Leitsatz (amtlich)
Ist eine Zeit für die beamtenrechtliche Versorgung als ruhegehaltsfähig anerkannt, so ist sie dieser Versorgungsleistung auch dann zugrundegelegt iS des FRG § 18 Abs 3 S 1, wenn sie nicht zu einer Erhöhung der Versorgungsleistung geführt hat.
Normenkette
FRG § 18 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1960-02-25
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. September 1963 aufgehoben; die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Klägerin, geboren im Jahre 1894, begehrt die Witwenrente aus der Angestelltenversicherung (AnV) ihres Ehemannes P E (E.).
E. wurde am 9. Juni 1887 in K (Österreich) geboren, er hatte früher einen landwirtschaftlichen Besitz. Vom 1. April 1937 bis zum 15. November 1939 war er Arbeiter bei einem Bauern in R (Pommern), vom 19. Februar 1940 bis 19. Januar 1945 Justizaushelfer, später Justizwachtmeister und Hausmeister beim Amtsgericht (AG) in G. Im Jahre 1942 wurde er in das Beamtenverhältnis übernommen. Vom 3. Juni bis 31. August 1946 war er Justizwachtmeister beim AG G. E. bezog von der Beklagten ab 1. Januar 1957 Rente aus der AnV; hierbei wurde die Zeit vom 1. Januar 1937 bis zum 31. Dezember 1939 und vom März 1940 bis 30. Juni 1942 mit insgesamt 64 Beitragsmonaten berücksichtigt. Am 10. November 1960 starb E. in H.
Durch Verfügung des Oberlandesgerichtspräsidenten in Celle vom 16. Dezember 1960 wurde der Anspruch der Klägerin auf Witwengeld nach dem Bundesgesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes (G 131) vom 1. März 1961 an festgesetzt. Nach den darin enthaltenen Feststellungen wurde das Beamtenverhältnis des E. am 1. Januar 1942 begründet; als ruhegehaltsfähige Dienstzeit für die Berechnung der Versorgungsbezüge wurde auch die Zeit der Beschäftigung des E. beim AG Gnesen vor dem 1. Januar 1942 berücksichtigt.
Den Antrag der Klägerin vom 28. Februar 1961, ihr Witwenrente zu gewähren, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 19. Mai 1961 ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei: Es seien lediglich vom 1. April 1937 bis 15. November 1939 insgesamt 115 Wochen in der Rentenversicherung der Arbeiter (ArV) und vom 1. Januar 1942 bis Juni 1942 insgesamt 6 Kalendermonate in der AnV anrechenbare Versicherungszeiten vorhanden. Die Beitragszeiten vom 1. März 1940 bis 31. Dezember 1941 seien als "nichtdeutsche Beitragszeiten" nicht auf die Wartezeit anzurechnen, weil diese Zeiten bereits bei der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt worden seien.
Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hob den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1961 auf und verurteilte die Beklagte, an die Klägerin Witwenrente ab 1. Dezember 1960 zu zahlen: Die Wartezeit von 60 Kalendermonaten sei erfüllt, es sei auch die Beitragszeit vom 1. März 1940 bis 31. Dezember 1941, die die Beklagte "als glaubhaft" angesehen habe, anzurechnen. Eine Fremdrentenzeit i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 des Fremdrentengesetzes (FRG) liege insoweit nicht vor, § 18 Abs. 3 FRG sei deshalb nicht anzuwenden.
Die Beklagte legte Berufung ein. Das Landessozialgericht (LSG) hob das Urteil des SG Lüneburg auf und wies die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1961 ab: Der Rentenanspruch sei unbegründet, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei, es seien nur 57 Monate nachgewiesen (§ 40 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -). Der Versicherte habe in der Zeit vom 1. März 1940 bis zum 31. Dezember 1941 Sozialversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger im Wartheland entrichtet. Diese Beiträge könnten nicht als "deutsche Beiträge" angerechnet werden, weil der Rentenversicherungsträger im Wartheland nicht als ein deutscher Versicherungsträger anzusehen sei, er habe seinen Sitz nicht innerhalb des deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 gehabt; die Sozialversicherung nach den Reichsversicherungsgesetzen sei dort erst aufgrund der Verordnung vom 22. Dezember 1941 mit Wirkung vom 1. Januar 1942 durchgeführt worden. Die hier streitige Zeit vom März 1940 bis Dezember 1941 sei als "Fremdrentenzeit" der beamtenrechtlichen Versorgung der Klägerin zugrunde gelegt worden.
Auch auf den Gesichtspunkt der Besitzstandswahrung könne die Klägerin die Anrechnung der Beitragszeit von März 1940 bis Dezember 1941 nicht stützen. Eine Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG (Zeiten einer an die "Vertreibung anschließenden Krankheit" außerhalb der Zeit vom 1. Januar 1945 bis 31. Dezember 1946) komme nicht in Betracht. Der Versicherte sei zwar in dem Gutachten des Amtsarztes Dr. Sch vom 25. November 1947 "für dauernd dienstunfähig vor dem 1. Januar 1947" bezeichnet worden, dadurch sei jedoch nicht bewiesen, daß E. "im Anschluß an die Vertreibung" noch nach dem 31. Dezember 1946 "arbeitsunfähig krank" gewesen sei; aus der Auskunft des Krankenhauses P vom 12. November 1962 ergebe sich vielmehr, daß dies unwahrscheinlich sei. Ferner sei nicht bewiesen, daß der Versicherte infolge der Vertreibung berufsunfähig geworden sei und deshalb die Wartezeit als erfüllt gelte (§ 29 Abs. 6 AVG); der Versicherte sei nach der Vertreibung noch im Jahre 1946 als Justizwachtmeister beim AG Celle beschäftigt gewesen.
Das LSG ließ die Revision zu.
Das Urteil wurde der Klägerin am 14. September 1963 zugestellt. Die Klägerin legte am 8. Oktober 1963 Revision ein. Sie beantragte,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Lüneburg vom 9. April 1962 zurückzuweisen.
Die Klägerin begründete die Revision ebenfalls am 10. Oktober 1963. Sie machte geltend, das LSG habe, soweit es festgestellt habe, E. sei nicht "arbeitsunfähig krank" i. S. des § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG gewesen, den Sachverhalt nicht genügend geklärt und damit gegen § 103 SGG verstoßen; es habe insoweit weitere medizinische Erhebungen anstellen müssen. Hierzu habe es sich veranlaßt sehen müssen, weil der Amtsarzt am 25. November 1947 festgestellt habe, daß die dauernde Dienstunfähigkeit des E. wegen zahlreicher krankhafter Befunde in die Zeit vor dem 1. Januar 1947 zurückreiche. Das LSG habe ferner die Vorschriften der §§ 3, 15, 18 Abs. 3 FRG verletzt.
Die Beklagte beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist auch begründet. Streitig ist, ob der Klägerin die Witwenrente nach ihrem am 10. November 1960 verstorbenen Ehemann (E.) zusteht (§ 40 AVG). Das LSG hat dies verneint, weil die Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt sei (§ 40 Abs. 2 AVG).
Soweit das LSG zu dieser Auffassung gekommen ist, weil die Zeit vom 1. März 1940 bis zum 31. Dezember 1941 (22 Monate), in der E. als Justizangestellter beim AG G beschäftigt gewesen ist, nicht auf die Wartezeit anzurechnen sei, hat es im Ergebnis zutreffend entschieden. Aus den - insoweit unangegriffenen - Feststellungen des LSG ergibt sich, daß E. in der Zeit vom 1. März 1940 bis Dezember 1941 Sozialversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger im Wartheland entrichtet hat und daß diese Zeit bei der beamtenrechtlichen Versorgung der Klägerin als "ruhegehaltsfähige Dienstzeit" anerkannt worden ist. Ob diese Beitragszeit auf die Wartezeit anzurechnen ist, hängt zunächst davon ab, ob sie nach dem allgemeinen Rentenversicherungsrecht (AVG) oder nach dem Fremdrentenrecht zu beurteilen ist; hierbei ist für die Abgrenzung zwischen dem allgemeinen Rentenversicherungsrecht und dem Fremdrentenrecht - da der Versicherungsfall im November 1960 eingetreten ist - das Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) vom 25. Februar 1960 maßgebend. Nur wenn die Zeit vom 1. März 1940 bis 31. Dezember 1941 nicht eine nach § 27 Abs. 1 a AVG (idF des FANG) "anrechnungsfähige Beitragszeit", sondern eine nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG "gleichstehende Beitragszeit" ist, scheidet sie für die Wartezeit aus, weil sie einer beamtenrechtlichen Versorgung zugrunde gelegen hat (§ 18 Abs. 3 FRG). Nach § 27 Abs. 1 Buchst. a - also nach allgemeinem Rentenversicherungsrecht - sind "anrechnungsfähige Versicherungszeiten" die Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen AnV Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten (Beitragszeiten). Nach früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen AnV sind nicht nur im Gebiet des früheren deutschen Reiches (nach dem Stand vom 31. Dezember 1937) Beiträge entrichtet worden. Auch außerhalb dieses Gebietes entrichtete Beiträge werden von dieser Vorschrift insoweit erfaßt, als sie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtet worden sind. Ob diese Reichsversicherungsgesetze in Gebieten außerhalb des deutschen Reiches (nach dem Stand vom 31. Dezember 1937) gegolten haben, richtet sich nach den Vorschriften über die Einführung des deutschen Sozialversicherungsrechts in Gebieten, die nach dem 31. Dezember 1937 dem deutschen Reich eingegliedert worden sind. Im vorliegenden Falle ist hierfür die Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in den eingegliederten Ostgebieten vom 22. Dezember 1941 - OstgebietsVO - (RGBl 1941 I 777) maßgebend. Hierdurch ist das Recht der Reichsversicherung in sämtlichen eingegliederten Ostgebieten nach einheitlichen Gesichtspunkten eingeführt worden, und zwar für das Wartheland mit dem Stichtag vom 1. Januar 1942 (§ 1 Abs. 3 OstgebietsVO). Vor dem 1. Januar 1942 ist der Rentenversicherungsträger im Wartheland kein "deutscher Versicherungsträger" gewesen, weil er die Sozialversicherung bis zu diesem Zeitpunkt nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze durchgeführt hat (§ 3 FRG). Die Beiträge zur Rentenversicherung sind hier vor dem Stichtag (1. Januar 1942) - abgesehen von dem Bereich der früheren Reichsverkehrsverwaltungen - nicht (wie dies für die eingegliederten Ostgebiete nach der OstgebietsVO der Fall gewesen ist) "nach Reichsrecht" (RVO, AVG nebst Ergänzungsvorschriften), sondern nach besonderen "bis zu Einführung des Rechts der Reichsversicherung" erlassenen Vorschriften zu entrichten gewesen (§§ 1, 30, 35 OstgebietsVO; VO über die Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung in den eingegliederten Ostgebieten vom 27. März 1940 (RGBl I 561). Die Beiträge, die E. in der Zeit vom 1. März 1940 bis 31. Dezember 1941 geleistet hat, erfüllen danach nicht die Voraussetzungen für Beitragszeiten i. S. des § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG, ihre "Anrechnungsfähigkeit" ist vielmehr nach dem FRG zu beurteilen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Bei einem nichtdeutschen Versicherungsträger zurückgelegt und daher (nur) nach § 15 FRG anrechenbar sind auch Beitragszeiten, die - wie die hier streitigen - nach den Vorschriften über die Einführung der Reichsversicherung später auf einen deutschen Versicherungsträger übergegangen sind; diese Beitragszeiten sind nach dem FANG (Art. 7 § 3) nicht mehr den "reichsrechtlichen Beitragszeiten" gleichgestellt (vgl. § 3 Abs. 1 FAG), sie sind vielmehr nur noch als "Fremdrentenzeiten" zu berücksichtigen (vgl. auch Jantz-Zweng-Eicher, Das neue Fremd- und Auslandsrentenrecht, 2. Aufl., zu § 15 Anm. 4; RVO-Gesamtkomm., FRG Art. 1 § 15 Anm. 1 und § 17 Anm. 7). Das bedeutet aber, daß diese Zeiten nach § 18 Abs. 3 FRG als Versicherungszeiten dann nicht in Betracht kommen, also auch bei der Erfüllung der Wartezeit unberücksichtigt bleiben, wenn sie einer beamtenrechtlichen Versorgung zugrunde gelegt worden sind. Das ist aber, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, hier der Fall. Nach dem Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 1960 ist bei der beamtenrechtlichen Versorgung der Klägerin auch die Angestelltenzeit des E. vom 1. März 1940 bis 30. Juni 1942 als "ruhegehaltsfähige Dienstzeit" nach § 115 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) berücksichtigt worden. Damit steht fest, daß die hier streitige Beitragszeit vom 1. März 1940 bis 31. Dezember 1941 auch der beamtenrechtlichen Versorgung der Klägerin i. S. des § 18 Abs. 3 FRG zugrunde gelegt worden ist. Daran ändert nichts, daß sich diese Zeit nicht auf die Höhe der Witwenpension der Klägerin auswirkt, weil E. - auch unter Berücksichtigung der Angestelltenzeit - keine zehnjährige Dienstzeit erreicht hat und die Klägerin deshalb nur die "Mindestpension" erhält (§ 118 Abs. 1 Satz 3 BBG). Es kommt lediglich darauf an, ob die Dienstzeit, die sich als Beitragszeit nach § 15 FRG darstellt, versorgungsrechtlich "erfaßt" ist (vgl. auch "Gesamt-Komm. zur RVO", Anm. 9 zu § 18 FRG). Ist die Dienstzeit für die Versorgung als "ruhegehaltsfähig anerkannt", so ist die dieser Versorgung auch dann zugrunde gelegt, wenn sie nicht zu einer Erhöhung der Versorgungsleistung führt (so auch VV nach § 18 Abs. 4 FRG Nr. 6 Abs. 4 vom 7. August 1962). Die Anrechnung der Beitragszeit vom März 1940 bis Dezember 1941 für den Anspruch auf Witwenrente ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil diese Anrechnung nach dem bis zum Inkrafttreten des FANG maßgeblichen Recht (§ 3 FAG vom 7. August 1953) möglich gewesen ist und bei der Festsetzung der Rente des Versicherten auch tatsächlich erfolgt ist. Inwieweit bei der Neuregelung des Fremdrentenrechts der Besitzstand geschützt ist, bestimmen die Übergangsvorschriften des FANG - Art. 6 -. Soweit die Anwendung neuen Rechts dazu führt, daß Zeiten, die als Grundlage der beamtenrechtlichen Versorgung dienen, nicht mehr zu berücksichtigen sind (§ 18 Abs. 3 FRG), wird der "Besitzstand" für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1958 eingetreten sind, nicht geschützt (vgl. Art. 6 §§ 7, 11, 13 FANG; "Gesamt-Komm. zur RVO", Anm. 6 a bis d, zu § 18 FRG).
Zu Recht beanstandet die Klägerin mit der Revision das angefochtene Urteil jedoch insoweit, als das LSG das Vorliegen von Ersatzzeiten nach § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG und die Erfüllung der Wartezeit nach § 29 Nr. 6 AVG verneint hat. Insoweit hat das LSG nicht die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen, um selbst abschließend entscheiden zu können und dem Bundessozialgericht (BSG) eine Nachprüfung seiner Rechtsauffassung zu ermöglichen.
Das LSG hat Ersatzzeiten nach § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG (über den 31. Dezember 1946 hinaus) nicht schon deshalb verneinen dürfen, weil nicht bewiesen sei, daß E. im Anschluß an die Vertreibung nach dem 31. Dezember 1946 arbeitsunfähig krank gewesen sei. Das LSG hat zwar aus dem Gutachten des Amtsarztes Dr. Sch vom 25. November 1947, in dem E. wegen Magenbeschwerden nach Magen-Darmoperation, erheblichem Lungenemphysem, Herzmuskelschädigung, alter zirrhotischer Tuberkulose, allgemeiner Arteriosklerose, Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit sowie Verminderung des Seh- und Hörvermögens "für dauernd dienstunfähig vor dem 1. Januar 1947" bezeichnet ist, noch nicht schließen müssen, daß E. über das Jahr 1946 hinaus krank i. S. des § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG, also "arbeitsunfähig", gewesen ist, es hat dies aber auch nicht auf Grund der Auskunft des Krankenhauses P vom 12. November 1962 für "unwahrscheinlich" halten dürfen. Aus der Auskunft des Krankenhauses P ergibt sich, daß die Krankenblätter dieses Krankenhauses über den Gesundheitszustand des E. nach 1946 keine Auskunft geben; in der Auskunft heißt es lediglich, daß diese Krankheit, d. h. das Magengeschwürsleiden, an dem E. im Jahre 1946 im Krankenhaus - mit dem Ergebnis sichtbarer Besserung - behandelt worden ist, eine Arbeitsunfähigkeit über 1946 hinaus unwahrscheinlich mache. Die Auskunft des Krankenhauses P enthält aber keine medizinische Beurteilung, in der alle Befunde, die der Amtsarzt Dr. Sch im November 1947 festgestellt hat, berücksichtigt worden sind. Das LSG hat deshalb noch nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, "es sei nicht bewiesen", daß E. im Anschluß an die Vertreibung nach dem 31. Dezember 1946 arbeitsunfähig krank gewesen ist; es hat insoweit nicht alle Möglichkeiten der erforderlichen Sachaufklärung erschöpft. Das LSG hat - wenn es die sonstigen Voraussetzungen für die Anrechnung von (weiteren) Ersatzzeiten nach § 28 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 AVG als erfüllt angesehen hat - ein ärztliches Gutachten über die Frage, ob E. noch nach dem 31. Dezember 1946 an einer "sich der Vertreibung anschließenden Krankheit" gelitten hat und deshalb "arbeitsunfähig" gewesen ist, einholen müssen; nicht nur die von dem Amtsarzt Dr. Sch im November 1947 festgestellten Befunde, sondern auch die von anderen Ärzten später - oder früher - erhobenen Befunde haben möglicherweise Rückschlüsse darüber zugelassen, ob E., der nach seiner Vertreibung im Jahre 1946 nur noch wenige Wochen beschäftigt gewesen und dann als "dienstunfähig" entlassen worden ist, "im Anschluß an die Vertreibung" krank gewesen ist und ob diese Krankheit nach dem 31. Dezember 1946 fortbestanden hat.
Das LSG hat auch nicht ohne weiteres als "nicht bewiesen" ansehen dürfen, daß E. infolge der Vertreibung berufsunfähig geworden sei und deshalb die Wartezeit nicht nach § 29 Nr. 6 AVG als erfüllt gelte. Wenn E. nach der Vertreibung noch im Jahre 1946 - wenige Wochen - als Justizwachtmeister beschäftigt gewesen ist, so schließt das nicht aus, daß die Vertreibung Ursache (wesentliche Bedingung) i. S. der in der Unfallversicherung und in der Kriegsopferversorgung geltenden Kausalitätsnorm gewesen ist; diese Kausalitätsnorm ist auch für den Begriff "durch Folgen der Vertreibung" in § 29 Nr. 6 AVG anzuwenden (vgl. auch Urteil des BSG vom 13. März 1958, SozR Nr. 5 zu § 1263 RVO aF). Auch insoweit hat das LSG - ebenso wie für die Anwendung des § 28 Abs. 1 Nr. 6 AVG - den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und deshalb § 103 SGG verletzt.
Die Revision ist sonach begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben; die Sache ist an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen