onkologen in den Kern ihres Berufs ein. Bei der Behandlung von soliden Tumoren, Hämoblastosen und HIV-Erkrankungen gehöre die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung zu ihrem Berufsbild. Die Beschränkungen beträfen daher ihren Status und hätten keine geringere Intensität als etwa die Bindung des Facharztes an sein Fachgebiet. Die in den Senatsurteilen vom 18. Juni 1997 aufgeführten Gesichtspunkte zur Rechtfertigung der Trennung der haus- und fachärztlichen Versorgung träfen für sie nicht zu. Gerade sie als hämatologisch und onkologisch spezialisierte Internisten und nicht irgendwelche Vertragsärzte müßten die hausärztliche Versorgung übernehmen. Hierfür sei eine verfassungskonforme Anwendung geboten. Ihr Fall sei mit dem in den Senatsurteilen angesprochenen, häufig wechselnden spezialisierten Facharzt, der sich auf die Behandlung bestimmter Gesundheitsstörungen beschränke und nicht den insoweit erforderlichen allgemeinen breiten Kenntnis- und Erfahrungsstand gewährleisten könne, nicht vergleichbar.
Den für diese Patienten nötigen Kenntnis- und Erfahrungsstand habe allein der Hämatologe bzw Onkologe.
Den Behandlungserfordernissen der onkologisch tätigen Ärzte entspreche die Onkologie-Vereinbarung, die sie verpflichte, sowohl fachärztlich als auch hausärztlich betreuend tätig zu sein, und ihnen auferlege, die Versorgung umfassend und gesamtverantwortlich wahrzunehmen. Ihre gleichzeitige Zulassung zur fach- und hausärztlichen Versorgung sei auch ein Gebot des Art 3 Abs 1 GG, der verlange, daß Ungleiches auch ungleich behandelt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 13. November 1996 und den Bescheid des Beklagten vom 12. März 1996 aufzuheben und festzustellen, daß er berechtigt ist, im Rahmen seines Gebietes und als onkologisch verantwortlicher Arzt für Patienten mit Krankheiten aus dem Formenkreis der soliden Tumore, Hämoblastosen und HIV-Erkrankungen gleichzeitig an der haus- und fachärztlichen Versorgung teilzunehmen.
Der Beklagte und die zu 5) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beklagte und die zu 5), 6) und 7) Beigeladenen verweisen auf die Senatsurteile vom 18. Juni 1997 und machen geltend, daß die Regelungen des § 73 Abs 1a SGB V verfassungsgemäß und auf alle Internisten anzuwenden seien. Härtefällen werde durch die bis zum Jahre 2002 eingeräumte Übergangsregelung des § 73 Abs 1c SGB V iVm § 9 Hausarzt-Vertrag Rechnung getragen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision des Klägers ist nicht begründet. Er kann eine gleichzeitige Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung nicht beanspruchen. Dem steht die Bestimmung des § 73 Abs 1a SGB V entgegen.
Diese durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 eingeführte Vorschrift (Art 1 Nr 33 Buchst b, Art 35 Abs 1 GSG vom 21. Dezember 1992 – BGBl I S 2266) bestimmt, daß an der hausärztlichen Versorgung Ärzte für Allgemeinmedizin und Ärzte ohne Gebietsbezeichnung teilnehmen (§ 73 Abs 1a Satz 1 SGB V). Kinderärzte und Internisten ohne Teilgebietsbezeichnung wählen, ob sie an der hausärztlichen oder an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen (Satz 2 aaO). Soweit sie bereits am 1. Januar 1993 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnahmen, mußten sie ihre Wahl bis zum 31. Dezember 1995 treffen (Satz 3 aaO). Der Zulassungsausschuß kann eine von Satz 2 abweichende, zeitlich befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nach Feststellung des Landesausschusses nicht gewährleistet ist (Satz 4 aaO). An der fachärztlichen Versorgung nehmen die Ärzte mit Gebietsbezeichnung teil, mit Ausnahme der Ärzte für Allgemeinmedizin sowie derjenigen Internisten und Kinderärzte ohne Teilbezeichnung, die die Wahrnehmung hausärztlicher Versorgungsaufgaben gewählt haben (Satz 5 aaO).
Der Zulassungsausschuß kann Ärzten für Allgemeinmedizin und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen (Satz 6 aaO). Folge der Wahl der hausärztlichen Versorgung ist, daß der Arzt je Behandlungsfall die – seit dem 1. Januar 1996 mit 90 Punkten bewertete – sog hausärztliche Grundvergütung erhält (§ 87 Abs 2a S 3 SGB V iVm der entsprechenden Regelung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen ≪ EBM-Ä ≫), aber bestimmte fachärztliche Leistungen nicht erbringen bzw nicht abrechnen kann (siehe die Regelung im EBM-Ä, DÄ 1994, C-514, iVm der zu § 6 Abs 2 des Hausarzt-Vertrages vom 6. September 1993 – DÄ 1993, C-1837 ff; 1995, C-2524 f – vereinbarten Liste, DÄ 1994, A-916 ff; 1995, C-2325). Der fachärztliche Internist dagegen erhält keine Hausarztpauschale und kann auch einige speziell den Hausärzten vorbehaltene Leistungen nicht abrechnen (§ 87 Abs 2a S 4 SGB V iVm zB Gebühren-Nr 10 EBM-Ä in der vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 1996 die Gebühren-Nrn 10 bis 15 EBM-Ä). Er kann indessen alle – von seiner Teilgebietsbezeichnung abgedeckten – spezifisch fachärztlichen Leistungen erbringen und abrechnen.
Diese Bestimmungen gelten auch für die Internisten, die wie der Kläger die Teilgebietsbezeichnung Hämatologie bzw die Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Internistische Onkologie (so die Terminologie seit der Muster-Weiterbildungsordnung von 1992, vgl deren Übergangsvorschrift § 23 Abs 1) führen und onkologisch verantwortlicher Arzt sind. Die Regelungen des § 73 Abs 1a SGB V sind auf alle Internisten ohne und mit Teilgebietsbezeichnung anzuwenden. Aus Satz 5 iVm Satz 2 der Vorschrift ergibt sich, daß Internisten, die Teilgebietsbezeichnungen führen, grundsätzlich an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen.
Dies gilt für Internisten mit der Spezialisierung der Hämatologie und Onkologie auch dann, wenn sie onkologisch verantwortlicher Arzt sind, und auch insoweit, als sie Patienten mit soliden Tumoren, Hämoblastosen und HIV behandeln. Auch in diesem Falle ist die Aufgliederung in die haus- und fachärztliche Versorgung anzuwenden. Zwar hat der Onkologe ein besonderes Aufgabenfeld, das dadurch geprägt ist, daß er sowohl fachärztliche Leistungen erbringt als auch den Patienten persönlich betreut. Die Betreuungsleistungen des Onkologen werden auch berücksichtigt. In den Gebührenordnungen gibt es dafür spezielle Leistungstatbestände. So erhält der EBM-Ä (in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung) dieGebühren-Nr 16 für die kontinuierliche Betreuung durch Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie (bewertet mit 900 Punkten). Außerdem wird mit der Gebühren-Nr 851 die verbale Intervention bei psychosomatischer Krankheit (bewertet mit 450 Punkten) abgegolten. Wesentlich weitergehende Betreuungsleistungen des Onkologen ergeben sich auch nicht aus der Tätigkeit als onkologisch verantwortlicher Arzt, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, soweit sie die Versicherten der Ersatzkassen betrifft, als zusätzliche Versorgungsfunktion vorgesehen ist. Aus ihr läßt sich nicht ableiten, daß ein onkologisch verantwortlicher Arzt notwendigerweise selbst die hausärztliche Betreuung jedenfalls der Ersatzkassen-Versicherten durchführen muß. Die Aufgaben des onkologisch verantwortlichen Arztes umschreibt die zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Ersatzkassen-Verbänden abgeschlossene Vereinbarung über besondere Maßnahmen zur Verbesserung der onkologischen Versorgung vom 7. Juli 1994 ≪Onkologie-Vereinbarung≫ (DÄ 1994, C-1285 ff, neugefaßt mit Wirkung ab 1. Juli 1995, DÄ 1995, C-1318 ff). Diese geht zunächst ausdrücklich davon aus, daß ein Arzt unabhängig davon, ob er dem haus- oder dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet ist, als onkologisch verantwortlicher Arzt tätig werden kann (§ 2 Abs 1 Satz 3). Seine Funktion besteht vor allem darin, einen Gesamttherapieplan auszuarbeiten und die Zusammenarbeit der Ärzte zu koordinieren (§ 3 Abs 1 Nr 1 und § 5 Abs 1). Die Onkologie-Vereinbarung läßt sowohl zu, daß ein Arzt auch selbst Maßnahmen durchführt, als auch, daß er sich auf die Koordination der verschiedenen Maßnahmen konzentriert (vgl § 3 Abs 2: Durchführung und/oder Koordination, und Abs 3: Einleitung und/oder Koordination). Für die Tätigkeiten als onkologisch verantwortlicher Arzt sind zusätzliche Kostenerstattungen und Vergütungen vorgesehen (§ 7 Abs 2). Die Regelung des § 4 Abs 1 Nr 1, wonach seine Aufgabe auch die „ständige Zusammenarbeit mit … insbesondere dem Arzt” ist, „der neben der onkologischen … die übrige hausärztliche Versorgung übernimmt”, verdeutlicht, daß eine Tätigkeit als onkologisch verantwortlicher Arzt nicht zwingend die Übernahme hausärztlicher Versorgungsfunktionen voraussetzt. Der fachärztlich tätige Onkologe kann sich mithin im Schwerpunkt auf die fachärztliche Versorgung konzentrieren, zu der die Koordinierungsfunktion hinzukommt. Eigene persönliche Betreuungstätigkeiten, die deutlich über die in den Gebühren-Nrn 16 und 851 EBM-Ä beschriebenen Leistungen hinausgehen, sind dem onkologisch verantwortlichen Arzt nicht zugedacht.
Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, daß dem Onkologen verwehrt wird, sowohl an der haus- als auch an der fachärztlichen Versorgung teilzunehmen. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Schutz der beruflichen Betätigungsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 GG noch aus dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
Bei den Regelungen des § 73 Abs 1a SGB V handelt es sich um verfassungsgemäße Beschränkungen der Berufsausübung iS von Art 12 Abs 1 Satz 2 GG, wie der Senat in seinen Urteilen vom 18. Juni 1997 ausgeführt (BSGE 80, 257 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 und die Urteile in den Parallelverfahren 6 RKa 63/96 und 13/97) und in seinen Urteilen vom 17. September 1997 (SozR 3-2500 § 87 Nr 17 S 77 und Parallelverfahren 6 RKa 91/96 und 92/96) bekräftigt hat. Daran hält er fest. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist aufgrund des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG gegeben (BSGE aaO S 258 bis 260 = SozR aaO § 73 Nr 1 S 2 bis 5 und SozR aaO § 87 Nr 17 S 76). Die Bestimmungen des § 73 Abs 1a SGB V beschränken nicht, auch nicht mittelbar, die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl, sondern normieren lediglich Modalitäten der Berufsausübung (BSGE aaO S 260 f = SozR aaO S 5 f; – zur Stufentheorie grundlegend BVerfGE 7, 377, 403 ff). Sie betreffen den Arzt auch nicht in seinem vertragsärztlichen Zulassungsstatus.
Lediglich bestimmte ärztliche Leistungen werden ausschließlich der haus- bzw der fachärztlichen Versorgung zugeordnet und können deshalb nur noch von dem Arzt abgerechnet werden, der im jeweiligen Bereich tätig ist. Der Arzt kann die zum Kern seines Fachgebiets gehörenden, dh die für dieses Fachgebiet wesentlichen und es prägenden, Leistungen weiterhin erbringen und abrechnen. Die Beschränkungen wiegen nicht so schwer wie etwa die Bindung des Arztes an sein Fachgebiet (vgl BSGE 80, 256, 261 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 6 mit Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 34 f) oder das Labor-Überweisungsverbot (BSGE 78, 91, 93 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 5) oder die Versagung von Ermächtigungen für Krankenhausärzte (vgl hierzu Senatsurteil vom 28. Januar 1998 – B 6 KA 41/97 R –, zur Veröffentlichung in SozR 3-1500 § 97 Nr 3 vorgesehen). Anders als diese Beschränkungen, die der Senat als Eingriffe in den Status des Vertragsarztes qualifiziert hat, stellen zB die Versagung des Zugangs zur Großgerätediagnostik für den Radiologen und die Versagung der Drogensubstitution für den Allgemeinarzt (hierzu jeweils Senatsurteil vom 28. Januar 1998 aaO) sowie die Bindung der Erbringung und Abrechnung zytodiagnostischer Leistungen durch Gynäkologen an den Nachweis einer besonderen Qualifikation (Senatsurteil vom 18. März 1998 – B 6 KA 23/97 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen) nicht-statusrelevante Berufsausübungsregelungen dar. In gleicher Weise ist auch der Zwang zur Wahl zwischen haus- und fachärztlicher Versorgung lediglich als nicht-statusrelevant zu qualifizieren, wie schon aus den Ausführungen in den Senatsurteilen vom 18. Juni und vom 17. September 1997 deutlich wird (BSGE 80, 256, 261 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 6 und BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 17 S 77). Zur Rechtfertigung nicht-statusrelevanter Berufsausübungsregelungen reicht es aus, wenn dem Eingriff insgesamt ausreichende Erwägungen des Gemeinwohls zugrunde liegen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, wenn also das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist sowie bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl BSGE 80, 256, 261 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 6 f, mit Nachweisen aus der Rspr des BVerfG). Dies trifft im vorliegenden Fall zu.
Wie der Senat in seinen Urteilen vom 18. Juni 1997 im einzelnen ausgeführt hat, war es das Bestreben des Gesetzgebers, die Funktion des Hausarztes zu stärken, der ständigen Zunahme spezieller fachärztlicher Leistungen entgegenzuwirken, dadurch ökonomische Fehlentwicklungen im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung zu beseitigen, die Qualität der Grundversorgung der Patienten und die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern (BSGE aaO S 262 bis 264 = SozR aaO S 7 bis 10; BSG SozR aaO § 87 Nr 17 S 77). Diese Erwägungen des Gesetzgebers können gerichtlich nicht beanstandet werden. Eine Überprüfung ist den Gerichten nur begrenzt möglich. Es ist vorrangig die Aufgabe des Gesetzgebers, zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will.
Ihm steht dabei eine weitgehende Gestaltungsfreiheit sowie ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Nur wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können, wenn also die Einschätzung des Gesetzgebers unvertretbar ist, können die Gerichte diese beanstanden (stRspr, zuletzt Senatsurteile vom 18. März 1998 – B 6 KA 37/96 R ≪Bedarfsplanung≫ und B 6 KA 23/97 ≪Zytologie≫ – mit Hinweis auf BVerfGE 77, 84, 106; 91, 1, 29).
Die mit den gesetzlichen Regelungen verfolgten Ziele der Stärkung der Funktion des Hausarztes, der Begrenzung der ständigen Zunahme spezieller fachärztlicher Leistungen und der Beseitigung ökonomischer Fehlentwicklungen tragen die Aufgliederung der Versorgung in einen haus- und einen fachärztlichen Bereich.
Die Trennung dieser Bereiche ist zu der vom Gesetzgeber angestrebten Stärkung der Hausarztfunktion auch erforderlich. Weniger einschneidende, dem Gesetzeszweck gleichermaßen dienliche Regelungen sind nicht erkennbar (BSGE 80, 256, 263 f = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 9 f). Ebensowenig ist die Grenze der Zumutbarkeit überschritten. Hierzu wird auf die Ausführungen in den Senatsurteilen vom 18. Juni 1997 verwiesen (BSGE aaO S 264 f = SozR aaO S 10 f). Dies gilt auch für Internisten, die die Spezialisierung der Hämatologie und Onkologie aufweisen und onkologisch verantwortlicher Arzt sind, und auch insoweit, als sie Patienten mit soliden Tumoren, Hämoblastosen und HIV behandeln. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob bei ihnen die Aufgliederung in einen haus- und einen fachärztlichen Versorgungsbereich rechtswidrig wäre, wenn es die Gebührenregelungen der EBM-Ä-Nrn 16 und 851 nicht gäbe. Die Erstreckung der Aufgliederung auch auf diese Ärzte ist jedenfalls solange nicht zu beanstanden, als durch einen Leistungstatbestand wie die Gebühren-Nr 16, die die kontinuierliche Betreuung von Patienten durch einen Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie betrifft sowie mit immerhin 900 Punkten bewertet ist und einen gewissen Ausgleich für den Nichterhalt der hausärztlichen Grundvergütung von 90 Punkten im Behandlungsfall darstellt, berücksichtigt wird, daß sie von ihrer Versorgungsfunktion her außer ihrer fachärztlichen Tätigkeit die Patienten unter Umständen selbst betreuen. Dem Einwand des Klägers, daß die Zumutbarkeit der Aufgliederung in eine haus- und eine fachärztliche Versorgung „aus sich heraus” bewertet werden müsse und dabei nicht die untergesetzliche Regelungen des EBM-Ä mitberücksichtigt werden könnten, kann nicht gefolgt werden.
Unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG ist es ebenfalls nicht zu beanstanden, daß die Aufgliederung in einen haus- und einen fachärztlichen Versorgungsbereich auch für die Internisten gilt, die die Spezialisierung der Hämatologie und Onkologie aufweisen und onkologisch verantwortlicher Arzt sind. Der Kläger macht geltend, daß hier Ungleiches zu Unrecht gleich behandelt werde. Zwar trifft es zu, daß der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG nicht nur gebietet, Gleiches gleich zu behandeln, sondern auch, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (stRspr, vgl zB BVerfGE 93, 386, 396 f und BSGE 80, 256, 265 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 11). Der Gesetzgeber braucht aber nicht auf jede Verschiedenheit Rücksicht zu nehmen. Die Unterschiede zwischen den Hämatologen und Onkologen und den übrigen Internisten mit Schwerpunktbezeichnung sind nicht von solchem Gewicht, daß der Gesetzgeber sie von der Trennung des haus- und des fachärztlichen Versorgungsbereichs hätte ausnehmen müssen.
Vielmehr konnte er es als ausreichend ansehen, daß sie aufgrund von EBM-Ä-Regelungen trotz fachärztlicher Betätigung auch in gewissem Umfang hausärztliche Betreuungsleistungen – nämlich nach den Gebühren-Nrn 16 und 851 EBM-Ä – abrechnen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen